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# taz.de -- Verstrahlte Nashörner in Südafrika: Radioaktiv gegen Wilderei
> Im Hluhluwe-iMfolozi-Park töten Wilderer besonders viele Nashörner.
> Mitarbeiter und Wissenschaftler gehen dagegen vor – mit außergewöhnlichen
> Mitteln.
Bild: Gefährlicher Lebensraum: ein Nashorn im Hluhluwe-Imfolozi-Nationalpark
Hluhluwe-iMfolozi-Park (Südafrika) taz | Langsam läuft Dumisami Zwane durch
das Gehege und hält Ausschau nach seinen Schützlingen. Er ist Leiter der
Wildhüter-Abteilung im Hluhluwe-iMfolozi-Park. Sein Team überwacht die
Wildtierbestände und fördert mit Öffentlichkeitsarbeit das Bewusstsein für
Naturschutzmaßnahmen.
Der Park in der südafrikanischen Provinz KwaZulu-Natal ist eines der
ältesten Schutzgebiete des Landes – und am schwersten von
[1][Nashorn]-Wilderei betroffen. Von 499 gewilderten Nashörnern wurden 307
allein im Hluhluwe-iMfolozi-Park getötet.
Bereits seit 19 Jahren arbeitet Dumisami Zwane in dem Park und kümmert sich
unter anderem um verletzte oder verwaiste Nashörner. Er strahlt Ruhe aus,
während er zu Fuß durch das etwa drei Hektar große Gehege läuft und nach
den Tieren Ausschau hält.
Die verbuschte Landschaft bietet viel Platz zum Verstecken. Vor allem in
der Mittagshitze des Tages neigen die Tiere dazu, sich ins Dickicht
zurückzuziehen und die kühleren Abendstunden abzuwarten. Insgesamt acht
Nashorn-Jungtiere werden derzeit in einem separaten Bereich des Parks
aufgezogen. Ihre Mütter wurden gewildert, beklagt Zwane.
## Nashorn-Horn erzielt hohe Preise auf dem Schwarzmarkt
Getötet werden die Tiere aufgrund ihres Horns, dem vor allem im asiatischen
Raum [2][Heilkräfte nachgesagt werden]. Auf dem Schwarzmarkt bringt das
Horn finanzielle Erträge, die teils höher sind als die von Gold, Diamanten
oder Kokain.
„Dabei ist wissenschaftlich erwiesen, dass das Horn keine medizinische
Wirksamkeit hat. Genauso gut könnte man seine eigenen Fingernägel essen“,
sagt Musa Mntambo, Sprecher der Naturschutzbehörde Ezemvelo KZN Wildlife,
die den Park betreibt. Das Horn bestehe nämlich vor allem aus Keratin – wie
die Haare, Nägel, Krallen, Barten, Schuppen, Schnäbel oder Hufen vieler
Tiere sowie menschlichen Haare und Nägel.
Als Reaktion auf eine drastische Wilderei-Zunahme sind daher seit April
mehr als 1.000 Nashörner im Hluhluwe-iMfolozi-Park enthornt worden. Dabei
würden die Tiere zunächst von einem Helikopter aus mit einem
Beruhigungsmittel betäubt werden, erzählt Mntambo. „Dann bedecken wir die
Augen, um das Tier vor Licht zu schützen. Auch die Ohren werden mit
Stöpseln verschlossen, um den Lärm zu reduzieren.“
Auf einer Videoaufnahme seines Handys ist zu sehen, wie mit einer
Motorsäge, einige Zentimeter über dem Ansatz, das Horn abgesägt wird.
Zurück bleibt lediglich der Stumpf. „Wir versuchen, uns nicht in die Natur
einzumischen“, sagt Mntambo. Aus diesem Grund sei lange auf die Maßnahme
verzichtet worden. Nun sähe man sich aber dazu gezwungen. Zwischen 18 und
24 Monate dauert es, bis das Horn wieder nachgewachsen ist. Die Enthornung
muss daher alle paar Monate wiederholt werden, erklärt Mntambo.
