| # taz.de -- Kein Plan für die Moor-Renaturierung: Bundeswehr kann's nicht schn… | |
| > Sechs Jahre nach dem Moorbrand in Meppen wachsen die ökologischen Schäden | |
| > im Moor immer weiter. Die Bundeswehr plant die Wiedervernässung behäbig. | |
| Bild: Das Moor auf dem Bundeswehrgelände in Meppen während des Moorbrandes 20… | |
| Bremen taz | Die Birken wachsen. Dort, wo vor genau sechs Jahren, am 3. | |
| September 2018, das Moor Feuer gefangen hat, weil die Bundeswehr nach einem | |
| trockenen Sommer auf ihrem Übungsgelände ein paar Raketen abgeschossen | |
| hatte. Das Feuer fraß sich nach unten, unterirdisch [1][brannten die | |
| Torfschichten fünf Wochen lang,] bis es gelang, alle Brände zu löschen. Und | |
| jetzt, jetzt wachsen die Birken. | |
| „Intensiver Gehölzaufwuchs auf etwa 600 ha Fläche“ wird das in einem | |
| Bericht der Bundeswehr formuliert, dicht an dicht stehen die Birken und | |
| Pappeln an vielen Stellen. Grund zur Freude ist das nicht. Für das Moor | |
| oder das, was davon übrig ist, sind die Bäume gefährlich: Sie ziehen das | |
| Wasser aus dem ohnehin viel zu trockenen Boden, werfen Schatten und Laub | |
| dort, wo empfindliche Moorgewächse eigentlich Sonne brauchen und verändern | |
| so das geschädigte Moor, bis es keines mehr ist. | |
| Weder kann der Torfboden seine Funktion als Kohlenstoffdioxidspeicher | |
| erfüllen, noch Lebensraum sein für gefährdete Arten. „Die empfindlichsten | |
| Pflanzen sterben zuerst“, sagt Katja Hübner vom Nabu Regionalverband | |
| Emsland. | |
| Seit Anfang August darf die Bundeswehr wieder [2][überall auf ihrem | |
| Testgelände schießen], auch in den betroffenen Moorgebieten. Es gibt jetzt | |
| mehr Sicherheitsmaßnahmen als zuvor: zusätzliche Feuerwehrkräfte, neue | |
| Löschwege, neue Löschfahrzeuge, und neue Richtlinien dafür, wie trocken die | |
| Böden sein dürfen. Die Wege im nahegelegenen Dorf Stavern wurden saniert, | |
| die Bundeswehr Big Band hat ein Konzert zur Entschädigung gegeben. | |
| ## Das Moor verwaldet | |
| Die ökologischen Folgen aber sind sechs Jahre nach dem Moorbrand noch nicht | |
| beseitigt. Im Gegenteil. Die Schäden würden immer noch größer, warnt der | |
| Umweltverband Nabu. | |
| Die [3][Bäume müssen weg,] so viel ist klar. Tatsächlich hat die Bundeswehr | |
| dafür mittlerweile technisches Gerät angeschafft und sich 2021 an die | |
| Arbeit gemacht. „Mit den Renaturierungsmaßnahmen ist man auf einem guten | |
| Weg, auch wenn diese langfristig angelegt sind“, wird ein | |
| Bundeswehrsprecher im Protokoll einer Umweltausschusssitzung des | |
| Landkreises Emsland von März 2023 zitiert. | |
| Etwa 85 Hektar konnten 2022/23 auf diesem guten langfristigen Weg entholzt | |
| werden, „entkusselt“ heißt das in der Moor-Fachsprache. Allerdings sind | |
| insgesamt rund 600 Hektar verstraucht. Bei dem Tempo dauert es rechnerisch | |
| sieben Jahre, bis die Birken weg sind. Doch diese Rechnung geht nicht auf – | |
| schließlich müsse zusätzlich nach Einschätzung der Bundeswehr selbst alle | |
| zwei bis Jahre nachgearbeitet werden: Einmal gefällte Gehölze treiben | |
| wieder aus. | |
| Viel schneller werden könne die Bundeswehr beim Fällen nicht, stellt sie in | |
| einem Bericht gegenüber dem Kreistag dar: Weil nach 150 Jahren Nutzung als | |
| militärisches Übungsgelände praktisch jeder Fleck mit Munition belastet | |
| ist, können die Bäume nur mit Spezialgerät und ferngesteuert abgeholzt | |
| werden. | |
| Außerdem sind die Baumfällungen auf die Zeit außerhalb der Brutzeit | |
