# taz.de -- Vater von Hanau-Attentäter verurteilt: „Zweifelsohne rassistisch… | |
> Das Amtsgericht Hanau verurteilt den Vater des Hanau-Attentäters zu einer | |
> Geldstrafe von 21.600 Euro. Die Mutter eines Opfers kritisiert das | |
> Urteil. | |
Bild: Die Mutter von Ferhat Unvar, der in Hanau von Hans Gerd R.s Sohn ermordet… | |
Hanau taz | Der Vater des Hanau-Attentäters, Hans Gerd R., wurde am | |
Donnerstagmorgen vom Amtsgericht Hanau zu einer Geldstrafe von 360 | |
Tagessätzen zu je 60 Euro verurteilt, insgesamt 21.600 Euro. Damit blieb | |
das Gericht unter den Anträgen von Staatsanwaltschaft und Nebenklage. | |
Der 77-jährige Rentner sei „zweifelsohne rassistisch“, erklärte Richterin | |
Clementine Englert in ihrer Urteilsbegründung. Er habe die Menschenwürde | |
von Migranten „böswillig verächtlich gemacht“. Den Mann „wegzusperren�… | |
zwar bequem, aber nicht angebracht, begründete die Richterin ihre | |
Entscheidung für eine „schmerzhafte Geldstrafe“. Er werde vermutlich mit | |
seinen Taten nicht aufhören. Das sei aber „etwas, was die Gesellschaft | |
ertragen muss“. | |
Staatsanwalt Martin Links hatte am Montag für eine Geldstrafe von insgesamt | |
27.000 Euro plädiert. Nebenklageanwalt Markus Künzel, der die Mutter des | |
ermordeten Ferhat Unvar vertritt, forderte eine Freiheitsstrafe von | |
anderthalb Jahren ohne Bewährung. Die Verteidigung hatte auf Freispruch | |
plädiert und argumentiert, ihr Mandant sei durch den Anschlag | |
„traumatisiert“. | |
Dessen Sohn Tobias R. hatte [1][am 19. Februar 2020] in Hanau Ferhat Unvar, | |
Hamza Kurtović, Said Nesar Hashemi, Mercedes Kierpacz, Kaloyan Velkov, Vili | |
Viorel Păun, Fatih Saraçoğlu, Sedat Gürbüz und Gökhan Gültekin aus | |
rassistischen Motiven erschossen. Anschließend tötete er seine Mutter und | |
sich selbst. | |
## Angeklagter bleibt Urteilsverkündung fern | |
Der vorbestrafte Hans Gerd R. war unter anderem wegen der Beleidigung von | |
Opferangehörigen, Verstößen gegen das Gewaltschutzgesetz, Hausfriedensbruch | |
in einer Kita, Störung des öffentlichen Friedens und der Beleidigung von | |
SEK-Polizisten als „Terroreinheit“ angeklagt. Trotz Kontakt- und | |
Näherungsverbot hatte er das Haus von Opfermutter Serpil Temiz-Unvar | |
wiederholt aufgesucht und ihr Briefe geschrieben. | |
Da Hans Gerd R. nicht freiwillig zum ersten Verhandlungstag Anfang | |
September erschienen war, [2][musste er Ende September von der Polizei | |
vorgeführt] werden. Im Gerichtssaal widersetzte er sich den Polizisten, | |
legte sich auf den Boden und blieb dort, abgesehen von wenigen | |
Toilettenbesuchen. Der Prozess wurde anschließend in seiner Abwesenheit | |
fortgesetzt. Auch der Urteilsverkündung blieb er fern. | |
Im Laufe der Verhandlung, die sich über sieben Termine erstreckte, sagten | |
unter anderem ein Polizeibeamter des Gefährdungsmanagements und die | |
psychiatrische Gutachterin Hildegard Müller aus. Müller kam zu dem Schluss, | |
dass Hans Gerd R. zwar unter einer wahnhaften Störung leide, jedoch voll | |
schuldfähig sei und bewusst so agiere. Sie bezeichnete sein Verhalten im | |
Gericht als „Inszenierung“. | |
Der als Zeuge geladene Polizeibeamte hatte berichtet, Hans Gerd R. kurz | |
nach dem Anschlag seines Sohnes im Februar 2020 als „ruhig, aufgeschlossen | |
und freundlich“ erlebt zu haben. Bei einem weiteren Besuch „Ende 2022 oder | |
Anfang 2023“ habe er jedoch festgestellt, dass im Erdgeschoss des Hauses | |
noch immer Blutspritzer, Tatortaufkleber und das Krankenbett der von seinem | |
Sohn ermordeten Ehefrau zu sehen gewesen seien. Dies habe den Eindruck | |
erweckt, dass R. möglicherweise traumatisiert sei. | |
## Opfermutter Serpil Temiz-Unvar unzufrieden mit Urteil | |
Kritik an dem Urteil äußerte Serpil Temiz-Unvar. „Der Vater des Täters | |
stellt weiterhin eine Gefahr für mich, meine Familie und das Zusammenleben | |
in Kesselstadt dar“, sagte sie. „Bedrohungen und Gewalt werden oft erst zu | |
spät ernst genommen“, warnte Unvar. Sie sei über Jahre hinweg trotz | |
Schutzmaßnahmen wiederholt Belästigungen und Drohungen ausgesetzt gewesen. | |
„Leider hindert dieses Urteil den Tätervater nicht daran, seine Bedrohungen | |
fortzusetzen“, so Unvar. Sie betonte, dass der Angeklagte nicht deshalb | |
eine Gefahr darstelle, weil er der Vater des Täters sei, sondern weil er | |
das rassistische und menschenverachtende Gedankengut teile. Warnsignale und | |
bereits ausgeübte Gewalt würden oft ignoriert, bis es zur Tragödie komme. | |
„Dieses strukturelle Versagen kostet Menschenleben“, so Unvar. | |
Nun dürfte der Fall in die nächste Instanz gehen. Die Verteidigung von Hans | |
Gerd R. hat bereits angekündigt, Rechtsmittel einlegen zu wollen. | |
31 Oct 2024 | |
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## AUTOREN | |
Yağmur Ekim Çay | |
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