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# taz.de -- Medizinische Versorgung in Schweden: 80 Kilometer bis zur Mammograf…
> Die Region Västernorrland in Mittelschweden spart bei der mobilen
> Brustkrebsvorsorge. Nun müssen Frauen lange Fahrtstrecken in Kauf nehmen.
Bild: Eine mobile Röntgenpraxis in einem Mammobil erspart vielen Frauen weite …
„Unten am Wasser, hinter dem früheren Krankenhaus“, so stand es in der
Wegbeschreibung. Als ich gerade denke, ich habe mich in der Dunkelheit
verlaufen, sehe ich ihn: einen langen Bus ohne Fenster, auf der Seite steht
in lila Buchstaben „Mammografi“. Drei Frauen sitzen in einer Warteecke, es
läuft der Lokalradiosender, und eine Nachricht lässt uns aufhorchen: Die
Region Västernorrland wolle sich die Situation mit diesen Bussen noch mal
anschauen. Soll das heißen, sie nehmen ihre Entscheidung vom Sommer zurück,
einen von zwei Mammografie-Bussen abzuwickeln?
Für die Frauen aus dem Kreis Härnösand wäre dann die nächste Möglichkeit
zur Brustkrebsvorsorge 60 bis 80 Kilometer entfernt, in Sundsvall. „Da muss
man sich mindestens einen halben Tag freinehmen“, sagt die Wartende mir
gegenüber. Zu diesem Bus hier hingegen könne sie mal eben auf dem Heimweg
von der Arbeit gehen oder sogar zwischendurch. „Man sagt immer, das
schwedische Gesundheitssystem ist gut, aber ehrlich, das ist es nicht
mehr“, sagt sie.
Das höre nicht zum ersten Mal. Meine Nachbarin wird immer noch wütend, wenn
sie daran denkt, dass Härnosand mal ein eigenes Krankenhaus hatte. Die
Entwicklung ist in Deutschland ähnlich, sage ich, wie zum Trost. Der Termin
zur Mammografie ploppte in meiner Gesundheitsapp auf, kaum, dass ich hier
gemeldet war. Das fand ich immerhin recht gediegen.
## Alle Wege führen nach Sundsvall
In der Provinz Västernorrland, ziemlich weit oben in Schweden, leben gut
240.000 Menschen, 11 pro Quadratkilometer. Noch gibt es drei Krankenhäuser,
aber einem davon droht gerade die Umwandlung zur reinen Geriatrie. Die
Geburtsstation ist dort schon seit Jahren geschlossen. Dem zweiten fehlte
für den Kreißsaal in den Sommerferien das Personal. Alle Wege führen im
Zweifelsfall nach Sundsvall. Demnächst also auch zur Brustkrebsvorsorge.
Seit 1990 waren hier die beiden Busse unterwegs. Sie stehen an einem Ort,
bis alle Frauen zwischen 40 und 74 einmal da waren – in Härnosand etwa vier
Monate. Dann fahren sie 50 Kilometer weiter zum nächsten Ort und so weiter,
bis sie anderthalb Jahre später am Ausgangspunkt von vorn anfangen.
Die Mammografie-Fachfrau entschuldigt sich bei mir für die lange Wartezeit.
„Wir haben in den Nachrichten das mit unseren Bussen gehört und mussten
erst mal Pause machen“, sagt sie. Inzwischen haben wir es beide verstanden:
Es bleibt beim Aus für diesen Bus. Was die Provinzregierung überprüfen will
ist, ob der verbleibende effektiver eingesetzt werden kann. „Wir
untersuchen drei Frauen in 30 Minuten, was meinen die mit effektiver?“,
sagt sie.
Dies ist also mein erster und letzter Besuch hier, beim nächsten Mal wird
es mehr Zeit und Benzingeld kosten. Genau das ist eine Sorge der
Kritikerinnen: Frauen auf dem Land würden benachteiligt, es bestehe die
Gefahr, dass weniger ihren Vorsorgetermin wahrnehmen.
## Beste Einsparmöglichkeit
Ein paar Tage nach dem Termin im Vorsorgemobil rufe ich in Sundsvall an.
Was Eric Arelöf, der Leiter des Mammografie-Zentrums, erzählt, überrascht
mich: Der Vorschlag, am Bus zu sparen, kam von ihnen. Das Krankenhaus
sollte Einsparmöglichkeiten finden, und dieser Beitrag täte am wenigsten
weh.
Sie könnten ihren Auftrag immer noch gut erfüllen. Der lautet: Die Klientel
im Abstand von 18 bis 24 Monaten zur Mammografie einzuladen. „Wir sind
jetzt bei 18 Monaten“, sagt Arelöf. Künftig werde der Zeitraum auf 24
Monate wachsen, also im vorgegebenen Rahmen bleiben. Wie viele Frauen wegen
der weiteren Anfahrt einen Termin ausfallen lassen würden, sei schwer zu
sagen.
In einer vergleichbaren Region hätte sich die Zahl nach einem ersten
Rückgang wieder erholt. „Wir hoffen, dass sie weiterhin kommen, es geht ja
um ihre Gesundheit.“ [1][Wie in Deutschland] erst Frauen ab 50 einzuladen,
das käme jedenfalls überhaupt nicht infrage, sagt Arelöf: Das vorgegebene
Alter ist 40, und das müsse überall gleich sein, ob in Malmö oder Kiruna.
17 Nov 2024
## LINKS
[1] /Monat-der-Maennergesundheit/!6044148
## AUTOREN
Anne Diekhoff
## TAGS
Kolumne Stadtgespräch
Gesundheitsvorsorge
Brustkrebs
Schweden
Medizin
Gesundheitspolitik
Porno
Schwerpunkt Überwachung
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