| beschränkt. Die Witterung muss stimmen, damit der Boden für die Maschinen | |
| befahrbar ist. Und nicht zuletzt werden mehrere Monate für die eigene | |
| Nutzung für die „verteidigungspolitischen Maßnahmen“ ausgespart. Effektiv | |
| verbleibe so nur eine Einsatzzeit von drei bis vier Monaten pro Jahr. | |
| Die dauerhafte Lösung heißt aber ohnehin nicht Fällen, sondern | |
| Wiedervernässung. Im klitschnassen gesunden Moor könnten die Birken nicht | |
| überleben. Doch wie fast auf der gesamten deutschen Moorfläche wird auch | |
| das Moor in Meppen, die sogenannte „Tinner Dose“ von Gräben durchzogen, | |
| ständig fließt Wasser ab. Im Prinzip ist klar, was passieren muss: Die | |
| Gräben müssen zugeschüttet werden, wenigstens zum Teil, das Wasser | |
| aufgestaut, und ein Wall wie eine schützende Mauer rund um das Moor | |
| aufgeschüttet werden. | |
| ## Wiedervernässung nur nach Gutachten – das dauert | |
| Schon 2019 hatte der Nabu im eigens eingerichteten AKAUM (Arbeitskreis | |
| Aufarbeitung Umweltschäden Moorbrand) darauf hingewiesen und ein Konzept | |
| mit notwendigen Maßnahmen vorgelegt. Die Reaktion der Bundeswehr sei | |
| interessiert gewesen – und abwiegelnd. Man wolle erst das große Gutachten | |
| abwarten. | |
| Doch das große Gutachten, das ließ auf sich warten; noch im September 2022, | |
| vier Jahre nach dem Moorbrand, musste die Bundeswehr gegenüber dem | |
| Landkreis Emsland zugeben, dass sie noch gar kein Gutachten in Auftrag | |
| gegeben habe. Die „Erstellung der Vergabeunterlagen“ habe sich verzögert. | |
| Nach mehr als vier Jahren, 2023, wurde das Gutachten endlich beauftragt. | |
| Aber ein Ergebnis, das dauert auch nochmal. Ein ganzes Jahr lang | |
| jedenfalls, so die Planung, sollen Pegelstände aufgezeichnet werden, um den | |
| Istzustand zu erfassen; wann das Gutachten fertig sein soll, sagt die | |
| Bundeswehr auch auf Nachfrage nicht. | |
| „Man will den ganz großen Wurf“, erklärt Hübner. Dabei könne man vieles | |
| einfach ausprobieren: Flexible Staudämmen, mehrere kleine, statt eine große | |
| Stauung vornehmen zum Beispiel. Dann könne man immer noch nachjustieren, | |
| wenn das Wasser doch zu hoch steige. | |
| Im Landtag Emsland kritisierten bereits sowohl SPD und Grüne als auch CDU | |
| das mangelnde Engagement der Bundeswehr. Verantwortungslos, auch bei der | |
| Aufarbeitung, handele die Bundeswehr, so der SPD-Abgeordnete Ulrich Wilde | |
| bei einer Sitzung 2022. Auch der CDU-Abgeordnete Reinhard Kurlemann fand | |
| „keinen Willen zur Umsetzung erkennbar“. „Viel zu zögerlich“ seien die | |
| Renaturierungsmaßnahmen angegangen worden, kritisiert Klemens Grolle von | |
| den Grünen gegenüber der taz. | |
| Eigentlich, betont Hübner, müsste die Bundeswehr selbst das größte | |
| Interesse an einem intakten vernässten Moor haben. „In einem Waldgebiet | |
| können die nicht schießen, wegen der Brandgefahr.“ | |
| Die Bundeswehr, sie schweigt allerdings zu alldem. Die taz-Anfrage von | |
| Donnerstagmittag wird bis Montagabend „aufgrund der Kürze der Zeit“ nicht | |
| beantwortet, auch nicht in Teilen. Einen Grund für die behäbige Umsetzung | |
| gab es bei der Umweltausschusssitzung im Landkreis im März 2023. „Mit der | |
| Situation war man schlichtweg überfordert“, wird ein Sprecher der | |
| Bundeswehr im Protokoll der Sitzung zitiert. | |
| 2 Sep 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| Lotta Drügemöller | |
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