# taz.de -- Verein IJA kämpft für Pressefreiheit: Starke Stimmen aus dem Exil | |
> Die International Journalists Association verbindet | |
> Exiljournalist*innen aus aller Welt, die von Repressionen betroffen | |
> sind. Mit großem Erfolg. | |
Bild: Evan Gershkovich: Wegen kritischer Berichterstattung in Russland zu 16 Ja… | |
Cevheri Güven ist ein [1][türkischer Journalist], aber in seiner Heimat | |
schreiben kann er seit zehn Jahren nicht mehr. Wegen seiner kritischen | |
Berichterstattung über Staatspräsident Erdoğan wurde der ehemalige | |
Chefredakteur des politischen Magazins Nokta 2015 für zwei Monate | |
inhaftiert, und wie vielen seiner regimekritischen Kolleg*innen drohte | |
ihm weitere, [2][jahrelange Haft]. | |
Also floh er aus der Türkei und kam mit seiner Familie nach Deutschland. | |
Von hier aus berichtet er weiter über die Politik in der Türkei – etwa auf | |
seinem eigenen Youtube-Kanal, der fast 700.000 Abonnent*innen hat. Seine | |
Videos werden millionenfach angeklickt. So wie er publizieren viele | |
Berichterstatter*innen aus dem Exil. | |
Zusammen mit anderen aus der Türkei geflüchteten Journalist*innen hat | |
Güven 2017 in Frankfurt die [3][International Journalists Association | |
(IJA)] gegründet, eine international ausgerichtete Vereinigung | |
Medienschaffender. „Unser vorrangiges Ziel ist, Exiljournalisten bei der | |
Fortführung ihrer Arbeit zu unterstützen“, sagt Güven. | |
Ihrer Erfassung nach sind seit 2013 circa 1.150 Kolleg*innen aus der | |
Türkei geflohen, davon rund die Hälfte in die Europäische Union. Versammelt | |
unter einem Vereinsdach, wollen die International Journalists die | |
Solidarität und den Informationsaustausch untereinander stärken, | |
[4][Pressefreiheit] und Medienethik fördern und natürlich berichten. | |
Die Journalistenvereinigung bespielt inzwischen diverse | |
Veröffentlichungskanäle. Sie betreibt die Online-Zeitungen Turkish Minute, | |
Velev und Bold. Darin begleiten und kommentieren die International | |
Journalists nicht nur kritisch das politische Geschehen in der Türkei und | |
Repressionen gegenüber Regimekritiker*innen. Sie berichten auch über | |
Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft sowie Internationales. | |
Zudem bringt die IJA seit 2020 halbjährlich das Print-Magazin | |
[5][Journalist Post] heraus. Der Fokus liegt hier auf Fragen der | |
Pressefreiheit und ihrer weltweiten Bedrohung. Ein häufiges Thema: | |
Türkische Investigativjournalist*innen, die wegen ihrer | |
regierungskritischen Berichterstattung im Gefängnis sitzen. | |
Berichtet wird aber auch über Repressalien gegen Kolleg*innen in | |
Russland, Kolumbien, Saudi-Arabien, Afghanistan oder auf dem Balkan. Und | |
selbst in Deutschland: Da problematisiert eine Lokalredakteurin aus der | |
deutschen Provinz etwa den Anstieg tätlicher Angriffe gegen | |
Journalist*innen, häufig aus rechten Kreisen. | |
## 420 Mitglieder aus 20 Staaten | |
Während die Journalist Post in einer kleinen Druckauflage von 3.000 | |
Exemplaren erscheint, kommen die Online-Publikationen der IJA bereits auf | |
beachtliche Reichweiten. | |
„Wir entwickeln mit unseren und von uns unterstützten Plattformen allein | |
150 Stunden Video-Content im Monat“, unterstreicht Yasemin Aydin, Director | |
of International Affairs bei dem Verein mit inzwischen 420 Mitgliedern aus | |
20 Staaten. Der Youtube-Kanal von Bold etwa sei im Juni 13 Millionen Mal | |
aufgerufen worden und die Turkish Minute sei bislang 6.400 Mal als Quelle | |
von anderen Medien und Organisationen verwendet worden. Auch die Opposition | |
in der Türkei nutze sie. | |
„Wir arbeiten vorwiegend ehrenamtlich“, betont Aydin. Finanziert wird das | |
Ganze durch Sponsoren und inzwischen 1.800 Fördermitglieder. Der | |
Finanzierungsbedarf steigt. Die IJA betreibt auch eine Medienakademie, | |
engagiert sich in der Nachwuchsförderung, kooperiert mit | |
Journalistenschulen oder Stiftungen. Sie unterstützt Exilkolleg*innen | |
weltweit über die Berichterstattung hinaus, etwa durch Beratung | |
befreundeter Anwält*innen oder Unterstützung bei publizistischen Fragen. | |
Dass die Arbeit auch aus dem Exil heraus nicht immer einfach ist, weiß | |
Cevheri Güven aus eigener Erfahrung: Vor knapp zwei Jahren hat die | |
regierungsnahe türkische Zeitung Sabah ihn zur Zielscheibe erklärt und | |
seine Adresse veröffentlicht. Seither lebt er mit seiner Familie an einem | |
anderen Ort und steht unter Polizeischutz. | |
Doch es stimmt ihn und andere IJA-Aktive hoffnungsvoll, wie Journalismus im | |
Exil trotz aller Repressalien eine wachsende Bedeutung über neue Kanäle und | |
Non-Profit-Ansätze erlangen und seine Kontrollfunktion wahrnehmen kann. | |
„Das hat großes Potenzial und kann auch die Medienlandschaft verändern“, | |
sagt Cevheri Güven. Er würde trotzdem gerne wieder möglichst bald von der | |
Türkei aus publizieren. | |
14 Aug 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Reporter-Duendar-und-Tuerfent-ueber-Tuerkei/!6021562 | |
[2] /Journalist-in-der-Tuerkei-verhaftet/!5932917 | |
[3] https://internationaljournalists.org/en/ | |
[4] /Repression-in-Venezuela/!6026650 | |
[5] https://internationaljournalists.org/de/journalist-post/ | |
## AUTOREN | |
Alexandra Welsch | |
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