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# taz.de -- Nach dem Fährunglück in der DR Kongo: Keine Totenruhe
> Eine Woche, nachdem eine volle Fähre vor dem Hafen von Goma sank,
> streiten Behörden und Hinterbliebene. Über 500 Menschen werden noch
> vermisst.
Bild: In Goma nach dem Fährunglück: Hunderte von Menschen haben Angehörige v…
Berlin taz | Es sollte ein Tag der Trauer werden, es wurde ein Tag des
Protests. Mit Lavasteinen und brennenden Autoreifen legten junge Männer am
Mittwoch die Millionenstadt Goma im Osten der Demokratischen Republik Kongo
lahm, als dort die ersten Opfer des [1][Fährunglücks vom 3. Oktober]
offiziell beigesetzt werden sollten. Wütende Hinterbliebene versammelten
sich vor der städtischen Leichenhalle und verlangten die Herausgabe der
Toten, um sie im Familienkreis zu beerdigen.
Das Fährschiff „MV Merdi“ war am vergangenen Donnerstag bei der Einfahrt in
den [2][Hafen von Goma] in stürmischen Gewässern umgekippt und sofort
gesunken. Es kam aus der Kleinstadt [3][Minova] am Westufer des Kivu-Sees
und hatte nach Angaben von Überlebenden mehrere Hundert Menschen an Bord.
Eine gigantische Rettungsaktion folgte – das Unglück ereignete sich in
Sichtweite des Hafens – aber Rettungskräfte bargen nach offiziellen Angaben
nur 34 Tote und 80 Überlebende.
Da stellt sich die Frage, ob nicht der Großteil der Passagiere einfach
verschollen ist. Schon am Tag des Unglücks war eigentlich von 78 Toten die
Rede gewesen. Die Bergungsarbeiten sind mittlerweile eingestellt, aber seit
Tagen gehen in Goma Gerüchte um, wonach es viel mehr Leichen gibt, die aber
von den Behörden zurückgehalten werden. Als Grund wird vermutet: Der Staat
hat zugesagt, die Hinterbliebenen zu entschädigen – und wolle daher deren
offizielle Zahl möglichst klein halten.
Eine weitere Mutmaßung: Hunderte Tote befinden sich noch im gesunkenen
Schiffswrack. 623 Menschen seien mittlerweile als Passagiere des Schiffes
identifiziert, [4][sagte am Mittwoch] Néhémie Habajuwe, Sprecher der
Überlebenden. Er selbst habe 27 Angehörige verloren.
Einem Bericht zufolge vermissen allein in der Gemeinde Buzi außerhalb von
Minova 500 Familien Angehörige unter den Schiffspassagieren. Nur 30
Familien insgesamt sind aber in den amtlichen Planungen, die auf 34 Toten
basieren, als Hinterbliebene anerkannt.
## Das Schiff liegt in 200 Metern Tiefe
Alle Toten zu bergen, wäre schwierig. Das gesunkene Schiff liegt jetzt in
geschätzt 200 Metern Tiefe – der Kivu-See fällt an seinen Ufern steil ab –
und dafür fehlt in Goma die nötige Ausrüstung. Dazu kommt: Die Gewässer
dieses Sees bergen [5][erhebliche Mengen Methangas und Kohlendioxid] aus
vulkanischen Quellen am Boden. Das Gas ruht ab rund 150 Meter Tiefe, je
tiefer, desto konzentrierter. Wenn man es stört, steigt es an die
Oberfläche und kann dann entweder explodieren oder weiträumige Erstickungen
verursachen.
Erschwerend kommt hinzu, dass Goma die Hauptstadt der Provinz Nord-Kivu
ist, die seit 2021 unter Kriegsrecht steht und vom Militär regiert wird,
aber Minova in der Nachbarprovinz Süd-Kivu liegt, das eine gewählte zivile
Provinzregierung hat.
Süd-Kivus Provinzgouverneur Jean-Jacques Purusi reiste nach Goma für die
Trauerfeiern, und ihm gelang es, die Hinterbliebenen zu beruhigen: Vor den
Toren des städtischen Krankenhauses sicherte er ihnen zu, sie dürften ihre
Toten abholen. Eigentlich wäre die Militärregierung von Nord-Kivu
zuständig.
9 Oct 2024
## LINKS
[1] /Bootsunglueck-in-Kongo/!6040777
[2] https://lca.logcluster.org/democratic-republic-congo-216-democratic-republi…
[3] /Fluechtlinge-im-Kongo/!5089708
[4] https://www.rfi.fr/fr/afrique/20241009-naufrage-lac-kivu-en-rdc-le-nombre-d…
[5] /Methan-Foerderung-in-Kongo-und-Ruanda/!5136105
## AUTOREN
Dominic Johnson
## TAGS
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Goma
Nord-Kivu
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