# taz.de -- Netflix-Serie „Territory“: Seifenoper im Outback | |
> Die australische Serie „Territory“ erzählt im Neo-Western-Style von einer | |
> Rancher-Dynastie – etwas konstruiert, doch man hat Freude an den | |
> Gestalten. | |
Bild: „Territory“ erzählt die Geschichte einer Ranch-Dynastie | |
Im Bemühen, ein nationales Kino zu etablieren, hat die australische | |
Filmindustrie immer wieder [1][die australische Geschichte mit den Mitteln | |
des Western inszeniert]. Gegen Unrecht kämpfende Outlaws wie [2][Ned | |
Kelly], die erfolgreiche Eroberung einer menschenfeindlichen Natur und | |
deren Kultivierung mit einer Agrarindustrie, in deren Zentrum die | |
Rinderzucht steht, sind zentrale Erzählungen, die immer wieder auf die | |
Leinwand gebracht wurden. Das australische Fernsehen hat diese Narrative | |
fortgeführt. Die Serienproduktion ist bis in die Gegenwart davon geprägt. | |
Das gilt auch für die neue australische Netflix-Serie „Territory“. | |
„Territory“ erzählt die Geschichte einer Ranch-Dynastie, deren Gefüge dur… | |
innerfamiliäre Querelen und die Engstirnigkeit des Patriarchen ins Wanken | |
gerät. Robert Taylor, der 2003 schon in „Ned Kelly“ mitwirkte, spielt | |
diesen Colin Lawson, dem alle Mittel recht sind, seine Macht zu wahren. | |
Nach dem mysteriösen Tod seines ältesten Sohnes Dan bricht seine Familie | |
auseinander. Sein zweiter Sohn Graham ist ein kraft- und saftloser | |
Alkoholiker. Die Konkurrenz lauert darauf, sich die Farm einzuverleiben. | |
Einmal mehr liegt der Vergleich mit den Hollywood-Vorbildern nahe. Die | |
Geschichte von der Lawson-Dynastie, die die größte Rinderzucht Australiens | |
besitzt (tatsächlich befindet sich in Australien die größte Rinderranch | |
der Welt), tritt in die Fußstapfen von Taylor Sheridans [3][großangelegter | |
Neo-Western-Serie „Yellowstone“]. | |
Um die Machtspielchen herum inszenieren Regisseur Greg McLean, der [4][mit | |
dem Outback-Horrorfilm „Wolf Creek“] auf sich aufmerksam machte, und sein | |
Kameramann Simon Duggan („Furiosa: A Mad Max Saga“) das Outback, wie die | |
Wildnis Australiens genannt wird, als wild-schönen und erhaben leidenden | |
Antagonisten. Die Ureinwohner kämpfen weiterhin um das Wenige, was ihnen | |
noch geblieben ist. Es entgleitet aber auch zusehends den weißen Männern. | |
Es sind die Frauen, die sich anschicken, die Zukunft zu bestimmen. Zum | |
Guten oder zum Schlechten. Allen voran Emily Lawson, Grahams Frau, die von | |
Anna Torv gespielt wird. Bereits in „The Last of Us“ und „So Long, | |
Marianne“ überzeugte sie mit ungewöhnlichen Frauenfiguren. „Lass sie | |
denken, dass sie bestimmen“, sagt Emilys Tochter Susie einmal zu ihr. Das | |
klingt wie der Slogan für eine neue Machtordnung. Kampflos wird sich die | |
alte aber kaum ergeben. | |
## „Hier legt jeder jeden aufs Kreuz“ | |
Selbstredend geht es auch darum, wie sich die Liebe in diesem Spiel um die | |
Macht behaupten kann. Denn „Territory“ ist auch eine Seifenoper. Darin hat | |
die Liebe schlechte Karten. Immer dann, wenn die positiven Gefühle sich | |
durchgesetzt zu haben scheinen, gibt es doch noch ein Geheimnis, das alles | |
wieder ändern kann. Die Devise der Serie wird von einer den Lawsons | |
feindlich gesinnten Figur auf den Punkt gebracht: „Hier legt jeder jeden | |
aufs Kreuz, wie und wo er nur kann.“ Man könnte sich fragen, wie mehrdeutig | |
das gemeint ist. | |
All diesen Figuren, auch in „Yellowstone“, hat natürlich [5][J. R. Ewing | |
aus der US-Serie „Dallas“] den Weg geebnet. Die Emotionen kochen so hoch | |
wie möglich, da schießt auch schon mal jemand mit dem Colt in sein | |
Fernsehgerät, weil auf der Mattscheibe die Konkurrenz das eigene Ego in | |
Frage stellt. Dramaturgisch wirken die Ränkespiele manchmal etwas bemüht | |
und konstruiert, doch hat man seine Freude an all diesen Gestalten, die | |
nicht wissen, wohin mit sich. Und man muss unbedingt am Ball bleiben, am | |
Ende geht es nämlich drunter und drüber. | |
21 Oct 2024 | |
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## AUTOREN | |
Thomas Klein | |
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