# taz.de -- Friedensgespräche Ukraine und Russland: Scholz will mehr Diplomatie | |
> Der Bundeskanzler regt mehr Verhandlungsbemühungen mit Russland an. In | |
> der Ukraine sorgt der Vorstoß für gemischte Reaktionen. | |
Bild: Ukrainische Soldaten auf dem Rückweg aus Russland. Olaf Scholz will sich… | |
Berlin taz | Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz setzt sich für mehr | |
Diplomatie im Krieg zwischen der Ukraine und Russland ein. Dies sei „der | |
Moment, in dem man auch darüber diskutieren muss, wie wir aus dieser | |
Kriegssituation doch zügiger zu einem Frieden kommen, als das gegenwärtig | |
den Eindruck macht“, so lautete die recht gewundene Aussage des | |
SPD-Politikers am Sonntag im ZDF. | |
Offenbar hat der Kanzler dabei eine Fortführung und Erweiterung der | |
Bürgenstock-Konferenz im Sinn. Im Sommer 2024 hatten in der Schweiz etliche | |
Staaten des globalen Südens sowie der Verbündeten mit der Ukraine über | |
Friedenslösungen diskutiert. Russland war nicht eingeladen worden. China | |
hatte nicht teilgenommen. | |
Scholz betonte, er und der ukrainische Präsident [1][Wolodymyr Selenskyj] | |
seien sich einig, dass auch Russland dabei sein müsse. Das ist indes nicht | |
neu. Selenskyj hatte schon nach der Bürgenstock-Konferenz gesagt, dass beim | |
nächsten Treffen Russland mit am Tisch sitzen soll. Die Ukraine fordert den | |
Abzug russischer Truppen aus allen Gebieten der Ukraine, einschließlich der | |
Krim. Zudem soll Russland Reparationszahlungen zustimmen. | |
Dass es eine diplomatische Initiative geben könnte, hatte der als Hardliner | |
bekannte frühere ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, | |
bereits am Samstag angedeutet. Melnyk, derzeit Botschafter in Brasilien, | |
legte Bundeskanzler Scholz nahe, „kreativ zu werden und die bestehenden | |
diplomatischen Kanäle Deutschlands zu nutzen, um auszuloten, ob Gespräche | |
mit Putin sinnvoll wären“, so Melnyk in der Berliner Zeitung. Die Ukrainer | |
würden den Deutschen vertrauen, sagte er. | |
## Keine Kritik, keine Unterstützung | |
Diese positiven Signale seitens der Ukraine hindern CDU-Außenpolitiker | |
Roderich Kiesewetter nicht, Scholz’ Diplomatieankündigung scharf zu | |
kritisieren. Scholz’ Vorstoß passe „in die Strategie von Teilen der SPD, | |
die Ukraine sehr subtil in einen von Russland festgelegten Scheinfrieden zu | |
drängen, in dem die Unterstützung schrittweise zurückgefahren wird und | |
stattdessen Scheinverhandlungen gefordert werden“, sagte Kiesewetter am | |
Montag. Scholz schwäche damit die Ukraine und „die europäische und deutsche | |
Sicherheit“. | |
Und wie kommt der Vorschlag des Kanzlers in der ukrainischen Öffentlichkeit | |
an? Strikt nachrichtlich behandeln führende ukrainische Medien die | |
Initiative. Im Kern bedeutet dies dort: Keine Kritik an, aber auch keine | |
Unterstützung für Scholz. | |
Gleichzeitig bekommen ausländische Berichte über Kritik an Scholz viel | |
Raum. „Scholz arbeitet an einem Friedensplan, der Russland die eroberten | |
Gebiete behalten lässt“, zitiert das Portal Antikor die italienische La | |
Repubblica. Mehrere Medien bringen die Aussagen Kiesewetters. | |
Deutlicher wird es auf Telegram. Die Meldung über den Scholz-Vorschlag auf | |
dem Kanal des Kyjiwer Philosophie-Professors und Bloggers Serhi Jagodsinski | |
wird mit mehr als 800 „Likes“ gewertet. „Scholz weist auf die Wichtigkeit | |
von Friedensgesprächen hin – das ist wirklich relevant“, schreibt ein User. | |
„Ich hoffe, dass Russland bereit ist, sich an den Verhandlungstisch zu | |
setzen, denn wir alle wollen Frieden. Je mehr solcher Initiativen, desto | |
näher sind wir dem Ende des Krieges!“ | |
Aber es gibt auch diejenigen, die den Vorstoß schlicht für eine Nebelkerze | |
halten. Scholz habe seinen Vorschlag aus [2][innenpolitischen Gründen] | |
gemacht, habe aus den jüngsten Niederlagen und [3][der Aussicht auf eine | |
weitere Wahlniederlage] bei der Bundestagswahl seine Schlüsse gezogen. Und | |
Moskau? Der Kreml sieht, anders als Scholz, derzeit keine Grundlage für | |
Friedensgespräche mit der Ukraine. | |
9 Sep 2024 | |
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## AUTOREN | |
Bernhard Clasen | |
Stefan Reinecke | |
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