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# taz.de -- Nachruf auf Khaled Nabhan: Gegen alle Klischees
> Ein Video mit seiner toten Enkelin im Arm machte ihn bekannt: Nun ist
> Scheich Khaled Nabhan selbst bei einem israelischen Luftangriff getötet
> worden.
Bild: Khaled Nabhan wurde bei einem israelischen Angriff in Gaza getötet
Berlin taz | Die Seele eines Großvaters ist nun bei der Seele seiner
Enkelin: Scheich Khaled Nabhan wurde am Montag durch eine israelische
Panzergranate bei einer Bombardierung auf das Geflüchtetenlager in Nuseirat
im Zentrum von Gaza getötet. Das teilten seine Tochter und sein Neffe auf
Social Media mit, das Al-Adwan-Krankenhaus bestätigte seinen Tod. Nabhan
wurde durch ein Video in den sozialen Medien bekannt: [1][Er hält seine
leblose Enkelin Reem in den Armen], gibt ihr einen Abschiedskuss auf die
Stirn und nennt die Dreijährige „Seele meiner Seele“. Der Ausspruch wurde
zum Sinnbild für den Schmerz, den Palästinenser*innen durch die
israelischen Bombardierungen im Nahostkrieg erfahren.
Nabhans Enkelin Reem und sein fünfjähriger Enkel Tarek wurden im November
2023 durch israelische Luftangriffe getötet. Sie lebten bei dem Großvater,
weil der Vater auswärts arbeitete. Nabhan sagte gegenüber den
Fernsehsendern Al Jazeera und CNN, die Kinder seien im Schlaf getötet
worden, als ihr Haus im Al-Nuseirat-Geflüchtetenlager von einem
israelischen Luftangriff getroffen wurde. Nabhans Tochter, die Mutter der
Kinder, überlebte.
Ein Familienvideo zeigt Reem, wie sie auf dem Schoß ihres Großvaters sitzt
und an seinem Bart spielt. Die beiden schienen sich sehr nahe zu sein. Nach
dem Tod des Kindes zeigt ein CNN-Video, wie Nabhan in den Trümmern nach
Erinnerungen sucht. Er findet eine Puppe von Reem und küsst die Puppe auf
die Stirn. Reems rosa Ohrstecker hat er sich an seine Jacke gepinnt, nahe
seines Herzens. Er weint und erzählt, dass die Kinder am Tag des Todes noch
draußen spielen wollten. Er habe es verboten, weil es durch Luftangriffe zu
gefährlich gewesen sei.
In den Wochen nach dem Tod seiner Enkel soll Nabhan sich um verwundete
Kinder gekümmert und in einem Krankenhaus mitgeholfen haben. Er kaufte
Spielzeug, Bälle, Miniaturautos und Haarspangen und verteilte sie an
Kinder. Er verteilte Brot und fütterte Straßenkatzen. All das filmte Nabhan
und postete es in den sozialen Medien.
Deshalb verkörpert er für viele, die seine Videos nun teilen, das Bild
eines arabischen Mannes, das der Entmenschlichung selbiger in westlichen
Medien etwas entgegensetzt. Nabhan sei all das gewesen, was dort nicht
vorkomme, wenn es um diese Gruppe gehe: „sanftmütig, liebevoll, fröhlich
und gemeinschaftsstiftend“, kommentiert zum Beispiel Chelsea Hart, Comedian
aus Alaska.
## Abbild eines vermeintlichen Terroristen
Nabhan sei das Abbild eines vermeintlichen Terroristen gewesen: „Turban,
Bart, arabisches Gesicht“, sagt ein Podcaster eines muslimischen
Filmstudios in Australien. Aber: „Er hat das Narrativ verändert, mit drei
Worten, die von ganzem Herzen kommen: Seele meiner Seele.“
Durch Israels Kriegsführung in Gaza nach dem brutalen Angriff der Hamas auf
Israel am 7. Oktober sind mindestens 45.059 Menschen getötet und 107.041
verwundet worden, zählt das Gesundheitsministerium in Gaza. Darunter
mindestens 29.980 Kinder, Frauen und Ältere, so das Gesundheitsministerium.
Die Zahlen könnten viel höher sein, warnten bereits Anfang Oktober
amerikanische Ärzt*innen.
Am Sonntag alleine meldeten örtliche Rettungskräfte mehr als 50 Tote durch
israelische Luft- und Bodenangriffen in Gaza, darunter auf eine UN-Schule
in der Stadt Khan Younis, die als Notlager genutzt wurde.
„Ich rufe die freie Welt auf, uns vor diesem Krieg zu retten und unsere
Kinder vor diesem Krieg zu schützen“, sagte Khaled Nabhan in einem seiner
Videos.
17 Dec 2024
## LINKS
[1] https://www.youtube.com/watch?v=biC3jO6AReg
## AUTOREN
Julia Neumann
## TAGS
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
Gaza
Israel
GNS
Schwerpunkt Pressefreiheit
Kolumne Gaza-Tagebuch
Schwerpunkt Syrien
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