# taz.de -- Gentrifizierung in Kreuzberg: Kiezpraxis wird verdrängt | |
> Ein Praxisteam am Schlesischen Tor fliegt nach 40 Jahren aus ihren | |
> Räumen. Für viele Patient*innen ist die medizinische Versorgung in | |
> Gefahr. | |
Bild: Selbst Arztpraxen können in Berlin einen schweren Stand auf dem Mietmark… | |
BERLIN taz | Wer die [1][Homepage der Gemeinschaftspraxis] am Schlesischen | |
Tor besucht, wird nicht nur über die medizinischen Leistungen der | |
Ärzt*innen informiert. Dort ist auch zu erfahren, dass die Kiezpraxis, | |
die seit 40 Jahren in Kreuzberg ihr Domizil hat, erneut akut von | |
Verdrängung bedroht ist. „Unser Standort ist bedroht, weil die Vermieterin, | |
die mittlerweile luxemburgische BR Rhein S.à.r.l., unseren Mietvertrag | |
langfristig nicht verlängern will“, heißt es dort. | |
„Wir müssen nun definitiv raus und suchen intensiv nach Räumlichkeiten“, | |
sagt Volker Westerbarkey, Facharzt des Praxisteams, zur taz. Dass die | |
Ärzt*innen überhaupt noch Patient*innen behandeln können, ist der | |
Erfolg einer [2][monatelangen Kampagne]. Denn eigentlich sollte die Praxis | |
schon zum Jahresende 2023 verschwinden. Unter dem Motto „Kiezpraxis muss | |
bleiben“ setzten sich Patient*innen, aber auch Stadtteilinitiativen dafür | |
ein, dass die Kündigung zurückgenommen wird. | |
Doch es konnte nur ein Aufschub von sechs Monaten erreicht werden. Nun soll | |
die Praxis Ende Juni raus. Aktuell verhandelt sie noch mit den Eigentümer | |
über einen weiteren Aufschub, bis neue Räumlichkeiten in Kreuzberg gefunden | |
sind. Das dürfte bei den derzeitigen Gewerbemieten schwer werden. | |
## Existenzielles suchtmedizinisches Angebot | |
Warum die Praxis in Kreuzberg bleiben will? „Unsere Patient*innen sind | |
alteingesessene und neue Kreuzberger*innen, Expats aus aller Welt, Menschen | |
der schwulen, lesbischen und queeren Communities, Menschen ohne Papiere, | |
Tourist*innen, Menschen, die Drogen gebrauchen, Heroinabhängige in | |
Opiatsubstitutionstherapie und viele mehr“, sagt der Mediziner | |
Westerbarkey. „Ohne die Kiezpraxis ist ihre regelmäßige medizinische | |
Versorgung in Gefahr.“ | |
Seine Kollegin Stella Begrich weist dann auch auf ihr suchtmedizinisches | |
Angebot hin, das [3][angesichts der Drogenkrise gerade in Kreuzberg] für | |
nicht wenige Menschen existenziell ist. | |
Die Kreuzberger Stadtteilinitiative Bizim Kiez setzt sich ebenfalls für den | |
Verbleib der Kiezpraxis ein. Sie fordert von der Politik Maßnahmen, damit | |
die wichtige gesundheitliche Grundversorgung in der Stadt nicht durch | |
Kündigungen aus Profitgründen bedroht wird. Das liegt jedoch nicht allein | |
beim Senat, denn die Anpassung des Gewerbemietrechts ist Sache der | |
Bundespolitik. | |
23 May 2024 | |
## LINKS | |
[1] https://www.praxis-schlesisches-tor.de | |
[2] /Drogenkiez-in-Kreuzberg/!5968318 | |
[3] /Crack-breitet-sich-aus/!5973785 | |
## AUTOREN | |
Peter Nowak | |
## TAGS | |
Verdrängung | |
Gesundheitswesen | |
Berlin-Kreuzberg | |
Gewerbemieten | |
Social-Auswahl | |
Drogen | |
Kolumne Bewegung | |
Schwerpunkt Gentrifizierung in Berlin | |
Drogenkonsum | |
Drogen | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Drogenmissbrauch in Deutschland: So viele Tote wie noch nie | |
Die Zahl der Toten in Deutschland durch eine Überdosis steigt laut | |
Statistik auf ein Rekordhoch. Das Durchschnittsalter liegt bei 41 Jahren. | |
Bewegungstermine in Berlin: Wieder ungemütlich werden | |
Die Wohnungsfrage ist ungelöst, sie ernsthaft zu bekämpfen, wird nicht mal | |
mehr versucht. Die Bewegung muss mal wieder alles selber machen. | |
Verdrängung in Kreuzberg: Widerständiges Gassigehen | |
Protest mit Gebell: Rund 30 Hunde gehen in Kreuzberg auf die Straße, um | |
gegen die Kündigung des Tierfuttergeschäfts „Hundekuss 36“ zu | |
demonstrieren. | |
Crack breitet sich aus: Höllisch high | |
Immer mehr Menschen rauchen Crack. Das hat drastische Folgen für | |
Konsumierende und Sozialarbeiter:innen. | |
Drogenkiez in Kreuzberg: Investor will Suchtpraxis loswerden | |
Ein Ärzt*innenteam am Schlesischen Tor in Kreuzberg behandelt auch und | |
vor allem Menschen mit Drogensucht. Nun soll die Praxis nach 40 Jahren | |
raus. |