# taz.de -- Klima-Kampagne in Hochschul-Mensen: Jede Mahlzeit eine moralische E… | |
> Schleswig-Holsteins Mensen stufen künftig alle Gerichte nach | |
> Klimafreundlichkeit ein. Damit wird, wer an der falschen Schlange steht, | |
> zum Klimasünder. | |
Bild: Neue Orientierung für Mensa-Gäste: Je weniger CO2 durch eine Essens-Por… | |
Hamburg taz | Schleswig-Holsteins Mensen haben hehre Vorsätze fürs neue | |
Jahr: Alle Mahlzeiten, die an den zehn Hochschulen des Landes ausgeteilt | |
werden, bekommen einen „CO2-Score“, der den Klimafußabdruck bewertet. | |
Gemeinsam mit der schweizerischen Organisation „Eaternity“ startet das | |
Studentenwerk Schleswig-Holstein die Kampagne am 6. Januar. | |
Gute Argumente dafür gibt es: Unsere Lebensmittelwahl ist für ein Drittel | |
der menschengemachten [1][Treibhausemissionen] verantwortlich, schreibt | |
„Eaternity“. Und die ließen sich mit cleveren Entscheidungen halbieren. | |
Ab Montag hat [2][jedes Gericht ein, zwei oder drei Sterne]: je weniger | |
CO2-Emissionen, desto mehr Sterne. Nur einen Stern gibt es zum Beispiel für | |
„Traditionelles Rindergulasch ‚Ungarische Art‘ mit Paprika und Zwiebeln“ | |
oder die „Hähnchenbrust mit mediterranem Ratatouille und Gnocchi“. | |
Grundlage sind Analysen der „Eaternity“-Datenbank, die dort seit 2009 auf | |
Basis von „Lebenszyklusanalysen von Lebensmitteln“ entwickelt wurden, wie | |
das Studierendenwerk schreibt. Dabei fließen Faktoren wie „Saisonalität, | |
Anbauverfahren, Transport und Verarbeitung“ in die Bewertung ein. | |
## Zwei Sterne für Wurst mit Kartoffelsalat | |
Immerhin noch zwei Sterne bekommen Bockwurst mit Kartoffelsalat, | |
Schweineschnitzel mit Pommes oder ein gebratenes Seelachsfilet mit | |
Rahmspinat und Kartoffeln. Drei Sterne gibt es für den veganen „Cremigen | |
Gemüseeintopf“, „Grünkohl mit Röstkartoffeln“ oder „Miso-Mie-Nudeln … | |
gerösteten Erdnüssen, Champignons und Pak Choi“. Dies sind meist auch die | |
günstigen Speisen. Der aktuelle Preis für ein Essen liegt zwischen 2,35 | |
Euro und 5,95 Euro. | |
Man wolle mit den Scores den Gästen die Möglichkeit geben, ihre Speisenwahl | |
„bewusster zu treffen und den eigenen Einfluss aufs Klima im Blick zu | |
behalten“, sagt die Leiterin der Hochschulgastronomie des | |
Schleswig-Holsteinischen Studierendenwerks, Meike Gallert. Ergänzend ruft | |
das Studierendenwerk zu einem Rezept-Wettbewerb auf, um den Speiseplan der | |
Mensen klimafreundlich aufzufrischen. | |
Ist die Aktion sinnvoll? Oder vielleicht auch ein bisschen zu viel des | |
Guten? Wer bitte stellt sich noch bei der Ein-Stern-Schlange an, um dann | |
beim Mahl am Mensatisch als Klimasünder zu gelten? Klimapolitik wird hier | |
sehr persönlich. Guten Gewissens Appetit auf „Cheese Burger mit Tomate, | |
Eisbergsalat und Pommes“ – ein Stern – kann hier keiner mehr haben. Oder … | |
hat es eben doch, wenn einem gerade weder Grünkohl noch Gemüsetopf noch die | |
Miso-Mie-Nudel schmeckt. | |
Appetit ist etwas sehr Privates. Auf den eignen Appetit, sprich die Signale | |
des Körpers, zu hören, auf das, was einen „ansummt“, galt einige Zeit als | |
wichtige Haltung, um ein gesundes Essverhalten zu lernen –, die in den | |
1970er als Gegenbewegeung entstand, als K[3][inder noch zu essen hatten], | |
was auf den Tisch kommt. | |
Vielleicht wäre es besser, die staatlichen Gastronomien zur Verpflegung in | |
Bildungseinrichtungen würden sich in Summe um eine [4][gute Klimabilanz] | |
bemühen. So ein Fleischgericht kann ja auch mal „aus“ sein oder eben nur an | |
wenigen Tagen der Woche auf dem Speiseplan. So wie wir auch vom Staat | |
erwarten, dass er mit Ausbau von Bus, Bahn und Straßenbahn den Menschen | |
eine gute Alternative zur Fahrt mit dem eigenen Auto schafft und die | |
Verantwortung für klimagerechtes Handeln nicht auf die Individuen abwälzt. | |
So aber wird von vornherein eine ungünstige Essenswahl angeboten und das | |
Anstellen an der richtigen Mensa-Schlange moralisch und politisch | |
aufgeladen. Dann sagt am Ende schon das, was ein Einzelner auf dem Teller | |
liegen hat, etwas darüber aus, wie er tickt. Dabei ist das Bewusstsein, | |
dass eine fleischarme Ernährung gesund und umwelt- und vor allem | |
tierfreundlich ist, heute schon sogar unter Grundschulkindern weit | |
verbreitet. Das funktioniert bisher eigentlich auch ohne solche Sternchen. | |
3 Jan 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Emissionen-senken-durch-Ernaehrung/!6015736 | |
[2] https://studentenwerk.sh/de/nachhaltigkeit-auf-dem-teller-studentenwerk-sh-… | |
[3] /Veraltete-Ess-Regeln-in-Kindergaerten/!5867352 | |
[4] /Klimakiller-kostet-immer-mehr/!6042151 | |
## AUTOREN | |
Kaija Kutter | |
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