| # taz.de -- Alfred-Wegener-Institut verliert Leitung: Tiefseeforscherin geht na… | |
| > Antje Boetius verlässt das AWI in Bremerhaven, um in Kalifornien das | |
| > renommierte Mbari zu leiten. Portrait einer Wissenschaftlerin, die | |
| > erzählen kann. | |
| Bild: Taucht unter und erzählt davon: Die Tiefseeforscherin Antje Boetius | |
| Bremen taz | Piratin wollte Antje Boetius mal werden: Abenteuer erleben, | |
| Neues entdecken, unterwegs sein auf dem Meer, kämpfen (für das Gute, so wie | |
| Robin Hood). Aus der Idee wurde nichts. [1][„Ich habe schnell begriffen], | |
| dass als Mädchen das Piratinnen-Sein nicht sonderlich perspektivenreich | |
| ist“, sagt sie. Geworden ist sie nun: Meeresbiologin, Polarforscherin, | |
| Expeditionsreisende, Mahnerin für mehr Klimaschutz. | |
| Seit 2017 leitet Boetius das Alfred-Wegener-Institut (AWI) in Bremerhaven. | |
| So ganz weit nach oben auf der wissenschaftlichen Karriereleiter geht es | |
| von dem [2][renommierten Institut] mit seinen 1.200 Mitarbeitenden gar | |
| nicht mehr. | |
| Ein bisschen aber schon: Ab kommendem Mai übernimmt die Meeresbiologin die | |
| Leitung der Monterey Bay Aquarium Research Initative (Mbari) in | |
| Kalifornien. Ein Match: Spezialisiert ist das Mbari auf Tiefseeforschung, | |
| Boetius’ Forschungsfeld. Sie selbst hat in den Neunzigern dort studiert, | |
| kooperiert regelmäßig mit dem Institut, hat Freunde vor Ort. | |
| Und natürlich, selbstverständlich, will das Mbari Antje Boetius. | |
| Wissenschaftlich beschäftigt sie sich seit 30 Jahren mit Mikrolebewesen am | |
| Grund der Tiefsee. Wir verdanken ihr [3][Erkenntnisse darüber, wie | |
| Bakterien und Urbakterien dort Methan] verarbeiten – ein wichtiger Aspekt, | |
| um zu verstehen, warum der Klimawandel im Meer nicht noch viel schneller | |
| voranschreitet. 2009 erhielt sie dafür den Leibniz-Preis, den wichtigsten | |
| Forschungsförderpreis in Deutschland. | |
| ## Immer raus aufs Meer | |
| Boetius’ Karriereweg liest sich glatt. Tatsächlich aber sei ihr Lebenslauf | |
| zu großen Teilen von Zufällen geprägt gewesen, sagte Boetius im vergangenen | |
| Jahr [4][in einem Arte-Podcast:] „Die treibende Kraft war immer die nächste | |
| Expedition.“ Raus aufs Meer also. Wenn möglich: unters Meer. | |
| Bis in 3.500 Meter Tiefe konnte Boetius bei Forschungsreisen tauchen. Sie | |
| weiß, wie man davon erzählen muss: Sie beschreibt, wie das Licht langsam | |
| schwindet, wie bei 500 Metern unter Null das Leben zu funkeln anfängt und | |
| wie berührend es ist, wenn ein Tintenfisch in der Tiefsee auf eine | |
| Discokugel reagiert. | |
| An 50 großen Expeditionen aufs Meer hat sie mittlerweile teilgenommen, | |
| wochen-, monatelang war sie jeweils unterwegs. Mittlerweile meist in der | |
| Rolle der Koordinatorin, die im Auge behalten muss, dass alle | |
| Wissenschaftler*innen an Bord ihre Experimente durchführen können, | |
| egal, wie oft auf See dafür umgeplant werden muss. Ein gewaltiger | |
| Koordinationsakt. | |
| Selbst weiter geforscht hat sie währenddessen trotzdem, und das mit einem | |
| unfassbaren Output: Ihr sogenannter h-Index bei Google Scholar, der | |
| wissenschaftlichen Einfluss messen soll, beträgt immense 88. Das heißt, | |
| dass von ihren veröffentlichten Arbeiten 88 Stück jeweils schon mindestens | |
| 88 mal von Kolleg*innen zitiert worden sind. | |
| Ihr Wissen über Meer und Tiefsee bringt die Uniprofessorin in politischen | |
| Gremien ein – und in die Bildungsarbeit, vor Stahlarbeitern und | |
| Schulkindern, in Talkshows und Interviews. Sie sensibilisiert für den | |
| Klimawandel und versucht, Begeisterung zu wecken für das Unerforschte. | |
| [5][Erfrischend erzählen kann sie] in diesen Gesprächen! Auch auf | |
| geschlossene Ja/Nein-Fragen gibt es von ihr noch eine Geschichte, eine | |
| nicht schon hundertmal gehörte Meinung, eine Erkenntnis zur Welt. | |
| Am meisten nehme sie selbst von diesen Begegnungen mit, sagt sie – weil sie | |
| merke, wie viele vernünftige, interessierte, begeisterungsfähige Menschen | |
| existieren. Es ist wohl diese Überzeugung, die ihr auch Mut gibt, dass die | |
| Menschheit noch gute Antworten auf die Klimakrise finden werde: „Wir haben | |
| ja gar keine andere Wahl.“ | |
| 18 Oct 2024 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Biologie-auf-oder-unter-dem-Meer/!5217801 | |
| [2] /Wissensort-Alfred-Wegener-Institut/!5858035 | |
| [3] /Antje-Boetius-ist-fasziniert-von-der-Tiefsee/!5457915/ | |
| [4] https://www.youtube.com/watch?v=Om4cQJllNU0 | |
| [5] /Biologie-auf-oder-unter-dem-Meer/!5217801 | |
| ## AUTOREN | |
| Lotta Drügemöller | |
| ## TAGS | |
| Meeresbiologie | |
| Schwerpunkt Klimawandel | |
| Bremerhaven | |
| Wissenschaft | |
| Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung | |
| Naturschutz | |
| Polarstern | |
| Schwerpunkt Klimawandel | |
| Schwerpunkt Klimawandel | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Weltbiodiversitätskonferenz: Die Vielfalt der Welt retten | |
| Im kolumbianischen Cali verhandeln 196 Staaten konkrete Maßnahmen zum | |
| Schutz der Natur – und wer dafür wie viel bezahlt. | |
| Wissensort Alfred-Wegener-Institut: Die Zukunftsforscher*innen | |
| Wissenschaft gegen den Klimawandel: Das Alfred-Wegener-Institut Bremerhaven | |
| ist eines der wichtigsten marin orientierten Institute für Polarforschung. | |
| Meeresbiologin über Rettung der Ozeane: „Verzicht rettet die Welt nicht“ | |
| Polar- und Tiefseeforscherin Antje Boetius sieht noch Chancen, die | |
| Weltmeere vor den Folgen des Klimawandels zu schützen – und damit die | |
| Menschheit. | |
| Meeresbiologin erhält Umweltpreis: Die Königin der Tiefsee | |
| Die Tiefseeforscherin Antje Boetius beschäftigt sich mit den Meeren und dem | |
| Klimawandel. Nun erhält sie dafür den Deutschen Umweltpreis. |