| # taz.de -- Blackouts in der Karibik: Auf Kuba ist es immer öfter zappenduster | |
| > Ausfälle sind auf der Insel fast normal. Der Strom stammt vor allem aus | |
| > überalterten Erdöl-Kraftwerken. Nun sollen Windräder und Solaranlagen | |
| > her. | |
| Bild: Fahrradtaxis gehen immer – aber dunkle Straßen sind auch für sie kein… | |
| Hamburg taz | Mehr als 48 Stunden war der Strom in Havanna wieder weg. Der | |
| Ausfall, der Freitagmorgen begann, war der längste nach dem [1][Blackout | |
| von Ende Oktober]. Relativ normal, wenn ein Hurrikan wie „Rafael“ auf die | |
| Insel treffe, sagen die Menschen, die hier leben. Es erkläre aber nicht, | |
| warum drei Tage später immer noch etliche Zonen und Stadtviertel Havannas | |
| ohne Strom sind, meint Renier. „Wir leiden unter strukturellen Problemen | |
| des Stromsystems.“ | |
| Der Architekt arbeitet in einen Sanierungsprojekt in der Altstadt von | |
| Havanna, seinen Nachnamen will er nicht in einer Zeitung lesen, gerade weil | |
| er offen kritisiert, dass die Kraftwerke der Insel marode und hoffnungslos | |
| überaltert sind. Dass Kritik gefährlich werden kann, zeigen die jüngsten | |
| Festnahmen, die am Sonntag bekannt wurden: | |
| Nach Protesten im Zusammenhang mit mehreren Stromausfällen auf Kuba seien | |
| mehrere Menschen festgenommen wurden, meldete die Nachrichtenagentur AP. | |
| Die kubanische Generalstaatsanwaltschaft habe Verfahren gegen mindestens | |
| drei Personen in Havanna, der Provinz Mayabeque und der Stadt Ciego de | |
| Aviloa eingeleitet. Ihnen werde „Körperverletzung, ordnungswidriges | |
| Verhalten und Sachbeschädigung“ vorgeworfen. Die Festnahmen hätten nach | |
| „Aggressionen gegenüber Behörden“ stattgefunden und seien eine | |
| Vorsichtsmaßnahme, hieß es in der offiziellen Erklärung dazu. | |
| Dass das Energiesystem wenig verlässlich ist, bestätigen aber Experten wie | |
| Omar Everleny Pérez, Ökonom und freier Analyst aus dem Stadtteil Marianao | |
| von Havanna. Dort fiel Samstagabend nach ein paar Stunden mit Elektrizität | |
| der Strom erneut aus. „Ich weiß nicht, ob es keinen Strom gibt, weil das | |
| Erdöl knapp ist oder wieder ein Kraftwerk havariert ist“, sagt Pérez. | |
| Stromausfälle würden nicht mehr angekündigt, deshalb könne man sich auch | |
| nicht darauf einstellen. | |
| Kuba generiert mehr als 90 Prozent seines Stroms in Kraftwerken, die sowohl | |
| sehr schweres Erdöl aus der kubanischen Förderung als auch importiertes Öl | |
| verarbeiten. An beidem mangelt es latent. | |
| ## Sanktionen tragen ihren Teil bei | |
| Venezuela, Kubas wichtigster Lieferant, schickt weniger Tanker zur Insel. | |
| Transportierten sie 2023 noch täglich 51.000 Barrel, sind es laut der | |
| Nachrichtenagentur Reuters derzeit nur noch 27.000. Die kubanische | |
| Volkswirtschaft bräuchte täglich 90.000 Barrel. Zugleich geht die Förderung | |
| auf den eigenen Erdölfeldern zurück. Nach offiziellen Daten wurden zuletzt | |
| nur noch drei Millionen Tonnen Öl aus dem Boden geholt. Auch an Strom für | |
| die Pumpen fehlt es. | |
| Der ist überall immer öfter Mangelware. Die Kraftwerke der Insel, alle auf | |
