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# taz.de -- Kampf um Syrien: Regierungsfeindliche Kämpfer kreisen Hauptstadt e…
> Die Rebellen-Offensive in Syrien kommt im Eiltempo voran.
> Regierungstruppen verlassen Aktivisten zufolge nun auch Posten nahe
> Damaskus.
Bild: Syrische Rebellenkämpfer feiern ihren Vormarsch
Beirut/teheran/Tel Aviv/Damaskus/New York/Doha afp/dpa/rtr/ap | Die
regierungsfeindlichen Kämpfer in Syrien sind nach eigenen Angaben im
Begriff, Damaskus einzukreisen. Hassan Abdel Ghani, ein Militärchef der
HTS-Allianz, welche die Offensive im Nordwesten des Landes gestartet hatte,
teilte der Nachrichtenagentur AFP am Samstag mit: „Unsere Kräfte haben mit
der letzten Phase der Einkreisung der Hauptstadt Damaskus begonnen.“ Zuvor
hatten Aktivisten den Abzug der syrischen Armee aus Orten rund zehn
Kilometer von Damaskus gemeldet; das syrische Verteidigungsministerium
dementierte die Angaben.
Die Regierungstruppen hätten sich aus dem Ort Artuz, etwa 15 Kilometer
südwestlich von Damaskus, zurückgezogen, teilte die Syrische
Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit. Mehrere Dörfer in der Umgebung
seien umzingelt. Ziel sei es unter anderem Inhaftierte aus einem
Militärgefängnis nördlich von Damaskus zu befreien. Das Militär äußerte
sich zunächst nicht zu diesen Angaben. Die Beobachtungsstelle mit Sitz in
Großbritannien bezieht ihre Informationen von Informanten vor Ort.
Die Aufständischen hatten während ihrer Offensive bereits Hunderte
Häftlinge aus einem zentralen Gefängnis in der [1][Stadt Hama befreit].
## Drusen-Milizen: Militärbasen in Suweida erobert
In der südsyrischen Provinz Suweida haben Drusen-Milizen Insidern zufolge
die meisten Stützpunkte der Regierungstruppen unter ihre Kontrolle
gebracht. Nur eine Luftwaffenbasis nördlich der Provinzhauptstadt Suweida
sei noch in der Hand des syrischen Militärs, verlautet aus Kreisen der
Drusen-Milizen.
Im Hauptquartier der militärischen Spezialkräfte in der Stadt Suweida
desertierten Soldaten in großer Zahl. Hunderte versteckten sich in
Gemeindehäusern. Die Drusen sind eine der zahlreichen Bevölkerungsgruppen
in Syrien, viele von ihnen leben im Gebiet um Suweida.
Die syrische Staatsagentur Sana bestätigte unter Berufung auf das Militär
dessen Rückzug aus Suweida und vermeldete auch, dass Assads Armee die Stadt
Daraa aufgegeben habe. Die Regierungstruppen würden sich neu positionieren,
nachdem „terroristische Elemente“ Kontrollpunkte der Armee angegriffen
hätten.
Nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte steht die
Provinz Daraa mittlerweile vollständig unter der Kontrolle von lokalen
Oppositionskräften.
Die Stadt Daraa hat eine besondere Rolle im syrischen Bürgerkrieg gespielt.
Dort brachen im März 2011 die ersten Proteste aus. Sie wurden durch die
Verhaftung Jugendlicher ausgelöst, die regierungskritische Graffiti an die
Wände ihrer Schule gesprüht hatten. Sicherheitskräfte gingen mit großer
Gewalt gegen die Proteste vor. Die Gewaltspirale mündete letztendlich in
einen Bürgerkrieg mit internationaler Beteiligung.
## Aufständische: Auch in Homs aktiv
Die Aufständischen sind nach eigenen Angaben bereits auch in der
strategisch wichtigen Stadt Homs im Einsatz. In einer Mitteilung der
islamistischen Gruppe HTS hieß es, Kräfte, die hinter den feindlichen
Linien stationiert seien, hätten mit „Spezialoperationen“ im Stadtgebiet
begonnen. Gleichzeitig gebe es einen massiven Angriff von mehreren Seiten.
Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte bestätigte, dass es in
Homs zu bewaffneten Auseinandersetzungen kommt. Die in Großbritannien
ansässige Organisation stützt sich auf ein Netz von Informanten im ganzen
Land.
