# taz.de -- Linke nach Landtagswahlen: An Bodo lag es nicht | |
> Die Linke schafft den Einzug in die Landtage in Sachsen und Thüringen. | |
> Hoffnung machen nur zwei Wahlkreise in Leipzig. | |
Bild: War nicht nach Tanzen zumute: Landesvorsitzende der Linken, Susanne Schap… | |
Dresden/Berlin taz | Die Randlage des an sich sehr einladenden „Hauses der | |
Begegnung“ HdB im Norden Dresdens schien am Wahlabend mit den | |
Hochrechnungen auf den Bildschirmen zu korrespondieren. Medienvertreter | |
verirrten sich nur wenige in das Domizil der Linken. [1][Wie vorhergesagt, | |
lag sie nach Zweitstimmen aussichtslos unter der Fünf-Prozent-Schranke.] | |
Das Endergebnis sah mit 4,5 Prozent dann etwas versöhnlicher aus. | |
Die Stimmung besserte sich erst im Lauf des Abends, als klar wurde, dass | |
das Wunder von Leipzig der nach dem Abgang des Wagenknecht-Flügels | |
verbliebenen Original-Linken in Sachsen doch den Landtagseinzug beschert. | |
Die Grundmandatsklausel macht es durch den Gewinn zweier Direktmandate | |
möglich. | |
Das scheint [2][„Jule“ Nagel] im linken Leipzig-Connewitz seit langem schon | |
abonniert zu haben. Dass auch der erst 28-jährige [3][Nam Duy Nguyen], Sohn | |
vietnamesischer Vertragsarbeiter der DDR, im Wahlkreis Leipzig 1 mit 39,8 | |
Stimmenprozenten überdeutlich vor der Konkurrenz liegen würde, hat denn | |
auch jene überrascht, die ihm viel zutrauten. | |
Euphorie kam im Garten und an der Theke im HdB dennoch nicht auf. | |
Landesvorsitzende Susanne Schaper war nicht gerade nach Tanzen zumute. | |
Selbstkritisch, ja schon fast selbstanklagend wie keine andere | |
Parteienvertreterin, trat sie am Montagvormittag vor die | |
Landespressekonferenz. „Das Ergebnis sagt viel über die Lage der | |
Gesamtpartei!“ | |
Es brauche einen inhaltlichen, programmatischen und personellen Neustart. | |
Überzeugungen aber stünden nicht zu Disposition. Den Erhalt von Kitas und | |
Krankenhausstandorten werde man schon in der Septembersitzung offensiv | |
verfechten. Soziales überhaupt, da könne man sich auch in der Krise nicht | |
anpassen. „Wenn ich untergehe, dann mit geradem Rücken“, setzte Susanne | |
Schaper die Pointe. | |
## Etwas Erleichterung | |
Immerhin habe es bereits am Tag nach der Wahl 40 Neueintritte in die 6 500 | |
Mitglieder zählende Landespartei gegeben. Mit sechs Abgeordneten wird die | |
Linke wahrscheinlich sogar den Fraktionsstatus im Sächsischen Landtag | |
behalten. Am Wahlabend traf man im HdB aber auch auf BSW-Sympathisanten, | |
die das Mitgliedsbuch nicht gewechselt hatten. Von ihnen wurde das meist | |
unbekannte BSW- Personal als „integer“ und von linken Gerechtigkeitsidealen | |
erfüllt verteidigt. „Noch nie war man mit diesen Zielen so dicht an der | |
Macht wie jetzt“, meinte ein Stadtrat. | |
Am Montag treten im Berliner Karl-Liebknecht-Haus [4][Janine Wissler und | |
Martin Schirdewan], die Bundesvorsitzenden der Linken, vor die Presse. Mit | |
dabei sind die Landesvorsitzenden aus Sachsen und Thüringen, Stefan | |
Hartmann und Ulrike Grosse-Röthig. Wissler und Schirdewan überreichen | |
