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# taz.de -- Justiz verkauft movie2k-Bitcoins: 2,6 Milliarden in 24 Tagen
> Die sächsische Justiz beschlagnahmte das Kryptovermögen der Plattform
> movie2k – und verkaufte es. Jetzt ist ungewiss, was mit dem Erlös
> passiert.
Bild: Wohin mit dem Bitcoin-Schatz aus Sachsen?
Berlin taz | 24 Tage, 49.858 verkaufte Bitcoins, mehr als 2,6 Milliarden
Euro: Das ist das Resultat der Notveräußerung im Fall movie2k. Die
Generalstaatsanwaltschaft Dresden hatte die Bitcoins in einem
Strafverfahren gegen das illegale Streamingportal beschlagnahmt. Weil die
sächsische Justiz einen Wertverlust der Kryptowährung fürchtete, verkaufte
sie das beschlagnahmte Vermögen.
Über movie2k wurden bis 2013 mehr als 880.000 Kopien von Filmen und
TV-Serien verbreitet. Im April erhoben die Dresdner Ermittler Anklage gegen
die Betreiber. Der Verdacht: gewerbsmäßige unerlaubte Verwertung
urheberrechtlich geschützter Werke, nach dem Urheberrechtsgesetz und
anschließender gewerbsmäßiger Geldwäsche.
Doch wie kamen die movie2k-Betreiber zuvor an die Bitcoins? „Die aus
Werbeentgelten und Abofalleneinnahmen erzielten Gewinne wurden seit Mitte
2012 von den zwei Hauptbetreibern dazu genutzt, um Bitcoins anzukaufen“,
teilte Sachsens Justiz 2020 mit. Einer der Betreiber gestand und
transferierte die Bitcoins an die sächsischen Behörden.
Als die Staatsanwaltschaft am 19. Juni mit der Veräußerung begann, handelte
ein Bitcoin bei 60.000 Euro. Am letzten Verkaufstag, dem 12. Juli bei
53.000 Euro: 11 Prozent weniger. Wie stark die Verkäufe den Bitcoin-Kurs
beeinflusst haben, lässt sich nicht sagen: Parallel starteten zum Beispiel
Auszahlungen von Bitcoins an ehemalige Kunden der [1][2014 pleite
gegangenen Kryptobörse Mt. Gox], die auch auf den Kurs eingewirkt haben
könnten.
## Milliarden für unbestimmte Zeit auf Eis
„Gemäß [2][Paragraf 111p der Strafprozessordnung] kann eine beschlagnahmte
Sache veräußert werden, wenn ihr Verderb oder ein erheblicher Wertverlust
droht oder die Aufbewahrung, Pflege oder Erhaltung mit erheblichen Kosten
oder Schwierigkeiten verbunden ist“, schreiben die Anwälte Susanne Stauder
und Johannes Blassl auf Anfrage der taz. „Nur weil ein erheblicher
Wertverlust droht, heißt das nicht, dass deshalb auch eine Notveräußerung
angeordnet werden muss“, führen sie fort. Das Geld liegt nun auf einem
Sperrkonto. Droht ein Wertverlust von mindestens 10 Prozent, darf ein
beschlagnahmter Wert auch während eines laufenden Verfahrens veräußert
werden.
Und was passiert mit den über 2,6 Milliarden Euro? „Der Erlös stellt für
den Freistaat Sachsen zunächst keine zusätzliche Einnahme im Landeshaushalt
dar, sondern ist bis zum endgültigen Abschluss des Strafverfahrens eine
verwahrte Hinterlegung“, teilte die Justiz in Sachsen mit – die Summe ist
also eingefroren.
„Im Moment sind Vorstellungen von einer schnellen Ausschüttung von
Milliarden leider noch reine Spekulation“, teilt Franziska Schubert,
finanzpolitische Sprecherin der sächsischen Grünen mit. Auch Dirk Panter,
finanzpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion in Sachsen, betont, man müsse
warten, bis der Fall abgeschlossen ist. „Dann müssen wir das Geld klug
investieren, zum Beispiel einen Fonds für Zukunftsinvestitionen damit
füllen“, sagt er. Auch Linksfraktionschef Rico Gebhardt überlegt, wie man
den sogenannten Sachsen-Schatz nutzen könnte: zum Beispiel für
Investitionen in Krankenhäuser, Kita- und Schulgebäude.
Darüber hinaus können Dritte Anspruch auf einen Teil des Verkaufserlöses
haben. [3][Constantin Film soll wegen seiner Urheberrechte] Ansprüche
erhoben haben. Zu den Details wollte das Filmunternehmen auf Anfrage nichts
sagen.
Unklar ist, ob die Beschuldigten einen Anspruch haben könnten. Im März 2024
hieß es in der Sendung „ZDF heute“: „Im Fall movie2k steht zwar noch ein
Geldwäschevorwurf im Raum“, es müsse jedoch berücksichtigt werden, dass der
Betreiber zwischen 2023 und Januar 2024 schon lange Zeit in
Untersuchungshaft verbracht hat. Die Anwälte Blassl und Stauder schätzen:
„Durch die Notveräußerung tritt der Veräußerungserlös an die Stelle der
veräußerten und beschlagnahmten Sache“, merken aber an: „Gerade im Bereich
der Kryptowährungen befinden wir uns immer noch im juristischen Neuland.“
## Bitcoins wurden in Tranchen verkauft
In den letzten drei Wochen konnten Interessierte zusehen, wie die
Sachsen-Bitcoins in Tranchen veräußert wurden. Nachdem die Justiz die
Sicherung verkündet hatte, durchsuchte die [4][Analyseplattform Arkham
Intelligence] die Blockchain, also die entsprechende Liste der Datensätze –
und konnte die Transaktionen sowie Konten den movie2k-Betreibern und
Behörden zuordnen. Am 12. Juli um 20.19 Uhr verließen die letzten 3846.05
Bitcoin das Wallet – den Krypto-Geldbeutel – der Generalstaatsanwaltschaft.
Für kurze Zeit stand das Wallet bei 0 US-Dollar.
Dann verkündete Arkham, dass die Bestände des Wallets um 9.000 Prozent
gestiegen waren: von 1,87 US-Dollar auf über 187 US-Dollar. Mittlerweile
sind wieder mehr als 400 US-Dollar drauf. Grund dafür ist eine Mischung aus
Scherz und Protest: Bitcoin-Enthusiasten spendeten kleine Beträge an das
Wallet. Die Blockchain macht das möglich: Sobald eine Wallet-Adresse,
äquivalent zu einer Kontonummer, bekannt ist, kann man Beträge dorthin
schicken. Ablehnen, aufhalten oder stornieren lassen sich die Transaktionen
nicht.
18 Jul 2024
## LINKS
[1] /Aus-Le-Monde-diplomatique/!5203676
[2] https://www.gesetze-im-internet.de/stpo/
[3] /Sexualisierte-Gewalt-in-Kulturbranche/!5931479
[4] https://www.arkhamintelligence.com/
## AUTOREN
Klaudia Lagozinski
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