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# taz.de -- Die Wahrheit: Zar und Narr
> Neulich hat Dimitri Medwedew wieder einen seiner größenwahnsinnigen
> Wichtelbeiträge zum Kriegsgeschehen abgesetzt – zur Freude der
> German-Angsthasen.
Wie die meisten Alleinherrscher hält sich auch Bloody Wladi seinen
persönlichen Hofnarren. Traditionell ist der Narr von kleiner Gestalt,
sitzt jedoch mit am Tisch der Großen. Er hat die berühmte Narrenfreiheit,
alles sagen zu dürfen, sogar Kritik am Führer ist ihm erlaubt. Im
russländischen Reich Wladimir Putins hat dieses Amt derzeit Dmitri Medwedew
inne. Einst fungierte der gern höhnisch wie der „Joker“ grinsende
Kleindarsteller sogar übergangsweise als Präsident. Seit dem russländischen
Krieg gegen die Ukraine fällt Medwedew vor allem durch eines auf: gruselig
verzerrte Auslassungen zum Kriegsgeschehen.
Vor Kurzem erwachte der Kreml aus seiner panischen Apathie, nachdem
ukrainische Truppen ins Kursker Gebiet einmarschiert waren, und Medwedew
bekam die Aufgabe, irgendetwas von sich zu geben. Sonst droht er am
liebsten mit Atomwaffen, denn drunter macht es der größenwahnsinnige
Wichtel nicht, wohl wissend, dass bei einem Einsatz von „taktischen“
Atombomben die wenigen Kombattanten Russlands schlagartig das Schlachtfeld
verlassen werden, ein Einsatz von Massenvernichtungswaffen aber den
sofortigen Selbstmord nicht nur der Kreml-Clique bedeutete. Jetzt ließ er
alle Hoffnung auf Frieden fahren und übersetzte das Gefühl der Panik in die
Retrosprache des Sowjet-Irrsinns: „Es wird keine Verhandlungen geben, bis
der Feind vollständig und restlos zerstört ist.“
Ein Narr ist, der seine Feinde verachtet, schrieb einst der
Barock-Satiriker Georg Rollenhagen. Abgesehen davon, dass es ein Oxymoron
ist, mit einem Feind erst dann verhandeln zu wollen, wenn er vollständig
und restlos zerstört ist, möchte der Scheinriese mit seinem lauten Geschrei
wie immer Angst verbreiten, obwohl jeder sehen kann, dass das angeblich
große russländische Reich und seine Rote Armee auf tönernen militärischen
Füßen stehen.
Symbolhaft verkörpert Medwedew mit seinen Omnipotenzfantasien das
megalomanische Russland, während sein schrilles Waffenklirren im Wind der
Realität verhallt. Er inszeniert sich bewusst als Outlaw der
Weltgemeinschaft. Der aufgeplusterte Angebertonfall soll dabei die Furcht
des Narren am Hofe des Zaren übertönen, eines Tages wie die Romanows vor
einem Erschießungskommando zu enden. Medwedew ahnt, dass er nicht alt im
Bett, sondern in seinen blank polierten Betrügerschuhen sterben wird. Dem
Narren wachsen keine grauen Haare.
Betrüger sind auch immer Selbstbetrüger. Deshalb ist die Figur des Narren
für Medwedew schon viel zu hoch gegriffen. Nicht einmal der Verachtung ist
er wert. Letztlich ist er nur ein Würstchen. Vor dem in erster Linie die
wagengeknechteten German-Angsthasen mächtig bibbern. Doch selbst wenn
dieses Würstchen tatsächlich gefährlich wäre, bleibt es immer noch nur ein
Würstchen. Es hat zwei Enden. Eines ist die Geburt. Und das andere steht
ihm bevor. Die nicht allzu ferne Zukunft wird es richten.
27 Aug 2024
## AUTOREN
Michael Ringel
## TAGS
Kolumne Die Wahrheit
Russland
Dmitri Medwedew
Wladimir Putin
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