# taz.de -- Wild-West-Serie „American Primeval“: Keine Freiheit auf dem Weg… | |
> Die Miniserie „American Primeval“ inszeniert den Wilden Westen als | |
> brutales Hauen und Stechen. Hier kämpft jeder gegen jeden. | |
Bild: Betty Gilpin als Sara Rowell in „American Primeval“ | |
Als Sara Rowell (Betty Gilpin) aus Boston auf dem Weg zu ihrem Mann in | |
einer Goldgräberstadt der Rocky Mountains im Außenposten Fort Bridger | |
ankommt, sucht sie einen Scout, der sie und ihren heranwachsenden Sohn | |
Devin (Preston Mota) durch die winterlichen Berge bringt. Aber als ihr | |
jemand seine Dienste anbietet, wird er einen Moment später vor ihren Augen | |
erschossen. Die historische Neowesternserie „American Primeval“ ist | |
unglaublich brutal. | |
Der „Wilde Westen“, wie er hier Mitte des 19. Jahrhunderts inszeniert wird, | |
ist ein einziges Hauen und Stechen. Jeder kämpft ohne Rücksicht gegen | |
jeden. Der Sechsteiler ist im Jahr 1857 im sogenannten Utah-Krieg | |
angesiedelt, als sich Gouverneur Brigham Young (Kim Coates), der außerdem | |
Oberhaupt der mormonischen Kirche war, von den USA unabhängig machen | |
wollte. | |
Dreh- und Angelpunkt der Serie ist das historische | |
Mountain-Meadows-Massaker, bei dem bis zu 150 Menschen eines Trecks auf | |
dem Weg nach Kalifornien von einer mormonischen Miliz ermordet wurden. Das | |
in der Serie blutrünstig in Szene gesetzte Massaker wurde einer indigenen | |
Gruppe in die Schuhe geschoben und ist bis heute nicht ganz aufgeklärt. | |
Insofern ist „American Primeval“ auch ein Stück weit historische | |
Detektivgeschichte. Die eingangs erwähnte Sara Rowell, die eigentlich auf | |
der Flucht vor Kopfgeldjägern ist und sich schließlich mit dem Trapper | |
Isaac (Taylor Kitsch) zusammentut, überlebt das Massaker. Mit ihrem Sohn, | |
Isaac und der indigenen Two Moons (Shawnee Pourier) macht sie sich auf | |
ihren gefährlichen Weg Richtung Westen. | |
Währenddessen ermitteln US-Behörden wegen des Massakers, indigene Gruppen | |
streiten über die Frage, wie mit den Kolonisatoren umzugehen ist, der | |
mormonische Gouverneur versucht, sich Fort Bridger als wichtigen Standort | |
unter den Nagel zu reißen und die junge Mormonin Abish Pratt (Saura | |
Lightfoot Leon) wird von den Shoshonen aufgenommen. | |
An Brutalität kaum zu überbieten | |
„American Primeval“ [1][verknüpft diese Handlungsstränge] sehr geschickt | |
und fächert ein ganzes Panorama dieses historischen Konflikts auf. Im | |
Gegensatz zu den an Brutalität kaum zu überbietenden weißen Siedlern, | |
Soldaten, Milizionären und fundamentalistischen Christen leben die stets | |
von Vertreibung und Mord bedrohten indigenen Bewohner in dieser Kriegszone | |
in einem System kommunitärer Solidarität. | |
Wobei die Serie kein simples Gut und Böse zeichnet. Wie authentisch die | |
Inszenierung indigener Lebenswelten in „American Primeval“ ist, lässt sich | |
auch im Netflix-Pressetext nachlesen, wo die indigene Kulturberaterin | |
ausführlich erklärt, wie viel Aufwand von den Machern dieser Serie | |
betrieben wurde, in der mehr indigene Sprache vorkommt als in den meisten | |
anderen derartigen Produktionen. | |
Bildästhetisch erinnert die Serie stark an Alejandro G. Iñárritus | |
oscarprämierten Film „The Revenant“, für den Mark L. Smith ebenso das | |
Drehbuch schrieb wie für „American Primeval“. Dieses [2][düstere, | |
gewaltvolle Wild-West-Epos] kommt dementsprechend auch immer wieder sehr | |
pathetisch daher. | |
Die von Kopfgeldjägern verfolgte Gruppe um Sara und Isaac kämpft sich durch | |
verschneites Gebirge, wird von Wölfen angefallen, begegnet Bärenjägern, | |
brutalen Milizionären und axtschwingenden Indigenen. Das ganze „Urzeitliche | |
Amerika“, wie der Titel eigentlich übersetzt heißt, ist eine albtraumhafte | |
Kriegszone. | |
Insofern demontiert die Serie den gängigen Mythos der großen Freiheit auf | |
dem Weg gen Westen und setzt ihr eine Geschichte von Rassismus, | |
christlichem Fundamentalismus und rücksichtsloser Konkurrenzlogik entgegen. | |
9 Jan 2025 | |
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## AUTOREN | |
Florian Schmid | |
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