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# taz.de -- Mücken, Krankheit, Klimarisiken: „In jedem Fall werden die Infek…
> Tropische Tiere und Krankheiten kommen mit der Klimakrise nach Europa.
> Gesundheitsforscher Joacim Rocklöv fordert, Gesundheitsrisiken ernst zu
> nehmen.
Bild: Bringt auch mal das Denguevirus mit: die Asiatische Tigermücke
taz: Herr Rocklöv, sollte ich mich vorsorglich mit Anti-Mücken-Spray
eindecken, weil mit dem Klimawandel Tiere kommen, die Krankheiten
übertragen, die sonst in tropischen Regionen bekannt sind?
Joacim Rocklöv: Das hängt davon ab, wo Sie sind!
taz: In Deutschland.
Rocklöv: Die asiatische [1][Tigermücke] ist auf dem Vormarsch. Sie gilt als
besonders gefährlich. In Italien gab es in diesem Jahr, auch schon in den
Jahren zuvor, Fälle von Chikungunya-Fieber, übertragen von asiatischen
Tigermücken, die sich dort angesiedelt haben. Chikungunya bedeutet „der
gekrümmt Gehende“. Das Fieber verursacht starke, manchmal über Wochen
andauernde Gelenkschmerzen. Diese tropischen Mücken…
taz …schwarz-weiß gestreift, kleiner als herkömmliche Mücken in
Deutschland, tagaktiv und angeblich stechfreudig..
Rocklöv:… können auch Dengue- und Gelb-Fieber oder die berüchtigten
Zika-Infektionen auslösen.
taz: Wie sind die Krankheitssymptome?
Rocklöv: [2][Dengue]-Fieber zum Beispiel geht mit starken Kopf-, Muskel-,
Knochen- und Gliederschmerzen einher. Die meisten Patienten erholen sich
zwar in wenigen Wochen, aber das kann auch zu schweren Blutungen,
Organversagen und zum Tod führen. Das ist bei anderen tropischen, durch
Mücken übertragenen Krankheiten ähnlich.
taz: Wie groß ist das Risiko, sich hierzulande zu infizieren?
Rocklöv: Die Zahl der Fälle ist nicht vergleichbar mit denen etwa in Sri
Lanka oder Thailand in Asien oder im südamerikanischen Brasilien. Aber sie
nimmt stetig zu. 2023 wurden in der EU sowie Liechtenstein, Norwegen und
Island insgesamt 130 örtlich erworbene Dengue-Erkrankungen registriert,
2022 waren es noch 71 Fälle. Auch in Deutschland sind Tigermücken schon
heimisch, sie breiten sich von Süd- und Mitteleuropa Richtung Norden und
Westen aus. In Heidelberg…
taz: …dort forschen Sie…
Rocklöv:… und andernorts in Baden-Württemberg, auch in Bayern,
Rheinland-Pfalz, Hessen sowie in Berlin oder Jena gibt es feste
Tigermücken-Populationen. Tigermücken lieben die Wärme, ihre Eier vertragen
Frost schlecht. Aber je milder die Winter werden, umso einfacher können sie
hier nun überleben. In Griechenland beobachten wir bereits, dass dort die
Mücken das ganze Jahr aktiv sind und fliegen. Sind sie Träger der
krankmachenden Erreger, können sie diese also im Winter auf Menschen
übertragen. Beobachtet wurde das bisher nur noch nicht.
taz: Wie kommen die Viren derzeit nach Deutschland?
Rocklöv: Jemand reist in die Tropen, infiziert sich mit Dengue, kommt mit
dem Erreger zurück, wird von einer heimischen Mücke gestochen, diese
infiziert sich, dort vermehren sich die Viren, sie sticht dann eine andere
Person. Das gibt es immer wieder. Anders ist das allerdings schon jetzt
beim West-Nil-Virus.
taz: Das West-Nil-Virus?
Rocklöv: Der aus Afrika stammende Erreger scheint sich bereits in Berlin
und Brandenburg, in Sachsen-Anhalt und Sachsen etabliert zu haben. Das
überlebt in Vögeln, bei denen eine Infektion meistens keine Symptome
hervorruft. Übertragen wird es von heimischen Stechmücken, sie infizieren
sich an einem Vogel, fliegen weiter, stechen einen Menschen, geben das
Virus in seinen Blutkreislauf weiter. Innerhalb Deutschlands haben sich
2023 offiziell bereits sechs Menschen mit dem West-Nil-Virus infiziert. Die
Infektion verläuft meist sehr mild. Aber es besteht das Risiko einer
Hirnhautentzündung oder auch Hirnstammentzündung.
taz: Empfehlen Sie eine Impfung?
Rocklöv: Solange man nur in Europa reist, noch nicht. Aber stehendes Wasser
ist eine ideale Brutstätte für Stechmücken, zumal bei höheren
Sommertemperaturen. Beseitigen Sie Pfützen in ihrem Garten, decken Sie
Regentonnen oder Vogeltränken mit Schutzgittern ab. Und melden Sie eine
Tigermücke, die Sie sehen, bei ihrer Gemeinde. Dann können neu auftretende
Populationen früh entdeckt und verhindert werden, dass sie sich etablieren.
taz: Welche Kosten kommen mit den exotischen Erregern auf das
Gesundheitssystem zu?
Rocklöv: Wir arbeiten noch an genauen Abschätzungen. In jedem Fall aber
werden die Infektionen zunehmen, wenn mit dem Klimawandel Fröste im Winter
abnehmen, heiße Sommer länger währen. Die Kosten dieser Gesundheitsrisiken
werden von der Politik bisher zu wenig berücksichtigt. Es ist aber
grundsätzlich günstiger, in Klimaschutz zu investieren, als nichts zu tun
und die Folgen in Kauf zu nehmen.
taz: Und wenn nicht, was kommt noch – Schlangen?
Rocklöv: Auf jeden Fall verschiedene Zecken. In der Türkei ist bereits die
Hyalomma-Zecke angekommen, die das Krim-Kongo-Fieber überträgt. Das ist
ähnlich dem häufig tödlich verlaufenden und bekannteren Ebola-Fieber, also
wirklich schlimm. Größere Tiere brauchen eine viel längere Zeit, um neue
Lebensräume zu finden. Eine Königskobra zum Beispiel erwarte ich hier
erstmal nicht.
5 Dec 2024
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## AUTOREN
Hanna Gersmann
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