# taz.de -- Roglič triumphiert bei Spanienrundfahrt: Allen Viren zum Trotz | |
> Mit Primož Roglič gewinnt das deutsche Radsportteam „Red | |
> Bull–Bora–hansgrohe“ die Vuelta. Der große Erfolg soll künftig zum | |
> Standard werden. | |
Bild: Vuelta-Sieger Primož Roglič mit all seinen Helfern | |
Am Ende waren alle glücklich: Der Schweizer Stefan Küng, weil er das | |
abschließende Zeitfahren über gut 24 Kilometer gewonnen hatte. Der | |
Australier Ben O’Connor, weil er das erste Mal in seinem Leben auf einem | |
Grand-Tour-Podium stand. Und Primož Roglič, weil er endlich nicht mehr | |
andauernd auf die Toilette wetzen musste. Gut, der Slowene freute sich auch | |
über seinen Gesamtsieg bei der Spanienrundfahrt, [1][seinen vierten | |
insgesamt]. Aber in den letzten zwei Tagen hatte er weniger mit der | |
Konkurrenz zu kämpfen als mit Problemen in den Eingeweiden. | |
Gleich zwei Fahrer seines Rennstalls Red Bull – Bora – hansgrohe hatten am | |
vorletzten Tag wegen Magenbeschwerden die Rundfahrt aufgeben müssen. Ein | |
Dritter, Nico Denz, kämpfte sich noch tapfer bis ins Ziel. Dort musste er | |
nach geradezu heldenhafter Alleinfahrt über 160 Kilometer mit rumorendem | |
Magen allerdings erkennen, dass er das Zeitlimit um winzige 56 Sekunden | |
verpasst hatte. | |
„Über Nacht ist eine Krankheitswelle über uns hereingebrochen. Wir | |
untersuchen derzeit, ob eine Lebensmittelvergiftung oder ein anderer Grund | |
die Ursache ist. Mehrere Mitarbeiter sind betroffen und mussten bei der | |
heutigen Etappe aussetzen“, erklärte der sportliche Leiter Patxi Vila | |
später. Ganz geklärt sind die Ursachen immer noch nicht. Über eine | |
Salmonellenvergiftung spekulierte das spanische Fernsehen. Der Rennstall | |
selbst gab bislang keine finale Erklärung ab. | |
Auch Spitzenfahrer Roglič ging es an diesem Tage nicht gut. An die 20 Mal | |
musste er auf die Toilette, meinte er mit schmalem Lächeln. „Im Magen habe | |
ich es auch gespürt“, sagte er. Aber vielleicht ist sein Magen eben | |
stärker, vielleicht sah sein Speiseplan auch anders aus. Roglič hielt | |
durch, wurde guter Zweiter im Zeitfahren hinter dem früheren Europameister | |
in dieser Disziplin, dem Schweizer Küng. Der konnte sich in seinem zehnten | |
Profijahr über seinen ersten Etappensieg bei einer Grand Tour freuen. Oft | |
genug war er nah dran, oft genug allerdings – insgesamt sechs Mal, um genau | |
zu sein – war Roglič bei GrandTour-Zeitfahren vor dem Schweizer. Der | |
Slowene vergrößerte in Madrid sogar noch seinen Vorsprung auf den | |
Gesamtzweiten O’Connor. | |
## Spannend bis kurz vor dem Ende | |
Der Abstand mit insgesamt 2:36 Minuten sieht allerdings souveräner aus, als | |
das Rennen verlief. Denn der Australier setzte sich auf der 6. Etappe mit | |
mehr als sechseinhalb Minuten ab und behauptete bis zum drittletzten Tag | |
die Führung. Roglič drohten die Kilometer auszugehen, um O’Connor noch | |
abzufangen. Der tauschte die Enttäuschung, den ganz großen Coup verpasst zu | |
haben, schnell gegen den Stolz aus, so lange vorn Widerstand geleistet zu | |
haben. Und Roglič war am Sonntag vor allem erleichtert. „Je näher man dem | |
Ende kommt, desto mehr will man es vollenden. Ich bin sehr glücklich.Vier | |
Siege – das ist verrückt. Ich will es einfach nur genießen“, erklärte er. | |
Glücklicher noch als Primož Roglič – immerhin kommt er in seiner Karriere | |
schon auf fünf Grand-Tour-Siege, 2023 gewann er auch den Giro – wirkte | |
Teamchef Ralph Denk. „Das ist ein ganz besonderer Moment. In unserer | |
15-jährigen Teamgeschichte gewinnen wir erst zum zweiten Mal eine Grand | |
Tour“, spielte er [2][auf den Giro-Triumph von Jai Hindley 2022 an.] Der | |
Rennstall hat zwar noch in Sachen Trophäen beträchtlichen Rückstand auf den | |
eigenen Spitzenmann, der erst seit dieser Saison dabei ist. Aber mit Roglič | |
hat Red Bull – Bora – hansgrohe den nächsten Schritt getan, sich als | |
Grand-Tour-Equipe zu etablieren. | |
„Wir arbeiten hart daran, dass das bald unser neuer Standard wird“, | |
unterstrich Denk die Ambitionen. Zwar ist die Vuelta nur die kleinste der | |
drei großen Rundfahrten. Vom Streckenprofil her gesehen war diese Ausgabe | |
aber die härteste. Wer seine Rivalen da so im Griff hat, wie es Roglič und | |
Red Bull vor allem in der dritten Woche demonstrierten, und wem nicht mal | |
ein Magen-Darm-Virus die Pläne total durchkreuzt, der darf guten Gewissens | |
auch höhere Ziele anstreben. | |
Aus Sicht des Rennstalls gab es noch ein anderes erfreuliches Ergebnis. Das | |
deutsche Nachwuchstalent Florian Lipowitz krönte seine starke erste | |
komplett absolvierte Grand Tour als Siebter des Gesamtklassements. [3][Seit | |
Jan Ullrich] ist kein deutscher Radprofi bei der Vuelta so gut wie der | |
23-Jährige gewesen. | |
9 Sep 2024 | |
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## AUTOREN | |
Tom Mustroph | |
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