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# taz.de -- Die CDU und Berliner Justiz: Vollstreckerin rechter Klientelpolitik
> Berliner Gefängnisse bekommen Drogenspürhunde und Schutzausrüstung. Bei
> der Resozialisierungshilfe wird aber drastisch gekürzt. Wie kann das
> sein?
Bild: Wild auf Arbeit: Drogenspürhund bei der Vorführung in der JVA Tegel
Ria und Tara zerren ungeduldig an ihren Leinen. Die Schäferhündinnen seien
aufgeregt, erklärt ein Justizbeamter: „Sie wollen arbeiten.“ Arbeiten, das
heißt Drogen aufspüren, in den Zellen der Gefangenen und auf dem Gelände
der Berliner Haftanstalten.
Vorgestellt wurden die Hunde am Mittwoch in der Justizvollzugsanstalt (JVA)
Tegel, Justizsenatorin Felor Badenberg (CDU) hatte eingeladen. Auch eine
Schutzausrüstung für Justizbedienstete wurde präsentiert: Helm, Weste,
Unterarm- und Schienbeinschützer, anzulegen zur Eigensicherung in
vermeintlichen Gefahrenmomenten mit Gefangenen.
Bislang musste sich die Justiz Drogenspürhunde bei der Polizei ausborgen.
Nun hat sie eigene. Auf sechs Tiere soll die Hundestaffel sukzessive
aufgestockt werden. Rund 100.000 Euro sind für Anschaffung und Unterhalt
der Tiere im Doppelhaushalt 2024/25 veranschlagt, für Schutzausrüstung
240.000 Euro.
Und das in Zeiten, wo der Rotstift regiert und [1][Projekte der
Straffälligen- und Resozialisierungshilfe auf ein Minimum
zusammengestrichen werden sollen]: Projekte zur Vorbereitung zur
Haftentlassung, Arbeit statt Strafe, Kinder- und Familienzimmer in
Gefängnissen, Betreuung von Minderheiten. Sogar das [2][Gefangenentheater
aufBruch], ein weit über Berlin hinaus anerkanntes Integrations- und
Resozialisierungsprojekt, soll zwei Drittel seiner Mittel aus dem
Justizetat einbüßen.
## Lieblingsprojekt der CDU
Die Hunde sind ein Lieblingsprojekt der CDU. Seit 13 Jahren gebe es die
Idee, sagte Justizsenatorin Badenberg am Mittwoch und meldete freudig
Vollzug. Geld für Hunde und Schutzausrüstung, aber keine Mittel für
Resozialisierung, einen Anspruch, der im Grundgesetz verankert ist? Kein
Wort war Badenberg das in ihrer Ansprache wert. Dafür aber das: Der
Anwärterzuschlag für Justizbedienstete werde um 10 Prozent erhöht, „um die
Arbeitsbedingungen der Kollegen zu verbessern“.
Später, auf Nachfrage am Rande, verbat sich Badenberg entsprechende
Vergleiche: „Das ist nicht fair.“ Die Anschaffung der Hunde sei lang
beschlossene Sache, die [3][jüngsten Sparentscheidungen bei den freien
Trägern] entzögen sich weitestgehend ihrer Macht. Sven Rissmann,
rechtspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus, sagte es
ähnlich: Die Kürzungen seien auf Ebene der Fraktionschefs von CDU und SPD
entschieden worden. Die Justiz habe nur wenige Stellschrauben, um sparen zu
können. Mit der Schutzausrüstung sei man zudem einem Wunsch der
Gewerkschaften nachgekommen.
Doch die Drogenspürhunde sind reine Symbolpolitik. Kein Gramm weniger wird
in die Knäste kommen, dazu gibt es zu viele Wege. Was sich aber verändern
wird, ist die Stimmung. Hunde durch die Zellen zu treiben drückt aufs
Klima. Die Schutzausrüstung, selbst wenn zur Eigensicherung angelegt, wird
nicht bewirken, dass es in den Gefängnissen ruhiger wird.
[4][Aggressionen], in einigen [5][Teilanstalten] schon an der Tagesordnung,
werden zunehmen. Ohne die freien Träger gibt es kein Ventil. Rechte
Klientelpolitik nimmt das in Kauf, und Felor Badenberg erweist sich als
willfährige Vollstreckerin.
11 Dec 2024
## LINKS
[1] /Kuerzungen-beim-Strafvollzug-in-Berlin/!6051532
[2] /Theater-mit-Gefangenen/!5953054
[3] /Kuerzungen-im-Berliner-Haushalt/!6050080
[4] /Leiter-der-JVA-Tegel-ueber-den-Knast/!5956263
[5] /Justizvollzugsanstalt-Tegel/!5631879
## AUTOREN
Plutonia Plarre
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Gefängnis
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