# taz.de -- US-Sängerin Cassandra Jenkins: So groß wie ein Hochhaus | |
> Ausgefuchsten Spacejazz-Indieambientrock gibt es auf dem Album „My Light, | |
> My Destroyer“ von Cassandra Jenkins. Sie vereint diesen mit smarten | |
> Texten. | |
Bild: Delfin trifft Asteroid in den Songtexten von Cassandra Jenkins | |
„An Overview On Phenomenal Nature“, das 2021 veröffentlichte zweite Album | |
von Cassandra Jenkins, sollte eigentlich ihr letztes sein. Die New Yorker | |
Musikerin war von ihrem zutiefst persönlichem Songwriting-Prozess | |
ausgebrannt und desillusioniert von den kommerziellen Ergebnissen. | |
Doch dann bekam die Welt ihre Musik zu hören. Jekins’ eigenwillige | |
[1][Version von Folkrock, versetzt mit Jazz-Saxofonen, zwitschernden | |
Ambientsounds und genauso surrealen wie tief nachvollziehbaren Textzeilen]. | |
Songs wie „Hard Drive“, mit der These, dass der menschliche Geist nicht | |
mehr und nicht weniger als eine Festplatte ist, wurden zu Indiehits. Und | |
Jenkins verstand: Das ist nicht das Ende, sondern erst der richtige Anfang. | |
Und so veröffentlicht die 40-Jährige nun, drei Jahre später, doch noch eine | |
neue Sammlung von seltsamen und wunderschönen Songs. „My Light, My | |
Destroyer“ ist musikalisch noch vielfältiger als zuvor: War „An Overview �… | |
[2][in einem konstanten, transzendentalen Fluss, bewegt sich der Nachfolger | |
deutlich mehr im Zickzack.] | |
## New Age-Sound als Synthieprovokation | |
Jenkins eröffnet das Album noch mit dem von ihr bekannten Astral-Folk, nur | |
um in „Clams Casino“ waschechten Heartland Rock à la Bruce Springsteen | |
auszupacken. Es folgt direkt ein weiterer Curveball, in Form von | |
New-Age-Synths bei „Delphinium Blue“. Diese drei Modi bilden den Sound von | |
„My Light, My Destroyer“, stets zwischen verträumten Folk, erdigem Rock und | |
spacigem Synth-Pop oszillierend. | |
Zusammengehalten werden diese Elemente von Space-Jazz-Interludes, die die | |
thematischen Überhänge von „My Light, My Destroyer“ erhellen – sie bewe… | |
sich ebenfalls zwischen Weltall und Erde. In „Betelgeuse“ hören wir eine | |
Aufzeichnung eines Gesprächs unter Sternenhimmel, zwischen Jenkins und | |
ihrer Mutter. | |
Sie habe von einem Asteroiden gelesen, so groß wie ein Hochhaus. Der erst | |
vor kurzem zwischen Erde und Mond unterwegs war. „Hat ihn jemand gesehen“, | |
fragt Jenkins. „Bestimmt“, entgegnet die Mutter. Eine potenzielle | |
Apokalypse wird zur beiläufigen Anekdote. Die in „Omakase“ zum Symbol für | |
eine gescheiterte Liebe wird: „My lover / My light / My destroyer / My | |
meteorite“. Der in sie herein crasht, sie zerstört und neu, verändert | |
wieder zusammensetzt. | |
## Oszillierende Songwriterin | |
Das ist das einende Element all der Songs von „My Light, My Destroyer“: Es | |
ist die Chronik einer endenden Beziehung. Auch hier zeigt sich Jenkins’ | |
als Songwriterin oszillierend. Mal spricht sie in betörend rätselhaften | |
Bildern, wie wenn sie in „Only One“ detailliert einen Streichholz-Sisyphus | |
hinterm Fensterglas eines Massage-Salons beschreibt. Und dann wird sie | |
wieder entwaffnend direkt, wie im Refrain des gleichen Songs: „You’re the | |
only one I ever loved / The only one that I know how to love“. Dieses Lied | |
zeigt Cassandra Jenkins Kunst in Reinform: Gleichzeitig einladend und | |
hochkomplex. | |
18 Jul 2024 | |
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## AUTOREN | |
Marius Magaard | |
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