# taz.de -- Iran ermordet Deutschiraner: Woran starb Jamshid Sharmahd? | |
> Die Islamische Republik beschrieb den Tod Sharmahds kryptisch als „Erhalt | |
> der gerechten Strafe“. Nun spricht der Justizapparat von einem | |
> Schlaganfall. | |
Bild: Demonstration für den getöteten Jamshid Sharmahd in Berlin | |
Berlin taz | „Jamshid Sharmahd erhält seine gerechte Strafe“, lautete die | |
Titelseite der Meldung von Mizan, der Nachrichtenagentur der Justiz der | |
Islamischen Republik Iran. In der Unterschrift steht: „Das Urteil wurde | |
vollstreckt.“ So wurde am Montagabend des 28. Oktober [1][die Hinrichtung | |
des deutschen Staatsbürgers Jamshid Sharmahd in den Staatsmedien der | |
Islamischen Republik Iran verkündet]. Parallel dazu liefen Propaganda | |
Videos im Staatsfernsehen. Acht Tage später rudert das Regime zurück: | |
Sharmahd sei vor seiner Hinrichtung an einem Schlaganfall gestorben. | |
Sharmahd, der im Sommer 2020 während einer Geschäftsreise aus Dubai | |
entführt und nach Iran verschleppt wurde, wurde vier Jahre lang in | |
Isolationshaft gefangen gehalten. Sein genauer Aufenthaltsort war | |
unbekannt. Berichten zufolge wurde er in Haft schwer gefoltert: Er hatte | |
Parkinson, doch Medikamente wurden ihm verweigert. Ihm wurden die Zähne | |
ausgeschlagen. Er durfte nur selten für wenige Minuten mit seiner Familie | |
telefonieren. | |
Nach einem Schauprozess wurde er im Februar 2023 wegen „Korruption auf | |
Erden“ zum Tode verurteilt. Vergangene Woche verkündete der Sprecher der | |
Justiz in Iran seine Hinrichtung – in untypischer Weise. Denn das Regime | |
verkündet Hinrichtungen meistens morgens, nachdem im Morgengrauen | |
hingerichtet wurde. | |
Dieser staatliche Mord löste Empörung in Deutschland aus. Außenministerin | |
Baerbock versprach „schwerwiegende Folgen“ und [2][ließ die drei | |
Generalkonsulate der Islamischen Republik in Deutschland schließen]. Die | |
betroffenen Beamten müssen Deutschland verlassen. | |
## Eine Konfrontation passt nicht in Irans Strategie | |
Eine Reaktion, mit der das Regime wohl nicht gerechnet hat, denn nach der | |
Hinrichtung des schwedischen Staatsbürgers Habib Chaab im Jahr 2023 blieben | |
Reaktionen aus der Europäischen Union aus. Vier Jahre lang schien die | |
Bundesregierung sich nicht besonders für den Fall des Deutschen Sharmahd zu | |
interessieren. Bei einer Bundespressekonferenz im Jahr 2023 gestand | |
Regierungssprecher Hebestreit auf Nachfrage, dass der Bundeskanzler sich | |
gar nicht für Sharmahd einsetzt, da der Fall im Auswärtigen Amt liegt – die | |
Befreiung eines deutschen Staatsbürgers mit Todesurteil war keine Priorität | |
im Kanzleramt. | |
Derzeit sind die Mullahs bemüht, ein „reformistisches“ Gesicht nach außen | |
hin zu zeigen. Dass Massud Peseschkian, dem eine „reformistische“ Maske | |
aufgesetzt wurde, als nächster Präsident des Landes ausgesucht wurde, | |
spricht dafür. Eine Konfrontation mit Deutschland, dem stärksten | |
Handelspartner in der Europäischen Union, passt da nicht in die Strategie. | |
Wahrscheinlich deswegen verkündet der Sprecher der Justiz acht Tage später, | |
Sharmahd sei nicht hingerichtet worden, sondern an einem Schlaganfall | |
gestorben. „Das beweist, dass man niemals den Worten von Terroristen trauen | |
kann“, sagt Tochter Gazelle Sharmahd im Gespräch mit der taz. | |
Das Regime in Iran scheint sich durch die deutsche Reaktion in die Ecke | |
getrieben zu fühlen. Die Relativierung des Tods von Sharmahd soll die | |
Beziehungen reparieren. Die Strategie scheint diesmal jedoch nicht | |
aufzugehen. „Iran ist für seinen Tod verantwortlich“, heißt es in einer | |
Erklärung des Auswärtigen Amtes. | |
„Es ist bekannt, dass ‚Schlaganfall‘ bei diesem Regime ein Codewort für | |
Folter ist“, sagt Mariam Claren von der Menschenrechtsorganisation | |
HÁWAR.help. „Für uns bleibt klar: Mord ist Mord.“ Die Organisation fordert | |
ebenso wie [3][Gazelle Sharmahd] Aufklärung und die Herausgabe des | |
Leichnams. | |
Sharmahd ist eine von 166 Personen, die laut der Menschenrechtsorganisation | |
Iran Human Rights allein im Oktober hingerichtet wurden. Damit steigt die | |
Zahl der Hinrichtungen in diesem Jahr auf über 600. | |
6 Nov 2024 | |
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## AUTOREN | |
Daniela Sepehri | |
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