Das syrische Militär warnte unterdessen vor angeblich falschen Nachrichten
über die Einnahme von Gebieten im Umland von Damaskus und anderer Städte
wie Homs durch die Rebellen. Demnach stellten terroristische Schläferzellen
Videos von Straßen und Plätzen ins Internet, um den Eindruck zu erwecken,
sie hätten dort die Kontrolle übernommen.
Laut der Beobachtungsstelle seien Regierungstruppen weiterhin im Umland der
drittgrößten Stadt Syriens stationiert und griffen von dort Stellungen der
Rebellen an, hieß es. Die Truppen seien massiv verstärkt worden.
Sana berichtete, dass die syrischen Streitkräfte nordöstlich von Homs und
auch in der Umgebung von Hama Versorgungslinien der Aufständischen mit
Artillerie und Raketen angriffen. Es gebe auch koordinierte Angriffe mit
der russischen Luftwaffe.
## Israel schickt mehr Soldaten an Grenze zu Syrien
Die israelische Armee (IDF) verstärkt angesichts des Vormarsches syrischer
Rebellen auch in unmittelbarer Nähe der Grenze zu Israel seine Truppen auf
den Golanhöhen. „Entsprechend der Lagebeurteilung beruft die IDF
zusätzliche Kräfte für Verteidigungsaufgaben in der Region der Golanhöhen
an der israelisch-syrischen Grenze ein“, teilte die Armee auf Telegram mit.
Angaben zum Umfang der Verstärkungen machte die Armee auch auf Anfrage hin
zunächst nicht. Es war bereits die zweite Ankündigung dieser Art binnen 24
Stunden.
Israel reagierte damit auf den Rückzug des syrischen Militärs aus Daraa und
Suweida im Südwesten Syriens. Die beiden Städte liegen nur wenige Kilometer
östlich der Golanhöhen, die Israel im Sechstagekrieg 1967 erobert und 1981
annektiert hat. International wird dies von vielen Staaten nicht anerkannt.
Iran dementiert Evakuierung von Diplomaten
Der Iran hat Berichte als falsch zurückgewiesen, wonach Diplomaten bereits
aus Syrien abgezogen worden seien. Die Botschaft in Damaskus werde operativ
bleiben und ihre Arbeit wie gewohnt fortsetzen, sagte Außenamtssprecher
Ismail Baghai laut Internetportal Iran Nuances.
Die New York Times hatte berichtet, dass iranische Diplomaten und
Militärberater Syrien verlassen hätten. Einige seien nach Teheran geflogen,
andere auf dem Landweg in den Libanon, in den Irak oder zum syrischen Hafen
Latakia gebracht worden. Der Außenamtssprecher hatte letzte Woche gesagt,
dass die iranischen Diplomaten und Militärs in Syrien blieben und
Staatschef Baschar al-Assad bis zum Ende unterstützten.
Die Aussagen Baghais stießen in Teheran auf Skepsis. Demnach gehen
Beobachter davon aus, dass eine Evakuierung der Diplomaten bereits
abgeschlossen sei. Erinnert wird dabei an einen Vorfall 1998 in
Masar-i-Scharif in Afghanistan. Damals verblieben nach dem Vormarsch der
Taliban die iranischen Diplomaten vor Ort. Zehn von ihnen sowie ein
iranischer Reporter wurden nach einem Angriff der Taliban von den
Islamisten ermordet.
In sozialen Medien wird spekuliert, dass der Iran den syrischen Staatschef
Al-Assad bereits aufgegeben habe. Der staatliche Nachrichtensender IRIB,
das Sprachrohr des iranischen Systems, bezeichnet seit Freitagabend die
islamistischen Aufständischen in Syrien nicht mehr als „Terroristen“,
sondern als „bewaffnete Widerstandsgruppen“. Beobachter sehen darin ein
erstes Anzeichen, dass der Iran den Sturz Al-Assads bereits einkalkuliert
habe und nun versuche, Kontakt zu den Aufständischen aufzunehmen.
Außenminister Abbas Araghtschi äußerte sich eher spirituell zu Al-Assads
Schicksal. „Es ist jetzt alles in Gottes Händen“, so der iranische
Chefdiplomat in einem Interview mit dem arabischen TV-Sender Al Sharqiya.
