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# taz.de -- Tag des offenen Denkmals am 8. September: Ein bunt blühendes Erbe
> Der berühmte Staudenzüchter Karl Foerster hat der Gartenkunst in Potsdam
> ein lebendiges Denkmal gesetzt. Ein Rundgang durch Wohnhaus und Garten.
Bild: Als wäre er nur mal eben in den Garten gegangen: Wohnhaus und Garten von…
Potsdam-Bornim taz | Kollegin M. wohnt seit ein paar Jahren im
Brandenburgischen und hat sich hinterm Eigenheim ihren persönlichen
Gartentraum erfüllt. Mit Stolz führt sie durch ihr blühendes Paradies und
zeigt hier und da auf angeschaffte Blumenstauden – der Name Karl Foerster
fällt dabei immer wieder.
Die Kollegin schwört auf die anno dazumal von Foerster gezüchteten Stauden,
die man nach wie vor in Potsdam-Bornim, [1][seinem langjährigen
Wirkungsort], kaufen kann. „Fahr da mal hin, schau dir sein Wohnhaus und
vor allem seinen Garten an“, sagt sie von Blumenfan zu Blumenfan, „du wirst
begeistert sein.“
Und das stimmt. Wer durch die eher unscheinbare Gartenpforte in das Reich
von [2][Karl Foerster] (1874–1970) eintaucht, hat einen atemberaubenden
Blick auf Garten und Wohnhaus, beides steht seit 1981 unter Denkmalschutz.
Über die letzten Jahre hinweg wurde das Haus umfassend restauriert; zum
150. Geburtstag von Karl Foerster in diesem Jahr konnten die Arbeiten
abgeschlossen werden.
Die lassen sich ausschließlich bei kostenpflichtigen Einzel- und
Gruppenführungen begutachten, die [3][online zu buchen] sind. Die rund
5.000 Quadratmeter große [4][Gartenanlage] aber ist kostenlos zu besuchen
([5][Spenden sind erbeten]).
## Er kennt das Haus aus dem Effeff
Felix Merk wartet an diesem hochsommerlichen Mittwoch schon auf die taz.
Als Kurator war er im Auftrag der Deutschen Stiftung Denkmalschutz (DSD)
für die Restaurierungsarbeiten am Haus zuständig, er übernimmt auch
Führungen. Merk kennt das Haus aus dem Effeff, hat unerschöpfliche Details
zum Gebäude und Anekdoten aus dem Leben der Foersters parat.
„Eigentlich ist alles von der Familie noch da, auch der Ostereierschmuck
aus den 1950er Jahren“, sagt Felix Merk, während wir im sogenannten
Musikzimmer, das mit der Restaurierung in die Zeit von 1958 zurückversetzt
wurde, auf dem originalen Sofa von früher sitzen. Das ausladende Sitzmöbel
ist mit neuem Stoff überzogen. „Den haben wir extra in Grimma weben
lassen“, erzählt Felix Merk.
Die alten Dielen sind lichtgrau gestrichen, an den Wänden Leimfarbe in
gelben und rosa Pastelltönen. Statt Stuck an der Decke verläuft oben an den
Wänden (und auch anderswo) eine schwarze Wellenlinie, die Decke leuchtet in
Türkis – „das alles erinnert an das Bauhaus in Dessau“, sagt Felix Merk
völlig zu Recht. „Über mehrere Jahre wurden die wichtigsten Räume und auch
die Fassaden streng nach Befund restauriert.“
Die aufwendigsten Arbeiten betraf das Gebäudeäußere. Das Wohnhaus entstand
1910/11 zeitgleich und inmitten der Gartenanlage als ein homogenes
Ensemble. Der Kratzputz, zu DDR-Zeiten in den 1960ern bei einer Renovierung
aufgebracht, wurde durch den ursprünglichen Kaltputz ersetzt. Hinzu kamen
Schornsteine nach historischem Vorbild, dichte Fenster mit Holzläden und
kleiner Sprosseneinteilung. Mehr als eine Million Euro hat die
treuhänderische Marianne-Foerster-Stiftung für Erhaltung von Haus und
Garten bisher investiert, auch DSD und andere Stiftungen trugen dazu bei.
## Eine harmonische Einheit
Das ist gut angelegte Geld, wie sich beim Rundgang sehen lässt. Es wirkt,
als habe die Familie mal eben das Haus verlassen – durch das Esszimmer, wo
gerade die alten Ostereier von der Lampe über dem Esstisch hängen, und den
anschließenden Wintergarten und die Terrasse, um im Garten nach dem Rechten
zu sehen. Im Esszimmer herrschen Grün und Blau vor. „Über die Farben haben
sie Garten und Natur ins Haus geholt.“ Das durchdachte Farbkonzept ergänzt
das Farb- und Formenspektrum des Gartens. Man könnte sagen, dass Haus und
Garten eine harmonische Einheit bilden.
Draußen wartet ein wunderbares Schauspiel: Foerster hat durch Züchtung und
Kombination winterharter Stauden, kombiniert mit Gräsern, Farnen, Gehölzen
und einzelnen Bäumen, einen Gartentraum geschaffen, der das ganze Jahr über
ein vielfältiges Erlebnis ist. Er hat seinen Garten in unterschiedliche
Gartenräume wie den Frühlingsweg, das Herbstbeet oder den Steingarten
gegliedert.
