| # taz.de -- Krieg im Nahen Osten: Die Hisbollah entwaffnen | |
| > Im Libanon stellt eine aus Teheran finanzierte Terrororganisation die | |
| > stärkste militärische Macht. Ohne die Hisbollah wäre ein Frieden längst | |
| > möglich. | |
| Bild: Trümmerfeld: Rauch steigt vom Ort eines israelischen Luftangriffs in Bei… | |
| Es sind düstere Tage für den Nahen Osten. Viele ZivilistInnen wurden schon | |
| getötet, und es werden vermutlich noch viele mehr. Niemand hat die seit | |
| Monaten befürchtete Ausweitung des Kriegs verhindert. Der anklagende | |
| Zeigefinger richtet sich jetzt auf Israel. Benjamin Netanjahu, so der | |
| Vorwurf, der in Israel und weltweit laut wird, heize die Gewalt an. Nur | |
| solange die Kriege im Gazastreifen und im Libanon andauerten, das sei | |
| [1][Netanjahus Kalkül], sei auch seine Macht gesichert. Das mag stimmen. Es | |
| ist aber nur der eine Teil der Wahrheit. | |
| Der furchtbare [2][Krieg im Gazastreifen], der auf das [3][Massaker], der | |
| palästinensischen Terrororganisation Hamas am 7. Oktober vergangenen Jahres | |
| in Israel folgte, ist für die libanesisch-schiitische Terrororganisation | |
| Hisbollah erklärtermaßen Grund für den seither andauernden Beschuss auf | |
| Israels Norden. Aus Solidarität mit den PalästinenserInnen sollen die | |
| Angriffe aus dem Libanon fortgesetzt werden, solange der Krieg im | |
| Gazastreifen andauert. Dahinter steckt jedoch ein nicht weniger kaltes | |
| Kalkül aufseiten der Hisbollah. | |
| Die Kooperation der beiden Terrororganisationen, deren Kampf gegen Israel | |
| unterschiedlich beurteilt werden sollte, stützt sich keinesfalls auf | |
| gegenseitige Liebe – Sunniten und Schiiten betrachten einander als | |
| Ungläubige. Beide Terrororganisationen verfolgen das Ziel, die jüdischen | |
| Menschen aus Israel zu vertreiben. Unterschiedlich ist ihre Motivation. Die | |
| Hamas kämpft für die Befreiung des aus ihrer Sicht palästinensischen Landes | |
| „from the river to the sea“, Israel inbegriffen. | |
| Sie ist eine antizionistische Terrorgruppe, keine antisemitische. Juden und | |
| Jüdinnen, die nicht in Israel oder in den palästinensischen Gebieten leben, | |
| sind für sie keine Gegner. Nicht so die Hisbollah, die global agiert – und | |
| zwar nicht nur, um Spenden zu sammeln oder Waffen einzukaufen, wie es die | |
| Hamas auch tut. Sie geht weltweit mit [4][Terror gegen jüdische Menschen] | |
| vor. | |
| ## Verlogene Solidaritätsbekundungen | |
| Anders als in Gaza und dem [5][Westjordanland] sind die Menschen im Libanon | |
| keinerlei Menschenrechtsverletzungen durch israelische | |
| BesatzungssoldatInnen oder SiedlerInnen ausgesetzt. Seit Israel die | |
| Truppen im Sommer 2000 aus dem Südlibanon abgezogen hat, gibt es keinen | |
| relevanten Gebietsstreit zwischen den beiden Nachbarstaaten. Die Besatzung | |
| ist lange vorbei. | |
| Die Solidarität mit den PalästinenserInnen, die sich die Hisbollah auf die | |
| Fahnen schreibt, entlarvt sich spätestens mit Blick auf die | |
| Flüchtlingslager im Libanon als heuchlerisch. Seit mehr als 70 Jahren leben | |
| dort PalästinenserInnen, inzwischen schon in der dritten und vierten | |
| Generation, ohne staatsbürgerliche Rechte. Sie dürfen nicht an Wahlen | |
| teilnehmen, zahlreiche Berufe bleiben ihnen verwehrt. PalästinenserInnen, | |
| ob im Gazastreifen, im Westjordanland oder eben auch im Libanon, sind der | |
| Hisbollah völlig egal. Die Zerstörung Israels ist ihre Raison d’Être. | |
| Israel führt keinen Krieg gegen den Libanon, sondern gegen eine | |
| Terrororganisation, die von den Ajatollahs gut 3.000 Kilometer weit weg in | |
| einen Kampf geschickt werden, der nicht sein muss. Ajatollahs, die daheim | |
| [6][Frauen in die Gefängnisse stecken], vergewaltigen und foltern lassen, | |
| weil sie kein Kopftuch tragen; die Hamas-Terroristen mitfinanzieren und | |
| Geld in den Jemen schicken, damit auch die Huthis von Zeit zu Zeit eine | |
| Rakete nach Tel Aviv schicken können. | |
| Die Hisbollah und der Iran sind ein und derselbe Gegner für Israel. Aus dem | |
| Iran kommen Waffen, Geld, militärisches Know-how und entsprechend | |
| Handlungsanweisungen. Dass Teheran die Raketenangriffe gegen Israel als | |
| einen „[7][Akt der Selbstverteidigung]“ bezeichnet, spricht für sich. Wer | |
| die furchtbare Eskalation im Nahen Osten in diesen Tagen deshalb allein auf | |
| das politische Kalkül Netanjahus zurückführt, geht dem inszenierten | |
| Solidaritätsnarrativ der Hisbollah auf den Leim. | |
| ## Die libanesische Armee stärken | |
| Dass es zu einer Eskalation kam, kommen musste, ist aber auch zugleich ein | |
| Versagen der internationalen Gemeinschaft, der Unifil (United Nations | |
| Interim Force) und auch der deutschen Marine, die seit 2006 vor der | |
| libanesischen Küste stationiert ist. Mit dem damaligen | |
| Waffenstillstandsabkommen lautete ihr Auftrag, [8][eine Aufrüstung der | |
| Hisbollah zu unterbinden] und zeitgleich die libanesische Regierung und | |
| Armee zu unterstützen. An dieser Mission sind alle gescheitert. | |
| Stattdessen hat man zugesehen, wie die Terroristen ihre Raketenlager | |
| auffüllen. Die internationale Gemeinschaft steht in der Pflicht, die | |
| Terroristen im Libanon, die sich feige in Wohngebieten, unter Schulen und | |
| Krankenhäusern verstecken, zu entwaffnen. Um Frieden zwischen den beiden | |
| Nachbarstaaten möglich zu machen, darf es im Libanon nur noch eine | |
| bewaffnete Macht geben: die libanesische Armee. | |
| 4 Oct 2024 | |
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| [7] /Krieg-in-Nahost/!6040533 | |
| [8] https://documents.un.org/doc/undoc/gen/n06/465/03/pdf/n0646503.pdf | |
| ## AUTOREN | |
| Susanne Knaul | |
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