| # taz.de -- Folgen des Koalitionsbruchs: Demokraten sind nicht doof – hoffent… | |
| > SPD, CDU, Grüne, Linke und FDP waren sich einig, das Verfassungsgericht | |
| > vor politischen Angriffen zu schützen. Gilt das auch nach dem | |
| > Koalitionsbruch? | |
| Bild: Unabhängigkeit des Bundesverfassungsgerichts soll gestärkt werden | |
| Mit einem Appell haben sich acht Jurist:innenverbände, darunter der | |
| Deutsche Anwaltverein, die Bundesrechtsanwaltskammer und der Deutsche | |
| Richterbund, an alle demokratischen Fraktionen im Deutschen Bundestag | |
| gewandt. Sie drängen darauf, die Unabhängigkeit des | |
| Bundesverfassungsgerichts zu stärken und im Grundgesetz abzusichern. „Das | |
| gehört zu den vordringlichsten Aufgaben bis zum Jahresende“, heißt es in | |
| der Erklärung. Die Fachleute halten es für unverantwortlich, wenn ein | |
| besserer Schutz des Karlsruher Gerichts vor gezielten Eingriffen oder | |
| Blockaden [1][am Streit in der Ampel] scheitern würde. | |
| Die Struktur des höchsten Gerichts ist bisher nur im | |
| Bundesverfassungsgerichtsgesetz geregelt. Das heißt: Die Zahl der | |
| Richter:innen, deren Amtszeit, die Altersgrenze, selbst die Voraussetzungen | |
| für das Richter:innenamt können mit einfacher Mehrheit geändert werden. | |
| Probleme, die schon lange gesehen werden, sagt Ulrich Karpenstein, | |
| Vizepräsident des Deutschen Anwaltvereins. Schon seit mehr als fünfzig | |
| Jahren weisen Juristen auf die Gefahr politischer Angriffe auf die | |
| Unabhängigkeit des Bundesverfassungsgerichts hin. Auch die [2][Erfahrungen | |
| in Polen] und Ungarn haben gezeigt, wie leicht antidemokratische Kräfte mit | |
| einfacher Mehrheit Verfassungsgerichte auf Linie bringen können. | |
| ## Im Prinzip einig | |
| Um die [3][Hüterin der Demokratie vor solchen Übergriffen zu schützen], | |
| liegen seit September zwei Gesetzesentwürfe vor: [4][Nach monatelangen | |
| Verhandlungen] hatten sich die Ampel-Fraktionen und die Union geeinigt und | |
| die Vorschläge gemeinsam eingebracht. Wesentliche Strukturmerkmale des | |
| Bundesverfassungsgerichts sollen im Grundgesetz festgeschrieben werden, | |
| außerdem soll für den Fall einer Blockade bei der Richterwahl ein | |
| Ersatzwahlmechanismus eingeführt werden. Im Oktober wurden die Entwürfe in | |
| erster Lesung beraten. Die AfD wetterte gegen die geplante | |
| Verfassungsänderung, die Linken wollen sie mittragen. | |
| Nun soll in dieser Woche die Anhörung von Sachverständigen im | |
| Rechtsausschuss stattfinden. Läuft es nach Plan, könnte danach das | |
| Parlament abstimmen, nur die Zustimmung des Bundesrats wäre noch | |
| erforderlich. Doch die Frage ist, ob diese Änderung des Grundgesetzes zu | |
| den wichtigen Vorhaben gehört, die vor der Auflösung des Parlaments noch | |
| beschlossen werden sollen. | |
| Prinzipiell ist man sich einig, ein strittiger Punkt ist nur die Forderung | |
| der Länder, in das Gesetz eine Regelung aufzunehmen, nach der künftige | |
| Änderungen der Zustimmung des Bundesrates bedürfen. Die bisherigen | |
| Gesetzentwürfe sehen das nicht vor. Der rheinland-pfälzische Justizminister | |
| Herbert Mertin (FDP) hofft auf eine Einigung: „Ich würde es sehr begrüßen, | |
| wenn es in gelänge, das Vorhaben zur Stärkung der Resilienz des | |
| Bundesverfassungsgerichts noch vor Ende der aktuellen Legislaturperiode | |
| abzuschließen“, erklärt er gegenüber der taz. | |
| Die CSU-Abgeordnete Andrea Lindholz hält sich bedeckt: „Wir haben einen | |
| ausgewogenen Vorschlag für mögliche Gesetzesänderungen vorgelegt. Nun | |
| müssen wir zunächst das Ergebnis der anstehenden Anhörung abwarten.“ Von | |
| „Priorität Eins Plus“ spricht dagegen Till Steffen von Bündnis 90/Die | |
| Grünen: „Wenn es wirklich ein Vorhaben gibt, das man noch umsetzen muss, | |
| dann ist es das.“ Ob die demokratischen Kräfte in der nächsten | |
| Legislaturperiode noch über die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit verfügten, sei | |
| ungewiss. | |
| 11 Nov 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| Marion Mück-Raab | |
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