Warum die Tötungen ausgerechnet im Hluhluwe-iMfolozi-Park zugenommen haben,
vermag er nicht zu sagen. „Es gibt zwar einen Zaun und Kameras, aber auch
nicht überall“, sagt er. Möglicherweise gebe es auch einen Zusammenhang mit
erfolgreichen Anti-Wilderei-Maßnahmen in anderen Parks, die dazu geführt
hätten, dass Wilderer „abgewandert“ seien.
Während vormals der Krüger-Nationalpark Hotspot für Nashorn-Wilderei war,
verzeichnete dieser im Jahr 2023 einen Rückgang um mehr als ein Drittel,
nachdem massiv in Anti-Wilderei-Maßnahmen investiert worden war. Seit das
Enthornungs-Programm im Hluhluwe-iMfolozi-Park in Kraft getreten sei, habe
es aber einen kleinen Rückgang bei der Zahl an gewilderten Nashörnern
gegeben, berichtet Mntambo.
## Wilderer mit radioaktivem Material abschrecken
Seit Neuestem forscht in Südafrika ein Team der Johannesburger Universität
Witwatersrand an einer alternativen Methode, um der Wilderei Einhalt zu
gebieten: Mithilfe von [3][Radioaktivität] sollen die Hörner der [4][vom
Aussterben bedrohten Tierart] unattraktiv gemacht werden, erklärt
Projektleiter James Larkin.
Dazu wird ein Loch in das Horn gebohrt, das mit einer kleinen Menge
Radioisotopen gefüllt wird. „99 Prozent der Welt hat eine intuitive
Abneigung gegen Radioaktivität. Man denkt an Tschernobyl oder Fukushima, an
Atomwaffentests und so weiter. Indem wir eine kleine Menge radioaktives
Material in das Horn einbringen, soll in erster Linie das Horn für den
Endverbraucher wertlos werden.
Dabei ist die Dosis aber so gering, dass sie den Tieren nicht schadet“,
erklärt Larkin. Außerdem könnten radioaktiv behandelte Hörner leichter an
internationalen Grenzen eher entdeckt werden, was den Schmuggel erschweren
würde. Messgeräte, wie sie an Flughäfen oder beim Zoll üblich seien,
könnten die Radioaktivität nämlich erkennen.
Das Projekt befindet sich aktuell noch in der Pilotphase. 20 Nashörnern in
unterschiedlichem Alter seien im Juni die ersten Dosen radioaktiver Isotope
ins Horn eingefügt worden. Über einen Zeitraum von sechs Monaten würden die
Tiere Tag und Nacht beobachtet werden, ergänzt Jessica Babich, die an dem
Projekt mitarbeitet.
Ziel sei es auch, langfristig eine Alternative zu den Enthornungsprogrammen
zu finden. „Bislang ist das noch das erfolgreichste Mittel gegen Wilderei
gewesen, aber der Prozess ist laut und stressig für die Tiere“, so Babich.
„Außerdem ist es uns allen eine Herzensangelegenheit, die Nashörner in
ihrem eigentlichen Zustand schützen zu können, also mit Horn.“ Noch ist es
zu früh, um Schlussfolgerungen zu ziehen, doch das internationale Interesse
an dem Projekt ist immens.
Währenddessen setzen Parkmitarbeiter wie Dumisami Zwane ihre Arbeit fort,
in der Hoffnung, dass eines Tages Nashörner ohne die Bedrohung durch
Wilderer leben können. „Wir müssen unbedingt dafür sorgen, dass diese Art
erhalten bleibt“, sagt Zwane entschlossen.
14 Aug 2024
## LINKS
[1] /Nashorn/!t5022900
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[4] /Kuenstliche-Befruchtung-soll-Art-retten/!5606115
## AUTOREN
Helena Kreiensiek
## TAGS
Nashorn
Südafrika
Wilderei
Radioaktivität
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Fußball
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