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# taz.de -- Verhalten bei Gewitter: Wenn dich der Blitz trifft
> Dass sich Blitzeinschläge auch über den Boden ausbreiten können, wusste
> ich nicht – bis ich während eines Gewitters barfuss im regennassen Beet
> stand.
Bild: Von weitem sieht er schön aus aus, so ein Blitz…
Weil in den vergangenen Wochen zwei Teenager nach Blitzeinschlägen
gestorben sind, verbreiten Medien Tipps, wie man sich bei Gewitter
verhalten soll. Ich stelle fest, dass ich immer noch keine Ahnung habe.
Nicht ins Wasser gehen, klar. Aber sonst? Gemerkt hatte ich mir [1][nach
dem Blitzeinschlag] vor sechs Jahren nur: Stell dich bei Gewitter nicht
barfuß in regennasse Beete.
Ich bin vom Blitz getroffen worden, ja, aber nicht spektakulär von oben,
sondern von unten, nachdem ein paar Meter weiter – ich weiß nicht, wie
viele – der Blitz in irgendetwas eingeschlagen war und sich über den Boden
ausgebreitet hatte. Dass das möglich ist, hatte ich bis dahin nicht
gewusst. Der Knall soll gewaltig gewesen sein, sagten mir andere, die dabei
waren, drinnen im Haus. Ich habe nichts gehört, weil ich in dem Moment mit
dem beschäftigt war, was in meinem Körper vor sich ging.
Es tat weh, aber mir ist nichts passiert, gar nichts. Mein Glück war
wahrscheinlich, dass meine Füße zufällig recht nahe zusammen standen, so
dass die elektrische Spannung nicht einmal durch meinen Körper hindurch
musste, um sich zu entladen. Das geschah zwischen meinen Fußknöcheln, ich
habe sie gesehen. Kleine helle Blitze, wie Wunderkerzen.
Den Schmerz spürte ich bis ins Knie, ich nehme an, er war doll, aber wie
doll, kann ich nicht beschreiben. Ich war, wie gesagt, sehr im Moment in
dem Moment. Die Kurklinik, in der ich mich damals aufhielt, schickte mich
mit dem Rettungswagen in die Notaufnahme des Kreis-Krankenhauses, wo mein
Herzschlag über Nacht überwacht werden sollte. Dass meinem Herzen nichts
passiert sein konnte, weil der Strom es gar nicht so weit nach oben
geschafft hatte und ich lieber in Ruhe schlafen wollte, interessierte den
diensthabenden Arzt nicht. „Ich höre Sie“, sagte er, ein Psychologe, und
„ich will, dass Sie ans EKG kommen“.
Der Sanitäter im Rettungswagen erzählte mir, dass er schon einmal jemanden
aus einem Zelt habe holen müssen, der den Blitzschlag nicht überlebt hatte.
Auch das habe ich mir gemerkt: Raus aus dem Zelt. Jetzt lese ich nach, dass
man sich im Freien zudem hinhocken, aber auf keinen Fall hinlegen sollte.
Mein Aufenthalt in der Notaufnahme der niedersächsischen Kreisstadt in der
Lüneburger Heide war kurz und eindrücklich. Nazis beschimpften die Frau am
Empfang, im Zimmer waren Blutspritzer auf dem Boden, gegenüber eine Frau
mit Norovirus, und der Dienst des jungen Arztes aus dem Irak seit zwei
Stunden zu Ende. Eigentlich hatte er auch schon gekündigt, erzählte er mir,
aber der Geschäftsführer hatte ihn angefleht zu bleiben, es gab sonst
niemanden. Nach wenigen Stunden und einem unauffälligen EKG entließ ich
mich selbst.
Am nächsten Morgen blickte mich eine Patientin der Kurklinik entzückt an.
Sie war ausgebildete Schamanin und sagte, in einem indigenen Volk gälte ich
jetzt als auserwählt. Im Internet finde ich nicht viel dazu, nur, dass man
sich wohl nicht mehr gegen den Ruf der Ahnen wehren kann, fortan als
spirituelle Heilerin zu wirken, wenn man dreimal einen Blitzeinschlag
überlebt hat.
Nein, danke, das eine Mal hat mir gereicht. Ich habe eine grobe
Vorstellung, wie es sein muss, wenn die Spannung einmal durch den ganzen
Körper jagt. Und wie hoch die Überlebenschancen dann sind. [2][Also
studiere ich die Verhaltenstipps]: Im Freien Bäume meiden, lieber die Nähe
von Metallmasten (mindestens drei Meter hoch) suchen, sie aber nicht
berühren und einen Abstand von mindestens einem Meter wahren.
10 Aug 2024
## LINKS
[1] /Kinder-fragen-die-taz-antwortet/!6008819
[2] https://www.vor-blitzen-schuetzen.eu/de
## AUTOREN
Eiken Bruhn
## TAGS
Wetter
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Schwerpunkt Klimawandel
wochentaz
Kinderfrage
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