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# taz.de -- Bewerbung um den Grünen-Parteivorsitz: Linke Grüne gehen knapp in…
> Kein Durchmarsch für Robert Habeck: Der linke Parteiflügel ist mit den
> jüngsten Personalien zufrieden. Um den Kurs der Partei gibt es dennoch
> Sorgen.
Bild: Wollen die Neuen an der Spitze der Grünen werden: Felix Banaszak und Fra…
Berlin taz | Die Veranstaltung war perfekt getimt, auch wenn das niemand so
geplant hatte. In Berlin kamen am Samstag mehr als 200 Mitglieder des
linken Flügels der Grünen zusammen, Funktionär*innen wie
Basismitglieder, um über die Lage ihrer Partei zu debattieren. Zum ersten
Mal seit dem Ende der Coronapandemie fand eine solche Runde wieder in
Präsenz statt.
Und unverhofft gab es nach den vorangegangenen Tagen eine Menge zu
besprechen: Der bisherige Parteivorstand hatte am Mittwoch [1][seinen
Rücktritt angekündigt], der neue [2][steht in den Startlöchern]. Und dann
ist da ja noch die Grüne Jugend, [3][deren Bundesspitze der Partei den
Rücken kehrt] und eine neue Organisation gründet. Mittlerweile ist klar:
Mehrere Landesvorstände wie NRW und Bayern schließen sich aus Protest gegen
den Mittekurs der Grünen an.
Was macht man da als linker Flügel? Erst mal: Wunden lecken. Zum Auftakt
der nicht öffentlichen Konferenz in Berlin sprachen die scheidenden
Vorstandsmitglieder Ricarda Lang und Emily Büning. Nach Angaben von
Teilnehmenden ein emotionaler Programmpunkt, der mit Standing Ovations
endete.
Danach: Selbstkritik üben. Dass die Grünen in den letzten Regierungsjahren
viele schmerzhafte Kompromisse eingegangen sind und aktuell in der
Migrationspolitik etliche Verschärfungen mittragen, kreidet man auch der
eigenen Schwäche an. In der Aussprache war Anwesenden zufolge immer wieder
Thema, dass der linke Flügel zuletzt nicht gut funktioniert habe und den
[4][Kurs von Vizekanzler Robert Habeck zu oft stützte]. Das solle sich in
Zukunft ändern.
## Skepsis gegenüber Brantner
Einen Erfolg gab es jetzt zumindest schon mit Blick auf das Personaltableau
für den neuen Bundesvorstand, das sich in den letzten Tagen abzeichnete.
Skepsis habe es am Samstag zwar gegenüber Franziska Brantner gegeben, die
als Vertreterin des Realo-Flügels Bundesvorsitzende werden möchte, hieß es.
Während manche Parteilinke sie loben und ihr zutrauen, integrativ zu
wirken, befürchten andere, sie wolle in der Parteizentrale Habecks
Positionen durchfechten. „Wenn sie auf dem Parteitag ein gutes Ergebnis
holen möchte, muss sie vorher Signale in den linken Flügel senden, dass sie
Vorsitzende der gesamten Partei werden will“, sagte eine Teilnehmerin des
Flügeltreffens.
Unterm Strich haben die Linken mit den Wechseln im Bundesvorstand trotzdem
ein gutes Geschäft gemacht. Brantner war bis vergangene Woche noch als
Wahlkampfmanagerin eingeplant. Zusammen mit Parteichef Omid Nouripour wären
im Wahljahr in der Zentrale also zwei Realo-Vertreter*innen an
entscheidender Stelle gesessen. Nun könnte es bei Brantner alleine bleiben.
Denn seit Freitag ist ja auch klar: Als Co-Vorsitzender kandidiert der
Abgeordnete Felix Banaszak. Wahlkampfmanager soll Fraktionsvize Andreas
Audretsch werden. Beide entstammen dem linken Flügel. Dass alle drei
Genannten die Posten auch tatsächlich bekommen, ist wahrscheinlich: Sie
treten als Team an, und die Personalien waren flügelübergreifend
abgestimmt. Prominente Gegenkandidaturen sind also nicht zu erwarten.
Bleibt noch ein vakanter Posten, und zwar der des Politischen
Geschäftsführers. Parteilinke gehen davon aus, dass auch dieser Posten wie
bisher aus ihren Reihen besetzt wird – womit es an der Spitze künftig 3:1
statt wie bisher 2:2 stehen würde.
## Und die Parität?
Auf der Konferenz am Samstag meldete sich in der Aussprache Sven Giegold zu
Wort und brachte sich für das Amt ins Spiel. Das kam für manche
überraschend, wurde aber positiv aufgenommen: Auch wenn Giegold bislang
Staatssekretär in Habecks Wirtschaftsministerium ist, wird er nicht als
dessen Gesandter wahrgenommen. „Er ist inhaltlich einer unserer klügsten
Köpfe und lässt sich auch nicht so schnell die Butter vom Brot nehmen“,
sagte ein anderer Parteilinker über Giegold.
Wenn der ehemalige Attac-Mann den Job am Ende wirklich macht, gibt es nur
an anderer Stelle ein Problem: Laut Satzung muss der Vorstand
geschlechterparitätisch besetzt sein. Letztlich wäre vielleicht kein Platz
mehr für den Vize-Vorsitzenden Heiko Knopf – der eigentlich wieder
kandidieren will und in der Partei geschätzt wird. Flügelübergreifend.
Bis zum Parteitag im November müssen also weiterhin ein paar Personalfragen
geklärt werden. Vor allem aber: Die inhaltlichen Auseinandersetzungen sind
längst nicht abgeschlossen. Von Seiten der Realos legte am Wochenende
Landwirtschaftsminister Cem Özdemir nach. [5][In der Frankfurter
Allgemeinen Zeitung forderte er] erneute Verschärfungen in der Asylpolitik
und argumentierte damit, dass seine Tochter häufig von Ausländern belästigt
werde.
Auf der Berliner Konferenz hingegen zeigten linke Basismitglieder dem
Vernehmen nach „viel Wut und Konfliktbereitschaft“. Timon Dzienus,
ehemaliger Sprecher der Grünen Jugend, habe gewarnt: Wenn die Partei nicht
noch größere Teile ihres Nachwuchses verlieren wolle, müsse sie unter
anderem in der Flüchtlingspolitik wieder umkehren. Ein anderes Mitglied
habe angekündigt: Wenn bis zum Parteitag kein linkeres Profil sichtbar sei,
zünde er dort die Hütte an.
29 Sep 2024
## LINKS
[1] /Ruecktritt-nach-Brandenburg-Debakel/!6035703
[2] /Bewerbung-fuer-Gruenen-Vorsitz/!6039348
[3] /Nach-Ruecktrittswelle-bei-den-Gruenen/!6035815
[4] /Ruecktritt-der-Gruenen-Parteispitze/!6036648
[5] https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/cem-oezdemir-was-wir-migranten-geben…
## AUTOREN
Tobias Schulze
## TAGS
Bündnis 90/Die Grünen
Felix Banaszak
Franziska Brantner
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Grüne
Bündnis 90/Die Grünen
Kolumne Ernsthaft?
Omid Nouripour
Podcast „Bundestalk“
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