| den fossilen Energieträger ausgerichtet, liefern nur unregelmäßig Strom. | |
| Die Anlagen sind verschlissen, sodass sie spätestens seit den vergangenen | |
| drei, vier Jahren regelmäßig und in kurzen Abständen vom Netz gehen. | |
| Das jüngste Erdöl-Kraftwerk der Insel steht in Matanzas, es heißt „Antonio | |
| Guiteras“ und ist etwas älter als dreißig Jahre. Knapp vierzig Jahre alt | |
| ist die nahe gelegene Anlage von Santa Cruz del Norte. Die beiden | |
| Ölkraftwerke sind die Eckpfeiler der nationalen Versorgung durch Unión | |
| Eléctrica, den staatlichen Energieversorger, der rund 50.000 Mitarbeiter | |
| beschäftigt. Dessen Techniker klagen darüber, dass Ressourcen fehlen, sie | |
| nur eingeschränkt an moderne Ersatzteile herankommen, [2][was zumindest | |
| teilweise auch auf die US-amerikanischen Embargo-Sanktionen] zurückzuführen | |
| ist. | |
| ## Fidels Vermächtnis | |
| Für Energieminister Vicente de la O Levy ist „das Netz angeschlagen“. Diese | |
| Einschätzung teilt auch Omar Everleny Pérez: „Derzeit weiß kaum jemand, ob | |
| der Strommangel auf der Insel durch fehlendes Erdöl oder neue Probleme in | |
| einem oder mehreren der Kraftwerke der Insel bedingt ist.“ Fakt sei, dass | |
| es „in den Provinzen jeden Tag zwölf und mehr Stunden keinen Strom gibt. Es | |
| ist dramatisch, unter welchen Bedingungen gelebt wird“, kritisiert er. | |
| Dabei hatte Fidel Castro 2005 und 2006 die „energetische Revolution“ | |
| ausgerufen. Damals wurden alte Haushaltsgeräte gegen effizientere aus China | |
| ausgetauscht, zusätzliche Generatoren als Puffer bei Kraftwerkshavarien | |
| installiert. Die kostspielige Übergangsmaßnahme ging allerdings nicht | |
| einher mit grundlegenden Investitionen in die Kraftwerks-Infrastruktur der | |
| Insel. Experten hatten damals den Bau von Wind- und Solarparks sowie von | |
| Biomasse-Kraftwerken angeregt. Kuba installierte auch prompt gemeinsam mit | |
| chinesischen Partnern in Gibara ein paar Windräder. Aber eine mittel- und | |
| langfristige Strategie mit dem Fokus auf regenerative Energieträger habe | |
| die Regierung nie implementiert, erklärt Juan Triana, Ökonom an der | |
| Universität Havanna. | |
| Nun soll tatsächlich gegengesteuert werden. Im Juli wurden 21 potenzielle | |
| Standorte für Windkraft vorgestellt, die ersten kubanischen Solarparks sind | |
| in der Region Bayamo ganz im Osten der Insel ans Netz gegangen. In den | |
| kommenden zwei Jahren sollen weitere folgen und dazu beitragen, die | |
| Abhängigkeit Kubas von den fossilen Brennstoffen zu senken. | |
| Aktuell liegt der Anteil der erneuerbaren Energien am Energiemix bei rund 5 | |
| Prozent, er soll aber bis 2030 auf 37 Prozent steigen, so die | |
| optimistischen staatlichen Pläne. Allerdings hatte das Land 2006 und erneut | |
| 2014 schon einmal ähnlich hohe Ambitionen. Die Pläne landeten aber in den | |
| Schubladen. Und damals hätte die Regierung deutlich mehr | |
| Investitionskapital aufbringen können als heute, mahnen Experten wie Triana | |
| oder Pérez. | |
| 12 Nov 2024 | |
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| Knut Henkel | |
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