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# taz.de -- Buch über Finanzelite: Die Welt berauben
> Geld und Leere: Das Buch „Das Milliardenspiel“ ist ein schockierender
> Insiderbericht aus einer der Schaltzentralen des Finanzkapitalismus.
Bild: City of London, einer der Finanzdistrikte, in dem Ungleichheiten zementie…
Heute ist der 36-jährige Gary Stevenson „ein Ungleichheitsaktivist“. Doch
zuvor machte er Karriere bei der Citibank in London. Mit 26 Jahren war er
Multimillionär. Seine Motivation: der Beste zu sein und aus den
bescheidenen Verhältnissen seiner Herkunft an die Futternäpfe der Reichen
zu kommen.
Stevenson studierte an der London School of Economics Mathematik und
Ökonomie und sicherte sich mit dieser Kombination das Ticket in die
Finanzwelt. Mit 22 Jahren bekam er einen Job als Händler bei der Citigroup
in Canary Wharf. Innerhalb von zwei Jahren hatte er seine erste Million
verdient. Sein Gehalt und seine Boni stiegen weiter, während seine Wetten,
dass die Zinssätze nicht steigen und die Ungleichheitslücke größer werden
würde, der Bank Dutzende Millionen einbrachten. Sein erster Bonus betrug
13.000 Pfund.
Ein Jahr später waren es schon 395.000 Pfund – fast 20-mal so viel, wie
sein Vater im Jahr bei der Royal Post verdiente. Und die Sonderzahlungen
stiegen weiter. Dann wurde er depressiv und stieg aus.
Zehn Jahre später hat er über diese Zeit ein Buch geschrieben. In „Das
Milliardenspiel“ entfaltet er vor den Leser*innen ein krankhaftes
Delirium aus Sucht, Gier und dem Gefangensein in einer Welt aus voll
klimatisierten Bankhochhäusern und teuren Restaurants: ein Leben mit
Alkohol, Drogen, Frauen und dem Kick von Millionendeals. Gary bewegt sich
darin wie ein gefangener Traumwandler. Allein die Lektüre über diese
geldgeschwängerte Finanzwelt mit ihren Abgründen ist schmerzhaft, trist.
Das Buch liest sich schwerfällig, auch versteht man nicht unbedingt mehr
von den gewinnträchtigen Deals.
## In den glänzenden Türmen
Jetzt arbeitet er daran, das System zu bekämpfen, in dem er zuvor
gearbeitet hat, und setzt sich dafür ein, die breite Bevölkerung dafür zu
sensibilisieren, was Banker wie er in den glänzenden Türmen von Canary
Wharf und der City of London tun, um die Wirtschaft weiterhin ungerecht zu
machen. Dabei gibt er nicht den einzelnen Bankern die Schuld, sondern dem
System des Finanzkapitalismus.
Er wettet auf den langfristigen, kontinuierlichen Zusammenbruch der
Weltwirtschaft. „Die Reichen bekommen das Vermögen, die Armen die
Schulden.“ Daran werden die Reichen weiterverdienen, aber das Leben der
Mittelschicht wird ruiniert und es wird immer schlimmer werden, [1][sagt er
im interview mit El País].
Die einzige Möglichkeit, das System zu ändern, bestehe darin, die Leute
richtig wütend zu machen. Aber nur wenige schauten auf die ungleiche
Verteilung. Stattdessen rede man ständig über die Kosten der Migration.
[2][Die Rechte konstruiere eine Erzählung, die nicht korrekt, aber
überzeugend sei:] „Ihr seid arm wegen der Einwanderer, die eure Häuser und
eure Arbeitsplätze besetzen, obwohl es an der Ungleichheit liegt, denn die
Reichen sind die Kinder der Reichen, die das Geld nehmen, nicht die
Einwanderer.“ Die Linke habe keine klare Botschaft, könne nicht erklären,
wie die Dinge geändert werden könnten.
Mit anderen Millionären hat Gary Stevenson einen Brief unterzeichnet, worin
der Premierminister aufgefordert wird, ihre Steuern zu erhöhen. Auch in
seinem wöchentlichen Youtube-Blog prangert Stevenson die
Einkommensunterschiede an und ruft zu einer Vermögensteuer auf.
14 Sep 2024
## LINKS
[1] https://english.elpais.com/economy-and-business/2024-05-22/gary-stevenson-e…
[2] /Klasse-und-Familie/!6029834
## AUTOREN
Edith Kresta
## TAGS
Kapitalismus
Geld
soziale Ungleichheit
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Banken
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