# taz.de -- Klage gegen Ausreiseverbot: Roter Teppich für Diktator Erdoğan | |
> Eine „Friedensdelegation“ um Hamburgs Linken-Fraktionschefin Cansu | |
> Özdemir wurde auf dem Weg nach Kurdistan ausgebremst – das war | |
> unrechtmäßig. | |
Bild: Der Einsatz für die kurdische Sache kann einen schnell in den Fokus der … | |
Düsseldorf taz | Die Bundespolizei hat Mitglieder einer Delegation von | |
pro-kurdischen Aktivist:innen, zu der mit Cansu Özdemir auch die | |
Co-Fraktionsvorsitzende der Linken in der Hamburgischen Bürgerschaft | |
gehörte, am Düsseldorfer Flughafen unrechtmäßig [1][an einer Reise in den | |
kurdischen Teil des Iraks gehindert]. Das hat das Verwaltungsgericht Köln | |
nach Klagen von Delegationsteilnehmerinnen am Mittwoch in zwei Einzelfällen | |
entschieden. | |
Die aus rund 20 Menschen bestehende [2][„Friedensdelegation“ hatte sich am | |
12. Juni 2021 aus Hamburg auf den Weg gemacht]. Ziel sei gewesen, „als Teil | |
einer internationalen Delegation die dort lebende Zivilbevölkerung für eine | |
friedliche Lösung gegen den völkerrechtswidrigen Krieg der Türkei in | |
Südkurdistan zu unterstützen“, so die Initiative Defend Kurdistan. | |
Für einen „Skandal“ hält Özdemir, was dann am Düsseldorfer Flughafen | |
geschah: „Nach dem Sicherheitscheck sind wir von Bundespolizist:innen | |
eingekesselt worden“, sagte sie der taz. „Auf meinen Einwand, ich sei | |
Abgeordnete, wurde mir gesagt: Das ist ein Befehl von oben.“ | |
Offenbar sei die Reise auf Basis einer „politischen Anordnung“ verhindert | |
worden, um den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan nicht zu | |
verärgern, glaubt Özdemir noch heute: „In diese Anordnung muss das | |
Bundesinnen- oder das Bundesaußenministerium involviert gewesen sein.“ | |
Mitglieder der Delegation aus Hamburg seien teilweise „vier bis fünf | |
Stunden“ festgehalten worden – und verpassten wie Özdemir selbst ihren | |
Flug. 16 Delegationsmitgliedern untersagte die Bundespolizei außerdem für | |
einen Monat die Ausreise in den Irak. Dokumentiert wurde dies auch mit | |
einem Stempel im Reisepass. | |
Zur Begründung hieß es, die Delegationsteilnehmer:innen könnten | |
die von der Europäischen Union, nicht aber von den Vereinten Nationen als | |
terroristische Vereinigung eingestufte Arbeiterpartei Kurdistans | |
unterstützen wollen. Konkret bestehe der Verdacht, sie könnten sich der PKK | |
als „menschliche Schutzschilde“ gegen Angriffe des türkischen Militärs zur | |
Verfügung stellen – was nicht nur Özdemir, sondern auch die beiden | |
Klägerinnen vor dem Düsseldorfer Verwaltungsgericht, Ronja H. und Theda O., | |
als „realitätsfern“ zurückwiesen. | |
## Ausreiseverbote sind rechtswidrig | |
„Ich wollte auf der Reise Öffentlichkeitsarbeit für die Friedensdelegation | |
leisten“, erklärte Ronja H. im Gerichtssaal. „Mit unseren Klagen wollen wir | |
klarmachen, dass wir massive Eingriffe in unsere Grundrechte wie durch | |
diese ‚Ausreiseuntersagungen‘ nicht einfach hinnehmen“, so die | |
Klimaktivistin zur taz – und bekam wie Theda O. Recht: Die Ausreiseverbote | |
seien rechtswidrig, urteilte das Kölner Verwaltungsgericht. | |
Zwar erlaubt das Passgesetz, Ausreisen zu untersagen, wenn „die innere oder | |
äußere Sicherheit oder sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik | |
Deutschland gefährdet“ seien. Dies muss aber mit „Tatsachen“ begründet | |
werden – der bloße Verdacht, als „menschliche Schutzschilde“ fungieren zu | |
wollen, reiche nicht aus. Auch der Hinweis, die PKK rekrutiere gezielt | |
europäische Jugendliche, sei insbesondere mit Blick auf die 2021 bereits | |
70-jährige Theda O. wertlos. | |
„Sehr positiv“ sei die Entscheidung, findet Özdemir. Sie konnte nicht | |
klagen, da sie keine formelle Ausreiseuntersagung erhalten hat. Ihre | |
Anzeige wegen Freiheitsberaubung und Nötigung wurde von der | |
Staatsanwaltschaft Düsseldorf abgeschmettert. „Das Urteil macht klar, wie | |
die Bundespolitik dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan | |
unrechtmäßig den roten Teppich ausrollt“, kritisiert die Linke – „und so | |
einen islamistischen Diktator stützt“. | |
Allerdings: Angewendet wird das Druckmittel der Ausreiseverweigerung von | |
der Bundespolizei noch immer. Erst am 30. Juli wurden am Münchener | |
Flughafen fünf Studierende festgehalten, die an Gedenkveranstaltungen zum | |
zehnten Jahrestag des [3][Genozids an den Jesid:innen] im Irak | |
teilnehmen wollten. Auch in diesem Fall sind bereits Klagen angekündigt. | |
28 Aug 2024 | |
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## AUTOREN | |
Andreas Wyputta | |
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