# taz.de -- Deutsche Hockey-Männer kämpfen um Gold: Mit vielen Fehlern ins Fi… | |
> Trotz ihres schlechtesten Olympiaauftritts bezwingen die deutschen | |
> Hockeymänner Indien. Mental stark findet das Bundestrainer André Henning. | |
Bild: Keeper Danneberg musste so manche Unaufmerksamkeit seiner Vorderleute aus… | |
Mit der Ansetzung des Spiels am Dienstagabend hatte [1][die deutsche | |
Hockeyauswahl] schon mal Glück. Der brütend heiße Tag neigte sich dem Ende | |
entgegen und die Bedingungen beim 3:2-Halbfinalerfog gegen Indien waren | |
nicht mehr so brutal wie am Nachmittag, als die Niederlande im anderen | |
Halbfinale Spanien mit 4:0 besiegt haben. Als sich die Fans aus den | |
Niederlanden, von denen Tausende gekommen waren, nach ihrem Spiel Richtung | |
Vorortbahn schoben, sahen die meisten so erschöpft aus, als hätten sie | |
selbst gespielt. | |
Es muss brutal gewesen sein, das Spiel auf den schattenfreien Tribünen des | |
Stade Yves-du-Manoir in Colombes bei Paris. Wie müssen erst die Spieler | |
gelitten haben? Darauf hat Bundestrainer André Henning nach dem Spiel gegen | |
Indien hingewiesen, das von einer Intensität war, die die Fans begeistert | |
hat. Nein, auch wenn die Niederländer klar gewonnen haben und die Deutschen | |
bis zur letzten Sekunde hart fighten mussten, körperlich wurde beiden | |
Finalisten alles abverlangt an diesem Tag. | |
Am Ende des Hockeyturniers gehe es eh an die Kraftreseverven, so Henning. | |
„Das ist eben so. Der Rhythmus ist schon heftig.“ Jeden zweiten Tag musste | |
das Team raus auf den Platz an historischer Stätte. [2][Wo 1924 bei den | |
Olympischen Spielen] die Eröffnungsfeier und die Leichtathletikwettbewerbe | |
stattgefunden haben, stehen heute zwei Hockeyfelder mit blauer | |
Kunststoffoberfläche. Von der alten Stadionherrlichkeit, von der Bilder | |
zeugen, die die Gemeinde Colombes, auf deren Gebiet das Stadion liegt, auf | |
dem Weg zur Arena angebracht hat, ist fast nichts geblieben. | |
Nur die alte Haupttribüne mit ihrem Wellblechdach steht noch. Die drei | |
anderen Tribünen werden wohl bald wieder abgebaut. Es sind die | |
olympiaüblichen Gerüstkonstruktionen. Wo also Olympia und die Fußball-WM | |
1938 einst Massen angezogen haben, wo bis in die 1950er Jahre die großen | |
Spiele der französischen Fußball- und [3][Rugbyauswahl] stattgefunden | |
haben, befindet sich heute ein doch recht seelenloser Olympiatrabant in der | |
Trabantenstadt. Von den in die Jahre gekommenen Hochhausblocks, die neben | |
der Anlage stehen, hat man gewiss einen guten Blick auf das Spielgeschehen. | |
Doch auf den Balkonen der Häuser stand niemand, um ein wenig | |
Olympiastimmung einzusaugen. Aus einem Fenster hing eine Palästinaflagge – | |
auch nicht unbedingt ein Zeichen für Olympiabegeisterung. | |
## Zu viele Strafecken für Indien | |
Dabei hätte sich ein Blick auf das Spiel der Deutschen gegen Indien | |
durchaus gelohnt. Auf den Rängen sorgten die zahlreichen Fans aus beiden | |
Ländern für hörenswerte Anfeuerungsduelle. Sie lieferten für den | |
Powerauftritt der beiden Mannschaften den angemessenen Sound, auch wenn | |
lange nur eine Mannschaft auf richtig hohem Niveau agiert hat: Indien. | |
Richtig gut fand Bundestrainer Henning den Gegner und richtig schlecht | |
seine Mannschaft. Ganz so hat er das natürlich nicht gesagt. Aber das Spiel | |
gegen Indien sei das schlechteste gewesen, das seine Mannen beim | |
Olympiaturnier abgeliefert hätten. Am Ende deutete er das als guten Omen | |
für das Finale. „Wir haben unser schlechtestes Spiel gemacht und trotzdem | |
gewonnen.“ Ein Zeichen für die mentale Stärke des Teams sei das gewesen. | |
So viele Fehler und Ballverluste und so viele Möglichkeiten für die Inder, | |
in den Schusskreis einzudringen und Strafecken zu provozieren, hat der | |
Bundestrainer gesehen. Und nichts von den taktischen Vorgaben. „Die sind | |
wohl im Besprechungsraum geblieben“, sagte er und erinnerte an die vielen | |
Szenen, in denen ein deutscher Spieler seine Gegner mit Ball am Schläger | |
anläuft, statt geduldig aufzubauen. Die Führung für Indien nach dem ersten | |
Viertel hätte noch höher ausfallen können. Am Ende hatten die Inder zwölf | |
Strafecken, jene fast schon ritualisierte Form des Freistoßes, in dessen | |
Folge die meisten Tore fallen im Hockey. | |
„Viel zu viel“ seien das gewesen, wie der deutsche Keeper Jean-Paul | |
Danneberg meinte. „Das darf uns gegen die Niederlande nicht passieren, | |
sonst haben wir keine Chance.“ Eine Chance hatte er auch bei den zwei | |
Treffern für Indien nicht, wobei vor allem der Schlenzer zum 2:2 durch | |
Sukjeet Singh – natürlich nach einer Strafecke – sehenswert war. Und ob er | |
eine Chance gehabt hätte beim Schuss der Inder in allerletzter Sekunde, der | |
nur ein paar Zentimeter über das deutsche Tor hinwegflog, wurde er gefragt. | |
Denn das war diese packende Partie ja auch noch: spannend bis zum Ende. Er | |
wäre wohl bereit gewesen, behauptete der Torhüter. Glauben wir ihm das mal. | |
So wie wir dem selbstbewussten jungen Mann, der mit seinen 21 Jahren schon | |
so locker über ein Spiel parlieren kann, als wären das hier nicht seine | |
ersten Olympischen Spiele, abnehmen wollen, dass er sich erst mal noch | |
nicht über Silber freut. Das hat er ja schon sicher. „Wir wollen mehr, ist | |
doch klar. | |
7 Aug 2024 | |
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## AUTOREN | |
Andreas Rüttenauer | |
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