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# taz.de -- Strategiewechsel der Letzten Generation: Protesthochburg Kassel
> Die Letzte Generation rückt einen Flughafen in den Fokus. Gespräche mit
> dem Flughafenverband ADV blieben ergebnislos.
Bild: Die Letzte Generation blockiert als Protest gegen den Flughafen Kassel-Ca…
Kassel taz | Sie blockieren die A49, lassen sich von der Polizei wegtragen
oder hängen Plakate am Regierungspräsidium auf: Statt bundesweit für
Aufmerksamkeit zu sorgen, konzentrieren sich die Klimaaktivist*innen
der Letzten Generation nunmehr ganz auf einen Ort. Die Gruppe hat Kassel
zum neuen Zentrum ihrer Proteste erklärt. Seit gut einer Woche finden dort
verschiedene Aktionsformen gegen den Regionalflughafen Kassel-Calden statt.
Am Mittwoch forderten sie Kassels Oberbürgermeister Sven Schoeller (Grüne)
in [1][einem offenen Brief] zum Gespräch auf.
Der kleine Airport in Nordhessen schreibt seit seiner Eröffnung 2013 rote
Zahlen. Im Jahr 2023 betrug das Defizit laut hessischem Verkehrsministerium
4,98 Millionen Euro. Die Kosten trägt größtenteils das Land Hessen, das mit
68 Prozent größter Anteilseigner des Flughafens ist. Je 14,5 Prozent
entfallen auf die Stadt und den Kreis Kassel, drei Prozent hält die
Gemeinde Calden.
„Eine Flughafenschließung ist eine Win-win-Situation: mehr Steuergelder für
sinnvolle Investitionen und weniger Klimazerstörung“, erklärt
Letzte-Generation-Sprecherin Lina Johnsen, die an den Demonstrationen
beteiligt ist. Sie verlangt von Schoeller als stellvertretendem
Vorsitzenden des Flughafen-Aufsichtsrats, den „ersten Schritt“ in Richtung
Schließung zu wagen.
Die Aktivist*innen drängen den Bürgermeister, den Airport Kassel-Calden
nicht länger mit Steuergeldern am Leben zu halten. Sowohl Bundes- als auch
Regionalpolitiker*innen müssten damit aufhören, in die fossile
Zerstörung des Planeten zu investieren, heißt es in einer Presseerklärung.
## Nutzen des Flughafens ist umstritten
Eine [2][Studie des BUND] aus dem Jahr 2020 bescheinigt dem Flughafen
Kassel-Calden und sechs weiteren Regionalflughäfen, dass ihr Nutzen in
keinem Verhältnis zu dem Schaden steht, den sie verursachen. „Ein Beitrag
zur Konnektivität ist nicht erkennbar“, sagt der hessische
Landesvorsitzende Jörg Nitsch.
„In anderthalb Stunden ist der Frankfurter Flughafen per Zug erreichbar.“
Die Studie empfiehlt gleichsam, den Flughafen Kassel-Calden dichtzumachen.
Im Winterflugplan von November bis Januar gibt es keine regelmäßigen
Verbindungen, nur einzelne Flüge.
Einige Expert*innen werten die Proteste der Letzten Generation rund um
den Regionalflughafen als Strategiewechsel. „Es gibt ja auch andere Gründe
als die Emissionsfrage, diesen Flughafen und die Art und Weise der
dauerhaften öffentlichen Subventionierung kritisch zu sehen“, sagte Dennis
Eversberg, Umweltsoziologe an der Uni Frankfurt, der Hessenschau. „Insofern
empfinde ich das als einen klug gewählten Ort des Protests.“ Er sei
gespannt, ob die Aktionsform der Gruppe in der Öffentlichkeit weiterhin als
nicht zu rechtfertigende Störung wahrgenommen werde.
Für Unmut unter Autofahrenden sorgte jüngst die Blockade der Autobahn A49
mit 40 Aktivist*innen, am Wochenende blockierten mehr als 60 Menschen auf
einer großen Straße in der Kasseler Innenstadt den Verkehr. In der Vorwoche
wurde etwa die Fassade des [3][Flughafen-Terminals] mit der Parole „How
dare you?“ – zu Deutsch: „Wie könnt ihr es wagen?“ beschmiert.
Gespräch mit Flughafenlobby ADV ohne Ergebnis
Um Proteste an Flughäfen ging es auch am vergangenen Mittwoch. Mitglieder
der Letzten Generation haben sich erstmals mit dem Flughafenverband ADV
getroffen, [4][nachdem dieser bereits Anfang August eine Einladung]
ausgesprochen hatte.
Das Gespräch sei „höflich und respektvoll“ verlaufen, allerdings sei der
Eindruck entstanden, dass der ADV nicht wirklich daran interessiert war,
ernsthaft über den notwendigen Strukturwandel des Flugverkehrs in
Deutschland zu sprechen, monierte der Sprecher der Letzten Generation, Rolf
Meyer. Abmachungen oder sonstige Arbeitsergebnisse habe es nicht gegeben.
Kritik entzündet sich in der Debatte an einem Punkt: Bis klimaneutrales
Fliegen möglich sei, müsse laut Meyer darüber gesprochen werden, wie die
Anzahl der Flüge und Flughäfen zurückgefahren werden kann. Davon habe der
ADV, der als Lobbyverband die Interessen der meist staatlichen
Flughafenbetreiber vertrete, nichts wissen wollen.
Der Flughafenverband teilte ebenfalls mit, die Gespräche hätten nicht zu
einer Annäherung der Positionen geführt. Man habe erläutert, wie der
Luftverkehr aus Sicht des Verbandes zur Wohlstandsförderung beitrage, und
Bemühungen zur Emissionsminderung vorgestellt.
Die Flughäfen hätten ihre CO2-Emissionen von 2010 bis 2023 um knapp 60
Prozent reduziert, argumentierte der Verband. Die [5][Aktionen der Letzten
Generation] in den vergangenen Monaten habe man scharf verurteilt, heißt es
in einer Mitteilung.
Davon lässt sich die Gruppe offenbar nicht beeindrucken: Die
Klimaaktivist*innen werden noch einige Zeit in Kassel bleiben, sie
haben sich in einem Protestcamp in der Goetheanlage eingerichtet. Für den
5. Oktober kündigen sie ein „Straßenfest gegen fossile Subventionen“
[6][zusammen mit anderen Umweltgruppen] an. Am 12. Oktober rufen sie erneut
zu einer ungehorsamen Protestversammlung auf.
4 Oct 2024
## LINKS
[1] https://letztegeneration.org/pm/38439/
[2] https://www.bund-hessen.de/pm/news/bund-studie-sieben-von-14-regionalflugha…
[3] https://www.hessenschau.de/panorama/klima-protest-am-flughafen-kassel-calde…
[4] /Letzte-Generation-trifft-Airport-Verband/!6029862
[5] /Klimaaktivist-gewinnt-vor-Gericht/!6037156
[6] /Globaler-Klima-Aktionstag/!6034499
## AUTOREN
Maximilian Arnhold
## TAGS
Letzte Generation
Flughafen
Blockade
Klimaschutzziele
Subventionen
Schwerpunkt Klimawandel
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Kassel
IAA
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