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# taz.de -- Tanz in der Bremer Kunsthalle: Ein Dialog findet nicht statt
> Choreograf Máté Mészáros hat mit der Kompagnie des Bremer Theaters
> hübsche Szenen einstudiert. In der Kunsthalle werden sie nun gezeigt.
Bild: Hier ist nix, mit dem Young-Won Song in Zwiesprache geraten könnte. Im l…
Vielleicht knallt’s ja im Normalbetrieb mehr. Vielleicht vermag die
Tanzperformance „Spektrum/Raum“ während der üblichen
Kunsthallen-Öffnungszeiten deren Publikum in Verwunderung versetzen und
sogar ein bisschen stören.
Schließlich ist es nicht möglich, alle Bilder und Videoinstallationen
anzuschauen, während sich [1][Tänzer*innen vor] ihnen gekonnt und
auffällig bewegen. Am Premieren-Abend hingegen ergibt sich noch nicht
einmal diese Spannung.
Denn, als nach einer knappen Stunde ausführlicher Einführungsreden das
Spektakel startet, zeigt sich schnell: Spätestens der hier aufgetürmte
bildungsbürgerliche Sinnstiftungsschutt hat die Choreografie [2][von Máté
Mészáros erschlagen], plattgedrückt und zugedeckt.
Wie sollen denn seine kleinen, zusammenhanglosen, hübsch anschaubaren
Szenen, die er übers Gebäude verteilt ausführen lässt, mit all den von
Kuratorin Eva Fischer-Hausdorf und Dramaturg Gregor Runge hergebeteten Big
Names – Fluxus! Abramovic! Piene! Forsythe! Bausch! Paik! Wiener
Aktionismus! Schlemmer! – konkurrieren?
## Hübsch anzuschauen
Wird er da nicht zum Zwerg unter den Stiefeln von Riesen? Und wie zum
Kuckuck kann man angesichts der präsentierten Körperübungen auf die Idee
kommen, vom Dialog zwischen Tanz und bildender Kunst zu sprechen?
Denn die mit Abstand besten Sequenzen finden unten in den leeren weißen
Sälen statt. Räume, die kaum mehr Charme haben als eine x-beliebige
Probebühne. Vorteil: Die untypisch zurückhaltenden Projektionen des
[3][inzwischen weltweit bekannten Bremer Lichtkunstkollektivs „Urban
Screen“] kommen hier besser zur Geltung. Bilder, Skulpturen und Objekte
gibt’s hier keine. Der Widerpart für die Zwiesprache fehlt.
Dort, wo Gemälde hängen, stellt sie sich indes auch nicht ein: Kein Bezug
zum Inhalt scheint auf, kein Dialog entspinnt sich, wenn die Mitglieder der
am Theater Bremen beheimateten Kompagnie „Unusual Symptoms“ vor gerahmten
Leinwänden gut getaktet windmühlenartige Armbewegungen ausführen.
Die, offenkundig eine Lieblingsvokabel in Mészáros' Tanzsprache, erinnern
ein wenig an verlangsamte Keulenübungen der rhythmischen Sportgymnastik,
allerdings ohne Keulen, Würfe und das komplizierte Auffangen hinterm
Rücken.
In den Sälen schließlich, in denen Videokunst ihre Betrachter ins Auge
nimmt und so zu Objekten der Betrachtung an die Wände projiziert,
schlängelt und rollt sich eine Tänzerin – es ist Maria Pasadaki – so
geschickt am Boden entlang, dass die Kamera sie nicht erfasst. Könnte ein
Film-Zitat aus „Ocean’s Twelve“ sein, [4][wo’s den Einbrechern darum ge…
die Alarmanlage im Museum auszutanzen.
Mindestens wirkt diese Vermeidung von Dialog auf neurotische Weise witzig,
ein bisschen wie Slapstick, wenn auch gedämpft: Für mehr als ein Lächeln
reicht’s nicht. Tatsächlich war die Choreo ursprünglich eine fürs Kleine
Haus des Theater Bremen konzipierte abstrakte Szenenfolge. Mit ihr hatten
Choreograf und Kompagnie das Verhältnis von Raum und Körper im Tanz
[5][ausloten wollen].
Corona beendete das – weil hygienepolitische Maßnahmen diese Fragen recht
eindeutig klärten. Mészáros’ Antworten sind in ihrer fröhlich-dekorativen
Unverbindlichkeit [6][obsolet geworden]. Museumsreif, könnte man sagen.
Belanglos trifft es genauer.
5 Sep 2024
## LINKS
[1] /Einstand-von-Choreograf-Samir-Akika-am-Bremer-Theater/!5083445
[2] https://meszarosmate.hu/ceremoniamester/
[3] https://www.urbanscreen.com/
[4] /Archiv-Suche/!659513&s=oceans+twelve&SuchRahmen=Print/
[5] /Bremer-Tanztheater-Stueck-Hiatus/!5550934
[6] /16-Tanzplattform-Freiburg/!5994340
## AUTOREN
Benno Schirrmeister
## TAGS
Tanztheater
Kunsthalle Bremen
Theater Bremen
Bremen
Zeitgenössischer Tanz
Prostitution
Bremen
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