# taz.de -- Illegales Militärlager in Südafrika: Klein-Libyen im Busch | |
> Bei der Razzia im Ausbildungscamp einer privaten Sicherheitsfirma in | |
> Südafrika werden 95 unregistrierte Libyer entdeckt. Wie kamen sie dort | |
> hin? | |
Bild: Libysche Staatsangehörige nach ihrer Verhaftung, White River | |
Johannesburg taz | Wie kann aus einer registrierten Einrichtung eines | |
akkreditierten Sicherheitsausbildungsanbieters ein illegales Militärcamp | |
für unregistrierte Libyer werden? Diese ungelöste mysteriöse Frage sorgt | |
derzeit in Südafrika für Panik und Sorge darüber, ob die Durchlässigkeit | |
der Grenzen und mutmaßliche Korruption in den Migrationsbehörden das Land | |
in einen sicheren Hafen für Terroristen verwandelt. | |
Am vergangenen Freitag wurden bei einer Razzia in der militärischen | |
Einrichtung White River in der östlichen Provinz Mumalanga 95 Libyer | |
festgenommen. White River 15 Kilometer nördlich der Provinzhauptstadt | |
Mbombela (früher Nespruit) unweit der [1][südafrikanischen Grenzen zu | |
Eswatini] und Mosambik ist eine anerkannte militärische | |
Ausbildungseinrichtung. Aber nun war es eine Basis bewaffneter Libyer. | |
Die Razzia in White River erfolgte, nachdem Anwohner bei der Polizei eine | |
Zunahme von Verbrechen wie Vergewaltigungen, Einbrüche, Schießereien und | |
Drogenhandel angezeigt hatten. Als die Polizei in White River eintraf, | |
fanden sie militärische Zelte voller Libyer vor. Sie verfügten über | |
militärische Ausrüstung, darunter legal zugelassene Waffen. Auch Dagga | |
(südafrikanischer Slang für Cannabis) und Kokain wurden von den | |
Polizeibeamten entdeckt. | |
Am Montag sollten die Libyer einem Haftrichter vorgeführt werden. | |
Vorgeworfen wird ihnen Bruch der Einwanderungsgesetze. Dies bedeutet, dass | |
sie unerkannt nach Südafrika einreisten. Laut Innenministerium erhielten | |
sie Visa bei der südafrikanischen Botschaft in Tunesien. Diese seien jetzt | |
annulliert worden, da sie regelwidrig ausgestellt wurden, hieß es. | |
## Ausbildung libyscher Haftar-Kämpfer? | |
Libyen ist seit dem [2][Sturz des Diktators Muammar al-Gaddafi im Rahmen | |
einer Nato-Militärintervention 2011] zerfallen. Die international | |
anerkannte Regierung in der Hauptstadt Tripolis im Westen des Landes wird | |
von Libyens mächtigstem Warlord General Haftar im Osten des Landes | |
bekämpft. Haftar wird von Russland unterstützt. | |
Die Regierung in Tripolis hat jegliche Verbindung zu den in Südafrika | |
aufgegriffenen Libyern zurückgewiesen und angeboten, den südafrikanischen | |
Behörden bei der Aufklärung zu helfen. Die Regierung von General Haftar in | |
Ostlibyen hingegen hat den festgenommenen Libyern Unterstützung angeboten. | |
Nach Recherchen der südafrikanischen Zeitung Daily Maverick wird das | |
Militärlager in White River von der privaten südafrikanischen | |
Sicherheitsfirma Milites Dei Security Services (MDSS) betrieben, die von | |
Haftar zur Ausbildung libyscher Kämpfer angeheuert worden sei. MDSS habe | |
sich geweigert, dies auf libyschem Gebiet zu tun, und gefordert, dass die | |
Auszubildenden nach Südafrika kommen. Dies sei im April geschehen. | |
Südafrikas neuer Polizeiminister Senzo Mchunu hält sich zu den genauen | |
Hintergründen der Razzia bedeckt. Der Antrag auf Nutzung der Einrichtung | |
sei im Einklang mit den Bestimmungen der Behörde zur Regulierung privater | |
Sicherheitsdienste erfolgt, sagte er, aber „das, was beantragt wurde, | |
stimmt nicht mit dem überein, was hier vorgefunden wurde“. Gefragt, ob es | |
noch mehr mysteriöse Militärlager dieser Art geben könnte, sagte er: „Wir | |
werden uns nicht darauf beschränken, was wir jetzt festgestellt haben. Wir | |
werden unsere Untersuchungen ausweiten.“ | |
## IS-Finanzierer in Südafrika identifiziert | |
Mögliche Verbindungen zur organisierten Kriminalität oder zum | |
internationalen Terrorismus werden nicht ausgeschlossen. Erst vergangene | |
Woche hatten die USA Sanktionen gegen eine Reihe mutmaßlicher Finanzierer | |
von [3][Aktivitäten des globalen Islamischen Staates (IS) in Afrika] | |
verhängt und auch Südafrikaner fanden sich auf dieser Sanktionsliste | |
wieder. | |
Einer ist Abubakar Swalleh, von den USA als „in Südafrika und Sambia | |
basierter“ IS-Aktivist beschrieben, der Bargeld aus Südafrika in die | |
Demokratische Republik Kongo gebracht haben soll, wo die ugandische | |
Rebellengruppe ADF (Allied Democratic Forces) zum IS gezählt wird. Swalleh | |
soll Bewegungen von IS-Aktivisten von Uganda nach Südafrika und zurück | |
ermöglicht haben und wird in Südafrika wegen Raubüberfall und Geiselnahme | |
gesucht. | |
Ein weiterer Südafrikaner auf der US-Sanktionsliste ist Zayd Gangat, | |
angeblich ein IS-Ausbilder. „IS-Führer in Südafrika haben in der | |
Vergangenheit Raub, Erpressung und Geiselnahme genutzt, um Finanzmittel für | |
die Gruppe zu erwirtschaften“, erklärte das US-Finanzministerium. | |
Südafrika erlebt derzeit eine Welle von Geiselnahmen. Am vergangenen | |
Donnerstag rettete die Polizei zwei Chinesinnen, die im Johannesburger | |
Stadtteil Bramley verschleppt worden waren – Berichten zufolge wurden | |
20.000 Rand (1.000 Euro) Lösegeld gezahlt. Am selben Tag kam ein bekannter | |
Geschäftsmann in Ggebera in der Ostkap-Provinz aus sechs Tagen Geiselhaft | |
frei. | |
Südafrika steht seit 2023 auf der „Grauen Liste“ der [4][internationalen | |
Financial Action Task Force (FATF)], die weltweit den Stand der | |
Geldwäschebekämpfung überwacht und signalisiert, welche Länder dagegen | |
ungenügend vorgehen. Für die neue Regierung, die der wiedergewählte | |
Präsident Cyril Ramaphosa gebildet hat, sind diese Vorgänge ein Problem und | |
kratzen am Image des Landes. | |
30 Jul 2024 | |
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## AUTOREN | |
Tintswalo Baloyi | |
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