# taz.de -- Wahlgewinner Nam Duy Nguyen: Der Retter der Sachsen-Linken | |
> Nam Duy Nguyen hat sich für die Linkspartei in Leipzig aufstellen lassen | |
> – und gewonnen. Damit hat er seiner Partei den Wiedereinzug gesichert. | |
Bild: Das Reinhängen hat sich gelohnt: Nam Duy Nguyen holte das Direktmandat i… | |
Ein Newcomer in Leipzig: Der Linke Nam Duy Nguyen trat bei den Wahlen in | |
Sachsen erstmals für ein Direktmandat in Leipzig-Zentrum an. Vor fünf | |
Jahren hatte dort die Grüne Christin Melcher gewonnen. Sie kandidierte auch | |
diesmal. Um gegen sie zu gewinnen, hängte Nguyen sich seit April mit | |
hunderten Helfer:innen rein. | |
„Wir haben an knapp 49.106 Haustüren geklingelt und mehr als 14.000 | |
Gespräche geführt“, erzählt Nguyen der taz. Und dann gewann er am Sonntag | |
mit einem überraschend deutlichen Vorsprung von rund 20 Prozentpunkten. | |
Doch grenzenlose Partystimmung klingt ein bisschen anders. Am Montag | |
schrieb er auf Social Media: „Die gestrigen Wahlergebnisse sind eine | |
Katastrophe.“ | |
Was er damit meint? Die Linke [1][bekam bei diesen Wahlen sachsenweit nur | |
4,5 Prozent] der Stimmen. Aber dadurch, dass Nguyen ein zweites | |
Direktmandat für die Linke in Sachsen hinzugewonnen hat, bleibt die Partei | |
im Sächsischen Landtag und stellt weiterhin 6 Abgeordnete – dank der | |
sogenannten Grundmandatsklausel. Die besagt: Gewinnt eine Partei | |
[2][mindestens 2 der 60 Direktmandate in Sachsen], bekommt sie ihrem | |
Zweitstimmenergebnis entsprechend Sitze im Landtag. | |
Im Leipziger Süden hat erwartungsgemäß Juliane Nagel zum dritten Mal das | |
Direktmandat gewonnen. Und im Zentrum eben Nam Duy Nguyen. | |
## „Menschen wie ich kandidieren nicht“ | |
Nguyens Vater kam als Vertragsarbeiter mit seiner Frau 1987 aus Vietnam in | |
die DDR. Er arbeitete im Stahlwerk in Freital, mitten in Sachsen. Nach der | |
Wende verlor er den Job, verkaufte stattdessen Obst und Gemüse in Dresden. | |
Dort kam Nam Duy Nguyen 1996 zur Welt. Vor zehn Jahren zog er nach Leipzig, | |
studierte Politik, engagierte sich gewerkschaftlich und wurde Mitglied im | |
Vorstand des SDS, dem parteinahen Studierendenverband der Linken. Im | |
Wahlkampf sagte er noch: „Menschen wie ich kandidieren in Sachsen nicht.“ | |
Vor einem Jahr habe dann ein Freund ihn gefragt, ob er nicht für die Linke | |
kandidieren wolle. | |
Im aufwendigen Haustürwahlkampf habe Nguyen dann gehört, was die Menschen | |
bewege: Mieten senken, Löhne steigern, das Leben in Sachsen bezahlbar | |
machen und den ÖPNV stärken. Das nahm er in sein Programm auf. | |
Im Wahlkampf warb Nam Duy Nguyen aber auch damit, dass er der erste | |
nichtweiße Abgeordnete im Sächsischen Landtag wäre. Ein Werbevideo auf | |
Instagram zeigte, wie seine Wahlkampfhelfer:innen auf der Straße | |
Passant:innen Mikros unter die Nase hielten und sie fragten, wie man Nam | |
Duy Nguyen ausspricht. Im Video machte es keiner richtig. „Aber das ist | |
eigentlich scheißegal. Wichtig sind die Inhalte“, kommentiert Nguyen am | |
Ende mit seiner ruhigen Stimme und leichtem Lächeln. | |
Zu seiner eigenen Kampagne kam hinzu, dass der Kampagnenverein Campact dazu | |
aufrief, strategisch zu wählen und Nguyen die erste Stimme zu geben. | |
Außerdem unterstützte [3][Campact ihn mit Geld. Nicht alle finden gut], | |
dass Nguyen das annahm. Selbst Parteikolleg:innen kritisieren die | |
Unterstützung. Doch der verteidigte sich. Campact nehme keinen Einfluss auf | |
seine Inhalte, sagte er. | |
Er [4][sei glücklich, dass der Wahlkampf] ihn und die Linke in den Landtag | |
gebracht habe, sagt Nguyen der taz. „Unsere Kampagne hat Strahlkraft, weil | |
sie einen Versuch gewagt hat, zu zeigen, wie sich die Linke verändern | |
kann.“ Nun wolle er Druck auf die Landesregierung machen, wie sich das für | |
die Opposition gehöre. Wichtiger sei aber noch, aus dem Parlament | |
gesellschaftliche Auseinandersetzungen in Betrieben oder auf der Straße zu | |
unterstützen. Auch seine Politik soll ein bisschen anders sein. | |
4 Sep 2024 | |
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## AUTOREN | |
David Muschenich | |
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