Blumensträuße an die Landesvorsitzenden. Grosse-Röthig hat in ihrem | |
Wahlkreis in Weimar gewonnen. Die Erleichterung darüber, erneut in beide | |
Landtage einzuziehen, ist unter den Vorsitzenden zu spüren. | |
Zugleich nennt Janine Wissler die Ergebnisse „alarmierend“. Sie sagt, die | |
Stimmung, die zu einem Rechtsruck geführt habe, gehe nicht nur auf die AfD | |
zurück, sondern auch auf die Rhetorik der CDU sowie der Ampelparteien: Es | |
sei fatal, dass die Migration als Ursache der Probleme, die wir heute | |
haben, dargestellt werde. „Wir haben als Linke im Wahlkampf gemerkt, dass | |
uns der Wind ins Gesicht bläst“, so Wissler. Man wolle aus den Ergebnissen | |
lernen. | |
Stefan Hartmann sagt, dass die Linke in Sachsen „mit zwei Blauen Augen“ aus | |
diesem Wahlkampf gekommen sei. Dies habe man zwei Genoss*innen in | |
Leipzig zu verdanken. Er spielt auf die Direktmandate von Nagel und Nguyen | |
an. Durch sie kann die Linke in den Sächsischen Landtag einziehen ohne, | |
dass sie die Fünfprozenthürde erreicht hat. Der Einzug verhindere, so | |
Hartmann, dass die AfD eine Sperrminorität erreiche. | |
Grosse-Röthig fordert, dass die CDU ihren Unvereinbarkeitsbeschluss | |
hinterfragen müsse. Konkrete Lehren aus der Wahl will am Montag noch | |
niemand ziehen. Klar sei aber, so Grosse-Röthig: „Woran es nicht gelegen | |
hat, ist der Spitzenkandidat.“ Bodo Ramelow habe in Thüringen unglaubliche | |
Beliebheitswerte. | |
2 Sep 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Wahlen-in-Thueringen-und-Sachsen/!6033627 | |
[2] /Kontroverse-im-saechsischen-Wahlkampf/!6030147 | |
[3] /Saechsische-Linke-bangt-um-Landtagseinzug/!6026831 | |
[4] /Existenzkrise-der-Linkspartei/!6027876 | |
## AUTOREN | |
Michael Bartsch | |
Marie Sophie Hübner | |
## TAGS | |
Die Linke | |
Schwerpunkt Landtagswahl Thüringen | |
Schwerpunkt Landtagswahl Sachsen 2024 | |
Wahlen in Ostdeutschland 2024 | |
Wahlen in Ostdeutschland 2024 | |
Wahlen in Ostdeutschland 2024 | |
BSW | |
Wahlen in Ostdeutschland 2024 | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Wahlgewinner Nam Duy Nguyen: Der Retter der Sachsen-Linken | |
Nam Duy Nguyen hat sich für die Linkspartei in Leipzig aufstellen lassen – | |
und gewonnen. Damit hat er seiner Partei den Wiedereinzug gesichert. | |
Regierungsbildung in Dresden und Erfurt: Was will Wagenknecht? | |
In Sachsen und Thüringen könnte es sehr lange dauern, bis eine Koalition | |
steht. Und das liegt vor allem am BSW und dessen Chefin Sahra Wagenknecht. | |
AfD-Erfolge in Thüringen und Sachsen: Wo bleibt der Aufschrei? | |
Der Erfolg der AfD ist eine Zäsur für den deutschen Rechtsextremismus. Die | |
Politik hat ihrem Aufstieg viel zu lange zugeschaut. | |
Bündnis Sahra Wagenknecht: Oh diese Lücke, diese entsetzliche | |
Die Kritik an der neuen populistischen Partei ist berechtigt. Aber für den | |
Erfolg des BSW tragen Linke und Ampel eine Mitverantwortung. | |
Bodo Ramelow nach Thüringen-Wahl: Die Ruhe nach dem Sturz | |
Der linke Ministerpräsident ist abgewählt. Doch er hadert kaum damit und | |
will als normaler Abgeordneter weiter Politik machen. |