Das Gartenareal lässt sich schönerweise selbstständig erkunden. Alle Sinne
haben hier zu tun. Die Übergänge, auch vom Haus ins Freie hinein, sind
fließend. Überall Farben und Düfte, Formen und überraschende
Pflanzkombinationen. Rund 5.000 Etiketten klären über die Botanik auf.
Und es wird deutlich: So eine riesige Gartenanlage samt Haus kostet viel
Zeit und Geld für die dauerhafte Pflege. Der Boden hier ist mager, es muss
viel gedüngt und im bekanntermaßen niederschlagsarmen Brandenburg noch
mehr gegossen werden.
## Stauden in alle Welt
[6][Karl Foerster] wurde 1874 in Berlin als einer der Söhne des Astronomen
Wilhelm Julius Foerster, Direktor der Berliner Königlichen Sternwarte,
geboren. Er ging in der Schlossgärtnerei Schwerin in die Lehre und begann
mit knapp 30 Jahren, seine eigene Gärtnerei zunächst im Garten der Eltern
in Berlin-Westend aufzubauen. Mit Erfolg. Foerster beginnt zu züchten, gibt
erste Prospekte heraus, das Geschäft floriert. 1910 verlegt er seine
Staudengärtnerei nach Potsdam-Bornim – 60 Jahre lang verschicken der
Staudenzüchter bzw. seine Mitarbeitenden Stauden in alle Welt.
Foerster gilt als Vordenker der modernen Gartenkunst, und so hat er uns
auch heute noch etwas zu sagen. Schon 1925 monierte er die „leblose
Uniformität und Gradlinigkeit“ der damaligen Gärten. Der Pionier der
Staudenzucht brachte über 360 Staudensorten in den Handel und hat dafür
geworben, Ziergräser in die Gartengestaltung einzubeziehen. Seine
Züchtungen – Phlox und Rittersporn, seine Lieblingsstaude, wachsen noch
heute in seinem Garten rund ums Haus – und eben in vielen Privatgärten.
Felix Merk hat die Tochter von Eva und Karl Foerster viele Jahre gekannt,
er hat mit Marianne Foerster (die 2010 verstarb) seit 2001
zusammengearbeitet. Die Tochter trat in die Fußstapfen ihres Vaters und
ging bei ihm in die Gärtnerlehre.
Marianne Foerster war lange Zeit als Gartenarchitektin im Ausland tätig.
Erst 1990 kehrte sie nach Bornim zurück, um sich um ihre Mutter Eva bis zu
deren Tod im Jahr 1996 zu kümmern. Sie organisierte die Pflege des Gartens
und machte ihn für Besucher zu einem einmaligen Erlebnis. Sie begleitete
die Rekonstruktion verlorener Gartenbereiche anlässlich der [7][Buga] 2001
in Potsdam, erzählt Felix Merk. „Und ihr ist es auch zu verdanken, dass
Garten und Haus bis heute so authentisch erhalten geblieben sind.“
## Komplexe Persönlichkeit
Im Jahr 2001 wurde eine treuhänderische Stiftung für den Foerster-Garten
unter dem Dach der Deutschen Stiftung Denkmalschutz gegründet. Der nach ihr
benannten treuhänderischen Stiftung vermachte Marianne Foerster das
Wohnhaus und den Garten, die voller Geschichte(n) stecken – nicht nur zum
Tag des offenen Denkmals.
„Selten sind Arbeits- und Lebenswelt eines Künstlers so vollständig,
unberührt und umfangreich erhalten, wie bei Karl Foerster“, sagt
Stiftungsvorstand Dr. Steffen Skudelny. Es könne zum Verständnis der
komplexen Persönlichkeit Karl Foerster dienen, zur Beantwortung neuer und
unbeantworteter Fragen. Denn Foerster arbeitete auch in Nazi-Zeiten weiter,
stellte den Betrieb auf Gemüse und Kartoffeln um – und trat 1940 in die
NSDAP ein, half aber auch nachweislich vom Regime Verfolgten. All das ist
auf den entsprechenden [8][DSD-Internetseiten] nachzulesen.
„Dass dieses Erbe – Haus, Inventar und Garten – in die treuhänderische
Marianne Foerster-Stiftung übertragen wurde“, sagt SkudelnSkudelnyy, „ist
für die Deutsche Stiftung Denkmalschutz, die wohl größte private Stiftung
für Denkmalpflege in Deutschland, Auszeichnung und Verpflichtung zugleich.“
6 Sep 2024
## LINKS
[1] https://www.foerster-stauden.de/
[2] https://www.denkmalschutz.de/denkmale-erhalten/stiftungseigene-denkmale/woh…
[3] https://www.denkmalschutz.de/denkmale-erhalten/stiftungseigene-denkmale/woh…
[4] https://www.denkmalschutz.de/denkmale-erhalten/stiftungseigene-denkmale/woh…
[5] https://www.denkmalschutz.de/denkmale-erhalten/stiftungseigene-denkmale/woh…
[6] https://www.denkmalschutz.de/denkmale-erhalten/stiftungseigene-denkmale/woh…
[7] https://www.bundesgartenschau.de/
[8] https://www.denkmalschutz.de/denkmale-erhalten/stiftungseigene-denkmale/woh…
## AUTOREN
Andreas Hergeth
## TAGS
Denkmalschutz
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