| # taz.de -- Deutsche Radsport-Überraschung Lipowitz: Genug Luft für ganz oben | |
| > Der einstige Biathlet Florian Lipowitz überrascht bei der Tour de | |
| > Romandie. Jetzt steht der Radprofi vor seiner ersten großen Rundfahrt, | |
| > dem Giro d'Italia. | |
| Bild: Kann mit der Weltspitze mithalten: Lipowitz landet bei der Tour de Romand… | |
| Ex-Biathlet Florian Lipowitz beeindruckt als Gesamt-Dritter der | |
| Romandierundfahrt. Er bestätigt den bisher auf Fachkreise beschränkten Ruf | |
| als Bergtalent und soll ab kommenden Wochenende [1][beim Giro d’Italia] | |
| erneut für Furore sorgen. | |
| Wer einmal ein Radprofi werden will, beginnt früh. Neun Jahre jung war | |
| Florian Lipowitz, als er mit seinen Eltern einen ersten Radmarathon | |
| bestritt. „Ich bin damals die kleine Runde gefahren, 120 Kilometer“, | |
| erzählte er vor drei Jahren dem Magazin Rennrad. Da war er gerade als | |
| Umsteiger vom Biathlon auf den Radsport aufgefallen. Mit dem Laufen und | |
| Schießen im Winter hatte Lipowitz bereits mit acht Jahren begonnen. | |
| Er brachte es dort bis zum Deutschen Meister bei den Schülern und wurde im | |
| legendären Skigymnasium in Stams in Tirol ausgebildet. Gemeinsam mit seinem | |
| Bruder Philipp übrigens. Der gehört inzwischen zum deutschen Nationalkader | |
| im Loipensport, wurde sogar 2021 Juniorenweltmeister. Weil Radsport im | |
| Biathlon den sommerlichen Ausgleichsport darstellt und weil Florian | |
| Lipowitz sich mit verschiedenen Blessuren wie einem Kreuzbandriss quälte, | |
| stieg er 2019 ganz auf Radsport um. | |
| Er kam dort ziemlich schnell zu Erfolgen. Gleich im ersten echten | |
| Radsportjahr gewann er den Engadiner Radmarathon. Der österreichische | |
| Kontinental-Rennstall Tirol KTM wurde auf ihn aufmerksam. Ein | |
| Leistungstest, angeregt vom Chefcoach seines jetzigen Teams Bora hansgrohe, | |
| tat ein Übriges. Lipowitz’ Sauerstoff-Aufnahmewert des Blutes, VO2max, | |
| liegt bei 80 ml/min/kg. Das liegt nicht ganz in der Liga eines Chris Froome | |
| (zu besten Zeiten bei 84,6), Lance Armstrong (85) oder Remco Evenepoel | |
| (85–87). Aber wenn man den Leistungsmessern in Ljubljana trauen will, liegt | |
| er zumindest auf der Höhe vom Giro- und Vuelta-Sieger Primoz Roglic. | |
| ## Mit Qualitäten in den Bergen | |
| Der ist auch ein Umsteiger aus dem Wintersport. [2][Statt auf Brettern zu | |
| laufen flog er allerdings mit ihnen über Schanzentische.] Aber auch bei ihm | |
| wurde nach Verletzungen und Leistungsstagnationen der Ausgleich- und | |
| Reha-Sport auf zwei Rädern zur neuerlichen Bestimmung. Hohe VO2max-Werte | |
| sind ohnehin ein Indikator für exzellente Ausdauerleistungen. | |
| Lipowitz sagt: „Ich liebe die Berge. Je länger ein Pass ist, desto besser.“ | |
| Bei der Romandie-Rundfahrt war das nicht zu übersehen. Bei der | |
| Königsetappe von Saillon nach Leysin über vier Berge, Maximalsteigung 13,7 | |
| Prozent, fuhr er nicht nur vorn mit. Er lancierte auch die entscheidende | |
| Attacke, wurde Etappenzweiter und eroberte den dritten Gesamtrang. | |
| Lediglich taktische Überlegungen bremsten ihn. | |
| Als der spätere Etappensieger [3][Richard Carapaz] aus der kleinen Gruppe, | |
| die sich nach Lipowitz’ Antritt gebildet hatte, noch einmal attackierte, | |
| schloss Lipowitz aus Gründen der Teamtaktik nicht die Lücke. Er durfte den | |
| unmittelbaren Konkurrenten seines besser platzierten Kapitäns Alexander | |
| Wlassow nicht an die Spitze fahren. Der klebte nämlich an Lipowitz’ | |
| Hinterrad. Erst als der Zielstrich näherrückte, löste sich Lipowitz vom | |
| Spanier Oscar Rodriguez. Er kam aber nicht mehr an Carapaz heran. Immerhin | |
| wurde er Zweiter und Dritter in der Gesamtwertung. | |
| Mit mehr Zutrauen zu sich selbst und wohl auch mehr Zutrauen der | |
| sportlichen Leiter hätte Lipowitz früher losfahren, vier Bonussekunden mehr | |
| gewinnen und noch größeren Abstand auf Rodriguez gewinnen können. In der | |
| Endabrechnung lagen nur neun Sekunden zwischen Gesamtsieger Rodriguez und | |
| dem Dritten Lipowitz. Dazwischen platzierte sich Bora-Captain Wlassow. | |
| Für Lipowitz war der Auftritt in der Schweiz aber auch so bedeutsam. Er | |
| zeigte sich und anderen, dass er in der Weltspitze mithalten und sogar im | |
| Finale einer Bergetappe für Unterschiede sorgen kann. | |
| Ebenso zeigte sich, dass das Höhentrainingslager bei ihm anschlug. | |
| Unmittelbar aus spanischen Höhen kam er in die Schweiz. Die lange | |
| Wettkampfpause – genau ein Monat von Ende März bis Ende April – machte sich | |
| nicht negativ bemerkbar. Lipowitz braucht offenbar kein Einrollen, wie es | |
| die frühere Trainingslehre vorgab. Das hat er mit den ganz Großen der | |
| Branche – Tadej Pogacar, Mathieu van der Poel und Remco Evenepoel – | |
| gemeinsam. | |
| Mit zu großen Erwartungen sollte man den 23-Jährigen jetzt nicht | |
| überfrachten. Ab Samstag unterzieht er sich das erste Mal überhaupt den | |
| dreiwöchigen Strapazen einer Grand Tour. Beim Giro d’Italia soll er vor | |
| allem Kapitän Daniel Martinez unterstützen. | |
| 29 Apr 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| Tom Mustroph | |
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