# taz.de -- Waffenverbot im Hamburger Nahverkehr: Schweizer Messer müssen zu H… | |
> In Hamburg gilt künftig ein Waffenverbot im öffentlichen Nahverkehr. | |
> Zusätzliches Personal für die Kontrollen soll es allerdings nicht geben. | |
Bild: Gilt schon am Bahnsteig: Wer in Hamburg im öffentlichen Nahverkehr unter… | |
Hamburg taz |Was mit den Messern der Schweizer Tourist:innen sei, fragt | |
ein Journalist bei der Pressekonferenz zum [1][neuen Waffenverbot im | |
Hamburger Nahverkehr]. Die Schweizer führten doch häufig ein Taschenmesser | |
mit sich, sagt der Journalist und fragt, ob man sie mit Piktogrammen auf | |
das Verbot aufmerksam machen wolle. Es gibt viele Fragen zum Waffenverbot | |
auf dieser Pressekonferenz, aber eine wird nicht gestellt: warum gerade ein | |
Waffenverbot das Sicherheitsgefühl der Fahrgäste erhöhen soll. | |
Vermutlich wurde sie auch deshalb nicht gestellt, weil Hamburgs | |
Innensenator Andy Grote (SPD) gleich zu Beginn sagte, was der Hintergrund | |
für das Verbot ist: das Sicherheitspaket der Bundesregierung, das den | |
Bundesländern neue Möglichkeiten für [2][Waffenverbote im öffentlichen | |
Raum] schafft. Das Paket war nach den Terroranschlägen in Mannheim und | |
Solingen verabschiedet worden, sowie dem Messer-Attentat in einem Zug bei | |
Brokstedt, das Grote besonders erwähnte. | |
Und so war es ein Stichwort, das der Innensenator und auch der | |
Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) immer wieder nannten: Sicherheit, vor | |
allem: gefühlte Sicherheit. Für Tjarks geht es darum, den stetig stärker | |
genutzten Nahverkehr auch für die attraktiv zu machen, die ihn derzeit aus | |
Angst vor Übergriffen meiden. Laut dem diesjährigen Sicherheits- und | |
Kriminalitätsbericht der Polizei (SKID) vermeidet es ein Drittel der | |
Hamburger:innen häufig bis sehr oft, nachts den ÖPNV zu nutzen. Ihnen | |
ein sicheres Gefühl im Nahverkehr zu vermitteln, sei keine Einschränkung | |
der Bürgerrechte, sagte Tjarks, sondern „eine Erweiterung der | |
Bürgerrechte“. | |
## Bei Verdachtsfällen sollen Fahrgäste angesprochen werden | |
In der Theorie sollen die Mitarbeiter:innen der Hochbahn künftig bei | |
Verdachtsfällen Fahrgäste ansprechen und sie darum bitten, ihre Taschen | |
einsehen zu können. Sollten sich die Angesprochenen weigern, wird die | |
Polizei hinzugezogen und die Hochbahnmitarbeiter:innen steigen mit | |
den Fahrgästen an der nächsten Station aus. Dort kontrolliert die Polizei, | |
ob die Betroffenen eine Waffe mit sich führen. Sollte das der Fall sein, | |
droht ein Bußgeld zwischen 150 und 10.000 Euro. | |
Laut Tjarks ist die Zahl von Polizeieinsätzen wegen Waffen im ÖPNV ohnehin | |
gestiegen. In den S-Bahnen und großen Bahnhöfen gilt bereits ein | |
Waffenverbot. Für Menschen, die aus beruflichen Gründen Messer bei sich | |
haben, etwa Köche oder Handwerker:innen, gelten Ausnahmeregelungen. Ebenso | |
für das Küchenmesser, das Fahrgäste für den privaten Gebrauch gekauft haben | |
und verpackt mit sich führen. | |
## Probleme wegen Racial Profiling sieht Senator nicht | |
Probleme wegen Racial Profiling, also einer verdachtsunabhängigen Kontrolle | |
von Menschen allein wegen ihres äußeren Erscheinungsbildes, sieht er nicht. | |
Man sei sich des Problems bei der Hochbahn sehr bewusst, sagte Tjarks; | |
bislang habe es nur einmal eine Beschwerde zu diesem Thema gegeben. | |
Tatsächlich ist es Innensenator Grote, der nebenbei darauf hinweist, dass | |
die Gruppe derjenigen, die ein Messer bei sich tragen, heterogen ist: vom | |
Opfer von Kriminalität über Jugendliche bis hin zu älteren Menschen. Laut | |
Sicherheits- und Kriminalitätsbericht ist der Anteil von Menschen ohne | |
Migrationshintergrund, die häufig ein Messer zur Verteidigung mit sich | |
tragen, mit 1,6 Prozent um 0,1 Prozent höher als derjenigen mit | |
Migrationshintergrund. | |
## Umsetzung des Verbots noch unklar | |
Unklarer wird es bei der praktischen Umsetzung des Verbots: Denn weder die | |
Hochbahn noch die DB-Sicherheit erhalten mehr Mitarbeiter:innen für | |
die Kontrollen. [3][Wie allein das Aufstellen von Verbotsschildern für ein | |
subjektiv größeres Sicherheitsgefühl sorgen soll], bleibt ungeklärt. Wie | |
man auch hinterfragen kann, ob es die sehr seltenen Fälle von | |
Waffenanwendung im ÖPNV sind, die für Verunsicherung sorgen. Oder sind es | |
Pöbeleien und aggressives Verhalten, dem man nicht durch Verbote, sondern | |
durch mehr Personal in den Zügen begegnen müsste? | |
Innensenator Grote lobt zwar die bereits bestehenden Waffenverbotszonen auf | |
St. Pauli, in St. Georg und rund um den Hauptbahnhof. Allein am Bahnhof | |
habe man seit der Einführung des Verbots vor gut 14 Monaten 500 Messer | |
eingezogen. Schaut man sich aber die Zahl der Messerangriffe hamburgweit | |
an, so sind sie seit 2023 um sechs Prozent gestiegen. | |
17 Dec 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Waffenverbot-im-Hamburger-OePNV/!6051355 | |
[2] /Kritik-in-der-Ampel-an-Sicherheitspaket/!6035706 | |
[3] /Massnahmen-gegen-Messer-Gewalt/!6030369 | |
## AUTOREN | |
Friederike Gräff | |
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