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# taz.de -- Regierungskrise in Belgien: „Arizona“-Koalition wackelt
> Der Versuch, zweieinhalb Monate nach der Parlamentswahl eine Regierung zu
> bilden, scheitert. Streitpunkt ist die Steuerpolitik.
Bild: Bart De Wever von der flämisch-nationalisten Partei N-VA am 22.8. auf de…
Brüssel taz | Zweieinhalb Monate nach der Parlamentswahl im Juni droht
Belgien eine neue politische Krise. Der mit der Regierungsbildung auf
föderaler Ebene beauftragte Politiker [1][Bart De Wever – ein prominenter
flämischer Nationalist] – hat überraschend sein Amt niedergelegt. Zuvor
hatten sich die fünf an den Koalitionsverhandlungen beteiligen Parteien
über die Steuerpolitik zerstritten.
Als Knackpunkt für die geplante „Arizona“-Koalition erwies sich die
Besteuerung von Gewinnen aus Kapitalgeschäften. Die flämischen
Sozialdemokraten von „Vooruit“ hatten eine Steuer in Höhe von zehn Prozent
gefordert; die wallonischen Liberalen des „Mouvement Réformateur“ (MR)
lehnten dies kategorisch ab. De Wever gelang es nicht, die Gegensätze zu
überbrücken. Deshalb erklärte er am Donnerstag seinen Rücktritt.
Das Ruder übernimmt nun König Phillipe. Er hat den Rücktritt angenommen,
zugleich jedoch neue Gespräche anberaumt. Am Freitag empfing er die Chefs
der fünf bisher an der Regierungsbildung beteiligten Parteien nacheinander
im Königspalast in Brüssel. Wie es danach weitergehen soll und wer die
Verhandlungen in den nächsten Wochen leiten kann, war zunächst unklar.
In Brüssel zirkulieren mehrere Namen. In Frage kämen etwa der Chef der
Liberalen, Georges-Louis Bouchez, oder die populäre frühere
Premierministerin Sophie Wilmès, die gerade erst zur Vizepräsidentin des
Europaparlaments gewählt worden ist. Denkbar ist aber auch, dass es De
Wever nach einer Denkpause noch einmal versucht. Sein Rücktritt sei „nicht
definitiv“, meint Bouchez.
## Unter Zeitdruck
Alle Beteiligten stehen unter Zeitdruck. Bis Ende des Monats muss Belgien
einen Kandidaten für die nächste EU-Kommission benennen. Bis zum 15.
September muss das Land zudem bei der Brüsseler Behörde einen Plan zum
Abbau des rund 25 Milliarden Euro hohen Budgetdefizits vorlegen. Die dafür
nötigen massiven Kürzungen haben die Koalitionsgespräche von Anfang an
belastet.
Für die Sozialdemokraten von „Vooruit“ ist die umstrittene Steuer auf
Aktiengewinne eine „Trophäe“, mit der sie unpopuläre soziale Einschnitte
gegenüber ihren Wählern rechtfertigen könnten. Für die liberale MR hingegen
sind Steuererhöhungen tabu. Der Graben zwischen beiden Parteien ist schwer
zu überbrücken, das Königreich Belgien wirkt erneut unregierbar.
Die alte „Vivaldi“-Koalition unter dem nur noch geschäftsführenden
Ex-Premier Alexander De Croo hatte bei der Parlamentswahl am 9. Juni (dem
Tag der Europawahl) die Mehrheit verloren. Die Regierungsbildung in Belgien
gilt als schwierig, da es unterschiedliche Parteien in allen drei Regionen
(Flandern, Wallonie und Brüssel) gibt. Diese Regionen haben noch dazu
völlig unterschiedlich gewählt.
So lagen in der französischsprachigen Wallonie und in der Hauptstadt
Brüssel nicht wie in Flandern die Nationalisten, sondern die Liberalen
vorn. Die dort bisher tonangebenden Sozialisten und Grünen haben die Wahl
verloren, die Grünen sogar massiv. „Sie sind vernichtet worden“,
kommentierte ein Diplomat. Deshalb sind sie auch nicht an den laufenden
Koalitionsgesprächen beteiligt.
Statt Grün dominieren in der belgischen Politik derzeit die Farben Gelb (De
Wevers Partei N-VA), Orange (die Christdemokraten von CD&V), Blau (MR) und
Rot (Vooruit). Sie finden sich auch in der Flagge des US-Bundesstaats
Arizona wieder – deshalb sprach man in Brüssel von der „Arizona“-Koaliti…
Nun steht sie auf der Kippe.
23 Aug 2024
## LINKS
[1] /Parlamentswahlen-in-Belgien/!6016551
## AUTOREN
Eric Bonse
## TAGS
Nationalismus
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