| # taz.de -- CDU-Wahlkampfauftakt in NRW: Merz kann nicht anders | |
| > Der Landesparteitag der CDU sollte eine Krönungsmesse für den | |
| > Kanzlerkandidaten werden. Doch er macht die Risse in der Union deutlich. | |
| Bild: Er wähnt sich schon im Kanzleramt: Der Kanzlerkandidat der Union, Friedr… | |
| Münster taz | Von seiner Fixierung auf die Grünen als [1][„Hauptgegner“] | |
| kann Friedrich Merz auch im schwarz-grün regierten größten Bundesland | |
| Nordrhein-Westfalen nicht lassen. „Robert Habeck ist Kinderbuchautor – und | |
| ich bin Jurist“, ruft der Kanzlerkandidat den Delegierten des | |
| CDU-Landesparteitags am Samstag in Münster zu. Ich bin Profi – und der | |
| Vizekanzler, der vor seiner Zeit als Minister in Schleswig-Holstein mehrere | |
| Romane veröffentlicht hatte, der ist Amateur, soll das wohl heißen. | |
| Dabei soll das Treffen der rund 600 Delegierten eine möglichst harmonische | |
| Krönungsmesse für Merz werden. Vor knapp zwei Wochen haben erst | |
| Nordrhein-Westfalens CDU-Regierungschef Hendrik Wüst und dann auch Bayerns | |
| CSU-Ministerpräsident [2][Markus Söder] verzichtet. Erstmals als | |
| Kanzlerkandidat tritt Merz jetzt vor seinem Heimatverband auf – und Wüst | |
| versucht alles, um ihm einen warmen Empfang zu verschaffen. | |
| Persönlich wartet er vor der Halle Münsterland auf seinen Bundesparteichef, | |
| holt ihn an seiner Mercedes-Limousine ab. Mit dem treibenden Beat von | |
| „Levels“ von Avicii ziehen beide dann durch die Reihen der Delegierten zur | |
| Bühne. | |
| ## Merz versucht zu liefern | |
| Dort versucht Merz zu liefern: „Heute genau in einem Jahr ist | |
| Bundestagswahl“, beginnt er seine Rede. „Und wir sind fest entschlossen, um | |
| 18 Uhr diejenigen zu sein, die die Bundestagswahl gewonnen haben.“ Zum | |
| dritten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik sei die Union jetzt in der | |
| Opposition. Und beim ersten Mal habe es 13, beim zweiten Mal 7 Jahre | |
| gedauert, bis CDU/CSU wieder die Bundesregierung stellten. „Dieses Mal sind | |
| maximal 4 Jahre genug“, ruft Merz – und macht klar: Hier steht ein Mann, | |
| der sich bereits im Kanzleramt sieht. | |
| Der Sauerländer spricht hart, abgehackt, fast schnarrend – und wirkt | |
| manchmal wie die Karikatur eines preußischen Militaristen. Der | |
| Kanzlerkandidat redet über Migration als „Daueraufgabe“ und versichert | |
| treuherzig, die CDU sei „nicht die Partei, die Migration in erster Linie | |
| als Problem gesehen hat“. Für die, „die hier ihren Lebensunterhalt | |
| verdienen wollen, die sich integrieren wollen“, bleibe Deutschland offen, | |
| erklärt der Konservative – und grenzt sich hart von der | |
| „ausländerfeindlichen“ AfD ab: „Mit diesen Leuten haben wir nichts zu tu… | |
| Doch kaum verklausuliert macht Merz auch klar: Unter seiner Regierung soll | |
| es einen ordnungspolitischen Rechtskurs mit weniger Sozialleistungen und | |
| Klimaschutz geben. Merz fordert eine „Agenda 2030“. Arbeitnehmer:innen | |
| müssten dazu gebracht werden, „wieder mehr zu leisten, als im | |
| Arbeitsvertrag steht“ – nur so könne die Bundesrepublik „Land der | |
| industriellen Fertigung“ bleiben. Das gerade erst eingeführte Bürgergeld | |
| will Merz genauso abschaffen wie „die überbordende europäische Bürokratie�… | |
| ## Auf der Bremse bei der Klimapolitik | |
| In der Energiepolitik verspricht der 68-Jährige eine | |
| „360-Grad-Perspektive“, hält sich also auch den Wiedereinstieg in die | |
| Atomkraft offen. Beim Klimaschutz blickt Merz weiter skeptisch auf E-Autos | |
| und Wärmepumpen, verspricht stattdessen „Technologieoffenheit“. Überhaupt | |
| will er in der Klimapolitik auf die Bremse treten: Es möge sich doch | |
| niemand einbilden, „dass ein Land wie Deutschland es allein schaffen kann“, | |
| erklärt er zum Thema „weltweite Klimaneutralität“. | |
| Dann schießt er noch einmal scharf gegen den grünen | |
| Bundeswirtschaftsminister Habeck. „Im Kern korrigiert werden“ müsse dessen | |
| Kurs. „Wir wollen bessere Rahmenbedingungen für alle“, ätzt Merz, „und | |
| nicht möglichst hohe Subventionen für wenige.“ | |
| Deutlich macht der CDU-Bundestagsfraktionschef damit aber auch die Risse, | |
| die weiter durch die Union gehen. Mögen er, Wüst und Söder noch so oft die | |
| „Geschlossenheit“ ihrer Parteifamilie betonen – in seiner Einführungsrede | |
| hat Wüst zuvor deutlich gemacht, dass er für den Bundestagswahlkampf ganz | |
| andere Schwerpunkte sieht als Merz: Der NRW-Ministerpräsident stärkt den | |
| Sozialflügel um seinen frisch gewählten neuen Vorsitzenden, den Bochumer | |
| [3][Dennis Radtke]. Wüst verspricht „Wohlstand für alle“ und „Aufstieg | |
| durch Bildung“. | |
| ## Grüne stimmten „Sicherheitspaket“ zu | |
| Ausdrücklich lobt er seinen Koalitionspartner – schließlich haben die vier | |
| grünen Minister:innen im Kabinett Hendrik Wüst einem verschärften | |
| „Sicherheitspaket“ zugestimmt, das „irreguläre Migration“ bekämpfen s… | |
| und das Nordrhein-Westfalen am Freitag auch bereits in den Bundesrat | |
| eingebracht hat. Mehr Repression gegen Asylsuchende und erweiterter | |
| Vorratsdatenspeicherung etwa haben die NRW-Grünen damit ebenso zugestimmt | |
| wie dem Einsatz von Gesichtserkennung und dem Bau eines zweiten | |
| Abschiebeknasts. | |
| Umso mehr freut sich Wüst, dass sich auch der grüne Co-Landesvorsitzende | |
| Tim Achtermeyer zum CDU-Landesparteitag angekündigt hat. Doch die | |
| Christdemokraten müssen mit dem grünen Landesgeschäftsführer Raoul Roßbach | |
| vorliebnehmen – Achtermeyer kommt nicht. Der grüne Landeschef hat andere | |
| Probleme: An diesem Samstag erklärt der Vorstand der Grünen Jugend [4][auch | |
| in NRW], geschlossen aus der Partei austreten zu wollen. „Wir wollen“, | |
| heißt es zur Begründung, „nicht länger unseren Kopf hinhalten für eine | |
| Politik, die wir falsch finden.“ | |
| 29 Sep 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| Andreas Wyputta | |
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