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# taz.de -- Neue Tomb-Raider-Serie: Für immer jung
> Warum die Action-Heldin Lara Croft auch in der neuen Amazon-Serie nicht
> zu ihrem Alter stehen wird – und warum sie das eigentlich tun sollte.
Bild: Angelina Jolie in „Lara Croft – Tomb Raider“ aus dem Jahr 2001
Die Figur Lara Croft, die mit der Tomb-Raider-Videospielreihe 1996 zum
ersten Mal auf die Bühne trat, hat ein Geburtsdatum: 14. Februar 1968.
Demnach war sie im ersten Spiel 28 Jahre alt. Seitdem hat sie sich sehr
verändert – doch gealtert ist sie nicht.
Phoebe Waller-Bridge, britische Schauspielerin, Regisseurin und
Drehbuchautorin, bekannt aus [1][der Serie „Fleabag]“, übernimmt die
kreative Leitung der kommenden Tomb-Raider-Serie auf Amazon, die vermutlich
2026 erscheint. Ihre Arbeiten zeigen Talent für [2][nuancierte weibliche
Figuren.] Die Hauptrolle besetzt sie mit der 28-jährigem
Game-of-Thrones-Star Sophie Turner. Also muss Lara ihr tatsächliches Alter
wohl nach wie vor verbergen. Das ist eine verpasste Gelegenheit.
Die Figur der Lara Croft ist ein kulturelles Phänomen und Symbol weiblicher
Stärke in der Videospielwelt. Die abenteuerlustige Archäologin mit
reichlich Munition in den 9-mm-Pistolen war eine der ersten [3][weiblichen
Protagonistinnen in der Gaming-Welt] und ist bis heute die bekannteste.
Ursprünglich sollte das Spiel wohl einen männlichen Helden haben, doch das
Entwicklerteam von Core Design suchte für den Abenteurer ein
Alleinstellungsmerkmal – und änderte das Geschlecht.
Es waren auch die jungen und hübschen Lara-Croft-Models, die auf
Spielemessen von Anfang an für Aufmerksamkeit sorgten. Doch das Game wurde
nicht nur darum ein Erfolg. Für die Spielerinnen der ersten Stunde war die
durchsetzungsstarke Archäologin eine Identifikationsfigur in der männlich
dominierten Computerspielwelt. Daher verwundert nicht, dass Lara Croft für
viele Mädchen und Frauen ein Vorbild ist. Spielerinnen berichten, dass sie
sich durch das Spielen stark und fähig fühlen – und ich bin eine von ihnen.
Wenn wir über den Joystick oder die Tastatur für Lara entscheiden und ihr
über die Schulter schauen, fühlen wir uns, als wären wir sie.
Doch mit wem identifizieren wir uns da eigentlich?
Von Anfang an wurde Lara Croft als unabhängige und starke Frau etabliert.
Mit jedem neuen Spiel bekam die Figur mehr Hintergrund, der sie noch
interessanter und spannender machte. Verluste und traumatische Erlebnisse
prägten die Entwicklung der Abenteurerin – wie der oft thematisierte Tod
ihrer Mutter und das Verschwinden ihres Vaters. Viel von dem, was sie weiß,
stammt aus dessen Tagebuch.
## Immer wieder Trauma
Von „Tomb Raider IV (1999)“ bis „Shadow of the Tomb Raider“ (2018) – …
wieder begegnen wir der jugendlichen oder kindlichen Lara und erhalten eine
weitere Facette, wie sie zu der starken und klugen jungen Frau geworden
sein soll, mit der man als Spieler*in vorm Bildschirm verschmilzt. Lara
Crofts Unabhängigkeit wird somit gefeiert als Ergebnis eines Traumas. Das
posttraumatische Wachstum ist ein psychologisch untersuchtes Phänomen, und
insofern ist nichts falsch daran, es für eine Geschichte zu verwenden.
Solange diese Geschichte aber immer wieder von den Traumata handelt, werden
sie nie überwunden. Der Kampf um Emanzipation wird zu einer Art
Selbstzweck. Auf diese Weise ist Lara Croft eine „werdende“ Heldin
geworden, die ihre Stärke ständig neu erkämpfen muss. Sie wird nie
erwachsen – und darum auch nie alt.
Mit Phoebe Waller-Bridges steht eine talentierte Frau Patin für die neue
Tomb-Raider-Serie. Ihr ist zuzutrauen, die Figur Lara vielschichtig zu
inszenieren – als eine Heldin, deren Identität nicht nur von jugendlicher
Stärke und traumatischen Verlusten geprägt ist.
Die Schauspielerin Sophie Turner, bekannt aus ihrer Rolle als Sansa Stark
in Game of Thrones, wird Lara Croft in der neuen Serie spielen. Sie steht
damit in Nachfolge von Angelina Jolie und Alicia Vikander. Angelina Jolie
war beim ersten Film 24 Jahre alt. Alicia Vikander zwar etwas älter, ihre
Rolle wurde im Film aber auf 21 verjüngt. Sophie Turner ist momentan 28 –
also genauso alt wie Lara im ersten Computerspiel. Vielleicht ist das ein
Zeichen für einen Neuanfang. Die neue Serie könnte der Figur endlich
erlauben, zu reifen.
## Die berühmte 30er-Grenze
Wenn man bedenkt, dass Lara Croft laut ihrem Geburtsdatum schon 56 Jahre
alt ist, dürfte man eigentlich über eine deutlich ältere Version
nachdenken. Es ist paradox: Die noch nicht ausgereiften körperlichen
Fähigkeiten einer Jugendlichen sind in einer Geschichte ein spannendes
Gimmick – schwinden diese Fähigkeiten mit dem Alter, interessiert sich
niemand dafür. Doch es gibt ein Leben jenseits der 50. In der Realität
findet man 60-Jährige beim Freiklettern, der älteste Sprinter der Welt ist
105. Lara ihr tatsächliches Alter zuzugestehen, wäre ein Signal gegen die
Unsichtbarkeit älterer Frauen in den Medien. Die Spielerinnen der ersten
Stunde verdienen eine Heldin, die mit ihnen mitgealtert ist – und über
Lebenserfahrung verfügt.
Die Vorstellung einer Lara Croft, die mit den Herausforderungen des
Älterwerdens konfrontiert ist, würde der Figur eine neue Dimension
verleihen. Wenn sie nicht mehr damit beschäftigt ist, durch Verlust und
Trauma zu „wachsen“, könnte sie mit strategischem Denken, tiefem
kulturellen Wissen, reflektiertem Umgang mit eigenen Grenzen und
empathischen Beziehungen glänzen.
Vielleicht übernimmt sie sogar Verantwortung für das Kulturgut, das nach
ihren jungen Abenteuern recht oft in Trümmern liegt. Lara als reife und
selbstbewusste Frau darzustellen, würde die Vielschichtigkeit weiblicher
Identität abbilden – und könnte auch in der Gaming-Welt ein erfrischendes
Alleinstellungsmerkmal sein.
So weit sind wir leider noch nicht. Mit einer durch Waller-Bridge
geschriebenen und Sophie Turner verkörperte Lara Croft erleben wir in der
neuen Amazon-Serie aber mit Glück zumindest den Schritt über die berühmte
30er-Grenze.
13 Dec 2024
## LINKS
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## AUTOREN
Raven Dietzel
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