# taz.de -- Gentrifizierung in Berlin-Friedrichshain: Minimarkt trotzt der Verd… | |
> Ein kleiner Laden in Friedrichshain sollte zu Ende Oktober dicht machen. | |
> Eine Initiative von Anwohner*innen stemmte sich dagegen – mit Erfolg. | |
Bild: Friedrichshain – seit vielen Jahren ein Epizentrum der Gentrifizierung | |
Berlin taz | Eine gelbgestreifte Türkise, darunter Kisten voller Obst und | |
Gemüse in allen Größen und Farben, drinnen das Übliche: Auf den ersten | |
Blick unterscheidet sich Loan’s Supermarkt in der Grünberger Straße 22 in | |
Friedrichshain wenig von anderen kleinen inhabergeführten Läden. Und noch | |
etwas hatte er bis vor kurzem mit vielen Minimärkten in Berlin gemeinsam: | |
Er war akut von Verdrängung bedroht. | |
Seit 25 Jahren betreiben Frau Loan und Herr Son ihren Laden. Und alles sah | |
danach aus, als wäre zu Ende Oktober Schluss mit dem Einzelhandel an diesem | |
Standort. [1][Der Gewerbemietvertrag von Loan's Supermarkt lief aus und | |
wurde nicht verlängert]. Nach geltendem Gewerbemietrecht braucht es dafür | |
nicht einmal eine Begründung – ein massives Problem für viele | |
Gewerbetreibende. Doch in diesem Fall gab es Protest. | |
Als die Initiative „Weberwiese – das Milieu sind wir“ von dem Aus für | |
Loan's Supermarkt Wind bekam, startete sie einen Aufruf zur Rettung des | |
Ladens und sammelte Unterschriften. Mit Erfolg. Der Eigentümer des Hauses | |
lenkte ein. | |
Die Initiative wehrt sich gegen die Verdrängung von Altmieter*innen in | |
den Quartieren zwischen Warschauer Straße, Frankfurter Tor und Ostbahnhof. | |
Dass sie sich beim Kampf gegen die weitere Gentrifizierung des Kiezes auch | |
für das Geschäft in der Nachbarschaft einsetzen, sei selbstverständlich | |
gewesen, sagt ein Sprecher: „Es handelt sich um einen der wenigen Läden, wo | |
wir die Dinge des täglichen Bedarfs kaufen können.“ | |
## „Das wäre in einer Kaufhalle undenkbar“ | |
Dazu gehört auch Erika Fischer, die mit mehreren vollgepackten Beuteln | |
unter der Markise steht und gerade zur Kasse will. Sie kaufe hier jeden Tag | |
frisches Obst und Gemüse, sagt sie. „Hier kann ich mir die Ware selbst | |
aussuchen, und die Verkäuferin ist immer so freundlich“, fügt sie noch | |
hinzu, bevor sie im Laden verschwindet. | |
Bruno hat etwas mehr Zeit. Er hat gerade mehrere Flaschen Bier gekauft. | |
„Ich wohne ganz in der Nähe und komme manchmal mehrmals am Tag in den | |
Laden, wenn ich sehe, dass Getränke oder Tabak fehlen“, sagt der | |
Mittdreißiger. Er wolle nicht erst zum nächsten Supermarkt laufen. Der sei | |
zwar auch fußläufig erreichbar. Allerdings dauere ihm der Einkauf dort | |
wegen der Schlangen an den Kassen viel zu lange. | |
Tina, eine Freundin von Bruno, stimmt ihren Nachbarn zu. „Frau Loan hier an | |
der Kasse kennt mich als Kundin, und einmal, als ich meine Geldbörse | |
vergessen hatte, konnte ich meine Waren mitnehmen und am nächsten Tag | |
zahlen. Das wäre doch in der Kaufhalle undenkbar“, sagt sie über ihren | |
„Lieblingssupermarkt“. Wie Bruno hat auch Tina den Aufruf der Initiative | |
sofort unterschrieben. | |
## Unterstützung von den Grünen | |
Unterstützung für den Erhalt des Standorts kam auch von den Grünen. So | |
hatte Katrin Schmidberger, die Sprecherin für Mieten und Wohnen der | |
Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus, in einem Brief an den Hauseigentümer | |
um ein Gespräch gebeten, um Möglichkeiten für den Erhalt des Supermarkts | |
auszuloten. Schmidberger sagt: „Ich finde es enorm wichtig, dass sich auch | |
Anwohner*innen hier engagieren.“ | |
Die Antwort des Eigentümers war nicht sonderlich ermutigend. Die | |
Räumlichkeiten bedürften einer Renovierung, damit sie weiter vermietet | |
werden können, schrieb er. Auf die Forderung nach Verlängerung des | |
Mietvertrages für die bisherigen Betreiber*innen sei er gar nicht | |
eingegangen, so Schmidberger. | |
Nun also die Kehrtwende. Für Frau Loan und Herrn Son geht es dabei nicht | |
zuletzt um ihre Altersversorgung. Denn die beiden Betreiber*innen planen | |
schon länger, sich aus dem Geschäft zurückzuziehen. Das Inventar sollte an | |
einen Nachfolger verkauft werden. Bei einer Vertragskündigung inklusive | |
anschließender Sanierung hätten sie keinen Nachfolger und damit auch keinen | |
Cent gesehen. Inzwischen wird der Nachfolger von der Eigentümerseite | |
akzeptiert. | |
2 Oct 2024 | |
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## AUTOREN | |
Peter Nowak | |
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