Ende November war der syrische Bürgerkrieg mit der Offensive der IAllianz
Haiat Tahrir al-Scham (HTS) plötzlich wieder aufgeflammt. In kürzester Zeit
nahm die Gruppe viele Gebiete teils kampflos ein, unter anderem auch
Aleppo, die zweitgrößte Stadt des Landes. Ihr Ziel ist der [2][Sturz der
Regierung von Präsident Baschar al-Assad].
## UN-Bericht: Systematische Folter in Syriens Gefängnissen
In Syriens Gefängnissen werden Insassen nicht nur systematisch gefoltert,
sondern ihnen werden auch schwere körperliche und seelische Schäden
zugefügt. Dies geht aus einem Bericht von Experten der Vereinten Nationen
hervor, in dem Aussagen von mehr als 300 ehemaligen Insassen ausgewertet
wurden. Die Ungewissheit über den Verbleib und den Zustand von inhaftierten
Familienangehörigen sei traumatisch für die betroffenen Familien, hieß es
weiter.
Bereits Minderjährige wurden demnach festgenommen und in dunklen, von
Insekten und Nagetieren befallenen Zellen in Einzelhaft festgehalten. Ein
Minderjähriger habe angegeben, zwei Tage lange mit einer verwesenden Leiche
in einer Zelle eingesperrt gewesen zu sein. Sowohl männliche als auch
weibliche Insassen sagten aus, dass sie gezwungen worden seien, sich nackt
auszuziehen.
Männliche Befragte gaben an, dass man auf ihre Genitalien eingeschlagen und
sie mit Elektroschocks misshandelt habe. Kinder seien gezwungen worden, die
Folter ihrer Eltern mitanzusehen, hieß es in dem Bericht, der sich auf
einen Zeitraum von 2011 bis 2022 bezieht.
## Lawrow will nicht über Zukunft von Assad spekulieren
Der russische Außenminister Sergej Lawrow hat es abgelehnt, eine Prognose
zur Zukunft der syrischen Regierung abzugeben. Lawrow sagte am Samstag in
Katar, er habe seine Kollegen aus der Türkei und dem Iran getroffen. Alle
drei Länder hätten ein sofortiges Ende der feindlichen Aktivitäten in
Syrien gefordert.
Auf dem jährlichen Doha-Forum sagte Lawrow, Russland unterstütze das
syrische Militär mit Luftangriffen weiterhin bei der Bekämpfung der
Aufständischen. Auf die Frage, ob die Herrschaft von Präsident Baschar
al-Assad durch die schnell voranschreitende Offensive der Rebellen bedroht
sei, sagte er: „Es ist nicht unsere Aufgabe, zu erraten, was passieren
wird.“ Der Minister machte die Vereinigten Staaten und den Westen für die
Ereignisse in Syrien verantwortlich und sagte: „Es tut uns sehr leid für
das syrische Volk, das Gegenstand eines weiteren geopolitischen Experiments
geworden ist.“
Russland und der Iran sind die wichtigsten Unterstützer der syrischen
Regierung. Die Türkei unterstützt dagegen Kämpfer der Opposition, die
versucht, Assad zu entmachten. „Wir tun alles, was wir können, damit
Terroristen nicht die Oberhand gewinnen, auch wenn sie sagen, dass sie
keine Terroristen sind“, sagte Lawrow. Er bezog sich dabei auf den
De-facto-Anführer der syrischen Aufständischen, Abu Mohammed al-Golani, der
nach eigenen Angaben keine Verbindungen zur Terrorgruppe Al-Kaida hat.
Seine Gruppe Hajat Tahrir al Scham wird von den USA und den Vereinten
Nationen als terroristische Organisation eingestuft.
Lawrow sagte, Russland, der Iran und die Türkei verlangten die vollständige
Umsetzung einer UN-Resolution, in der ein Fahrplan für den Frieden in
Syrien gebilligt wurde. Die Resolution 2254 wurde im Dezember 2015
einstimmig angenommen. Darin wird ein von Syrien geführter politischer
Prozess gefordert, der mit der Einsetzung einer Übergangsregierung beginnt,
gefolgt von der Ausarbeitung einer neuen Verfassung. Danach sollen Wahlen
unter Aufsicht der Vereinten Nationen stattfinden.
Der russische Außenminister wies Berichte zurück, wonach Moskau Schiffe von
einem russischen Stützpunkt in der syrischen Hafenstadt Tartus abgezogen
habe. Die Schiffe seien zu Marineübungen im Mittelmeer aufgebrochen, sagte
er.
7 Dec 2024
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