# taz.de -- Geheimfavorit bei der Vuelta a Espana: In Lauerstellung | |
> Der spanische Radprofi Enric Mas, bisher dreimal knapp distanziert bei | |
> der Spanienrundfahrt, möchte nun ganz oben aufs Podium steigen. | |
Bild: Dosierter Antritt: Enric Mas führt am Berg vor dem Belgier Laurens de Pl… | |
Der Profi mit der Startnummer 121 ist so etwas wie der Schattenmann dieser | |
Vuelta. Im Peloton hält er sich meist in der dritten Reihe auf, beschützt | |
von seinen Movistar-Teamkollegen und hinter den Abordnungen von Decathlon | |
mit dem lange Gesamtführenden Ben O’Connor und Bora mit dem Favoriten und | |
dreimaligen Vuelta-Sieger Primož Roglič. Schön im Windschatten bleiben, | |
wenig Arbeit verrichten lautet nicht nur sein Motto, sondern sogar das | |
seiner Helfer. | |
Nicht einmal in den obligatorischen Fluchtgruppen dieser | |
[1][Spanienrundfahrt] waren die Mannen vom heimischen Rennstall besonders | |
präsent. Sechs dieser Gruppen kamen bereits durch und machten den | |
Etappensieger unter sich aus. In nur drei dieser Gruppen war Movistar | |
präsent, und das auch nur jeweils mit einem Fahrer. Andere Rennställe | |
schicken gern drei, zuweilen sogar vier Mann in große Gruppen, um die | |
Chancen auf einen Etappensieg zu erhöhen. Movistar zeichnet sich aber | |
bisher durch Fahren im Energiesparmodus aus. | |
## Gutes Kräftemanagement | |
Das hat natürlich Gründe. Die Vuelta ist noch lang. Und mit elf | |
Bergetappen ist sie zumindest vom Profil her die härteste Rundfahrt unter | |
den drei großen in dieser Saison. Da gilt es hauszuhalten mit den Kräften. | |
Außerdem scheint Kapitän Mas gegenwärtig so gut in Form wie nie in seiner | |
Karriere. Da will man keinen Fehler machen. Das betrifft das | |
Kräftemanagement. Aber auch in Sachen Vorsorge geht Movistar voran. Als | |
einer der ersten Rennställe bei dieser Vuelta wurden nicht nur den Fahren, | |
sondern sogar dem Betreuerstab Coronaschutzmasken im Startbereich vom | |
Teamarzt verordnet. | |
Drei Mal beendete Mas die Vuelta bereits auf einem zweiten Platz. Jetzt | |
fühlt er sich reif für den Schritt ganz nach vorn. „Ich bin hergekommen, um | |
diese Vuelta zu gewinnen“, sagte er mehrfach. Er untermauert den Anspruch | |
auch durch Leistung. Attackiert Roglič, wie auf der 11. Etappe etwa, folgt | |
Mas wie ein Schatten. Beide verkürzten an diesem Tag ihren gemeinsamen | |
Rückstand [2][auf den Gesamtführenden Ben O’Connor] um 37 Sekunden. Auf | |
Etappe 8, als Roglič ebenfalls angegriffen hatte, war Mas ebenso zur | |
Stelle. Beide knappsten da 46 Sekunden auf O’Connor ab. Und auf der 4. | |
Etappe, die Roglič gewann, wurde Schattenmann Mas zeitgleich Zweiter. | |
Im Gegensatz zu früheren Jahren, als dranbleiben bereits die größte | |
Qualität des Spaniers darstellte, wagt er sich bei dieser Vuelta auch mal | |
selbst an eine Attacke. Auf der 9. Etappe ließ er Roglič bei brütender | |
Hitze auf dem Alto de Hazallanas in der Sierra rings um die alte maurische | |
Königsstadt Granada hinter sich. Der fühlte sich da ziemlich leer. Einen | |
Rückschlag für ihn verhinderte nur die entschlossene Nachführarbeit vom | |
deutschen Großtalent Florian Lipowitz. | |
In einer Linkskurve in der Abfahrt geriet Mas aus der Balance und wäre | |
beinahe gestürzt. „Eine Windböe war schuld“, erklärte er später. Und zum | |
Glück für ihn hatte die Kurve noch eine Ausweichspur auf Schotter, die | |
Enric Mas ausnutzte. | |
Das lässt ihn selbst optimistisch in die dritte Woche blicken. Vor allem | |
aber spricht das neu gewonnene Zutrauen in längere Fluchtabenteuer für Mas. | |
Seine sportlichen Leiter bei Movistar hielten ihn auch oft zurück, setzten | |
allein auf die Durchhaltekapazitäten. Bei der diesjährigen Tour de France | |
war Mas aber früh um alle Klassementchancen gebracht. Also setzte er in | |
Alpen und Pyrenäen auf Ausreißversuche. Bestes Resultat war zwar nur ein | |
fünfter Platz, aber Mas, 29, erwarb da Vertrauen in seine eigenen | |
Fluchtkapazitäten. | |
Vor allem an den langen Bergen will er als Alleinfahrer glänzen. Dort ist | |
er mindestens auf einer Höhe mit Roglič und O’Connor. Und auch seinen | |
obligatorischen schwarzen Tag glaubt er bereits hinter sich. Auf dem Puerto | |
Ancares verlor er am Freitag knapp eine Minute auf Roglič, gewann aber | |
immerhin fast eine auf O’Connor. „Meine Beine fühlten sich leer an. Aber | |
wenn das mein schlimmster Tag bei der Vuelta gewesen sein sollte, kann ich | |
damit zufrieden sein“, meinte er lakonisch. | |
1 Sep 2024 | |
## LINKS | |
[1] https://www.lavuelta.es/en/ | |
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Ben_O%E2%80%99Connor_(Radsportler) | |
## AUTOREN | |
Tom Mustroph | |
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