| # taz.de -- Frankfurter Buchmesse 2024: Buchpreis für Martina Hefter | |
| > Die Leipzigerin Martina Hefter gewinnt für „Hey guten Morgen, wie geht es | |
| > dir?“ den Deutschen Buchpreis. Ihre Romanheldin nähert sich darin einem | |
| > Love-Scammer an. | |
| Bild: Martina Hefter bei der Verleihung des Deutschen Buchpreises am Dienstag i… | |
| Berlin taz/afp/epd | Juno, eine Frau in ihren Fünfzigern, freischaffende | |
| Performancekünstlerin in Leipzig, führt trotz ihres göttlichen Namens ein | |
| sehr irdisches Leben. Sie pflegt ihren Mann Jupiter, einen an Multipler | |
| Sklerose erkrankten Schriftsteller, von dem sie sich zuletzt immer mehr | |
| entfremdete. Nachts chattet sie mit sogenannten Love-Scammern, also | |
| Männern, die sich als gutaussehende Dandys ausgeben, vermeintlich nach | |
| Liebe suchen, aber eigentlich auf ihr Geld aus sind. Sie macht sich einen | |
| Spaß daraus, die Scammer zu scammen, bis einer von ihnen – Benu aus Nigeria | |
| – zu einer Art Alltagsbegleiter für sie wird. Jemand, dem sie ihr Innerstes | |
| anvertraut, während ihre Verbindung zu Jupiter immer schwächer wird. | |
| Der mit dem deutschen Buchpreis ausgezeichnete Roman [1][„Hey guten Morgen, | |
| wie geht es dir?“] erzählt von fragilen menschlichen Beziehungen, von | |
| Sehnsüchten, Ausbeutung, vom Älterwerden, von kraftstrotzenden und von | |
| kranken Körpern. | |
| In ihrer Dankesrede ging die Preisträgerin auf die versuchte Ausgrenzung | |
| von Menschen durch eine Partei ein, deren Namen sie nicht in den Mund | |
| nehmen wollte – sie meinte natürlich die AfD. Das Publikum der | |
| Preisverleihung reagierte mit großem Applaus. | |
| „Hey guten Morgen, wie geht es dir?“ war bereits vor der | |
| Buchpreis-Entscheidung so etwas wie der große Überraschungserfolg dieses | |
| Literaturherbstes. Es wurde von vielen Sympathien getragen. | |
| ## Eine „Kompromissentscheidung“ | |
| Dass der diesjährigen Jury die Entscheidung dennoch nicht leichtgefallen | |
| ist, hat ihre Sprecherin Natascha Freundel auf der Preisverleihung betont; | |
| offenbar musste die Jury intensiv diskutieren über die tatsächlich starke | |
| und mit sehr unterschiedlichen Romanen bestückte Shortlist. Natascha | |
| Freundel rutschte auf der Preisverleihung das Wort „Kompromissentscheidung“ | |
| heraus, was dafür sprechen würde, dass auch andere Bücher der Shortlist | |
| stark ins Kalkül gezogen worden waren – aber Kompromisse müssen ja nichts | |
| Schlechtes sein und sind es in diesem Fall auch nicht. | |
| Außerdem waren [2][in diesem Jahr nominiert]: Maren Kames mit „Hasenprosa“, | |
| Clemens Meyer mit „Die Projektoren“, Ronya Othmann mit „Vierundsiebzig“, | |
| Markus Thielemann mit „Von Norden rollt ein Donner“ und Iris Wolff mit | |
| „Lichtungen“. | |
| „Für die Shortlist des Deutschen Buchpreises 2024 haben wir Romane | |
| ausgewählt, die auf neue Weise Licht und Dunkel unserer jüngeren Geschichte | |
| erkunden, die auch erzählerisch Grenzen überwinden und dabei große | |
| literarische Abenteuer sind“, hatte Jurysprecherin Natascha Freundel | |
| gesagt. Neben ihr waren in der Jury der Literaturkritiker Gerrit Bartels | |
| vom Tagesspiegel, die freie Literaturvermittlerin und Buchhändlerin | |
| Magdalena Birkmann, der Literaturwissenschaftler Torsten Hoffmann von der | |
| Universität Stuttgart, die freie Literaturkritikerin Marianna Lieder, die | |
| Buchhändlerin Regina Moths sowie der Literaturkritiker Klaus Nüchtern vom | |
| Wiener Magazin Falter. | |
| ## Auftakt der Buchmessenwoche | |
| Der Preisträger erhält 25.000 Euro Preisgeld – und die große Chance, mit | |
| seinem Buch einen Bestseller zu landen. Die fünf weiteren Autor*innen, die | |
| nominiert waren, erhalten jeweils 2.500 Euro. | |
| Die begehrte Auszeichnung für deutschsprachige Literatur wird in diesem | |
| Jahr zum 20. Mal vergeben. Die siebenköpfige Jury hat dafür insgesamt 197 | |
| Romane aus Deutschland, Österreich und der Schweiz gesichtet. Die Werke | |
| sind seit Oktober 2023 erschienen. Im vergangenen Jahr hatte der Roman | |
| „Echtzeitalter“ des Österreichers Tonio Schachinger den Buchpreis gewonnen. | |
| Die Verleihung des Buchpreises gilt als Auftakt der diesjährigen | |
| Buchmessenwoche. Am Dienstag wird die bis Sonntag dauernde Buchmesse in | |
| Frankfurt am Main im Beisein von Kulturstaatsministerin Claudia Roth | |
| (Grüne) und Italiens Kulturminister Alessandro Giuli eröffnet. Italien ist | |
| in diesem Jahr Gastland. Ab Mittwoch ist die Messe für Fachbesucher | |
| geöffnet, ab Freitag für das breite Publikum. Zu den Höhepunkten zählt auch | |
| die Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels zum | |
| Messeabschluss am Sonntag. In diesem Jahr wird die US-polnische | |
| Journalistin und Historikerin Anne Applebaum geehrt. | |
| Damit gehen die Gesprächsthemen im Literaturbetrieb jetzt tatsächlich an | |
| die Autor*innen und die Bücher über. Im Vorfeld der Buchmesse hatten | |
| eher die Verlage im Fokus gestanden. Die endgültige Übernahme des | |
| Suhrkamp-Verlages durch den Unternehmer Dirk Möhrle hatte für Aufregung | |
| gesorgt. Darüber hinaus war bekannt geworden, dass Suhrkamp im Jahr 2022 | |
| einen Verlust von 270.000 Euro gemacht hat. Doch für die meisten Beobachter | |
| sieht der Inhaberwechsel zu Möhrle nach einer geordneten Übergabe mit | |
| Perspektiven aus. | |
| Ein Wermutstropfen für Literaturkritiker ist allerdings, dass der legendäre | |
| Kritikerempfang des Verlags in der alten Villa des Verlegers Siegfried | |
| Unseld dieses Jahr nicht stattfinden wird. Das hat allerdings direkt nichts | |
| mit dem Inhaberwechsel zu tun. Die Villa war bereits vor einigen Wochen | |
| verkauft worden, der Empfang fällt deshalb dieses Jahr ersatzlos aus. Im | |
| kommenden Jahr, sagte eine Verlagssprecherin, soll es aber wieder einen | |
| Kritikerempfang oder eine gleichwertige Veranstaltung geben. Ein passender | |
| Ort werde noch gesucht. | |
| 14 Oct 2024 | |
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