| # taz.de -- Trennung von Staat und Kirche: Religion gehört nicht in die Kita | |
| > In Neumünster eröffnet die erste muslimische Kita Schleswig-Holsteins. | |
| > Das ist eine verständliche Entscheidung, aber es bleibt ein fahler | |
| > Beigeschmack. | |
| Bild: Anderswo schon Alltag: Im niedersächsischen Gifhorn eröffnete 2018 der … | |
| Wer weiß, wie vielen Vorurteilen muslimische Eltern ausgesetzt sind, der | |
| ahnt, warum das Angebot einer muslimischen Kita, [1][wie sie im | |
| schleswig-holsteinischen Neumünster geplant ist], anziehend ist. Endlich | |
| ein Ort, wo nicht mal wieder „vergessen“ wird, dass in dieser Süßigkeit | |
| oder jenem Gericht Gelatine ist, die aus Schweinefleisch gewonnen wird. | |
| Ein Ort, an dem Mütter nicht gleich als Dummerchen behandelt werden, nur | |
| weil sie ein Kopftuch tragen. Wo niemand gleich „kleiner Pascha“ denkt, | |
| wenn der Junge sich daneben benimmt und an dem sich niemand rechtfertigen | |
| muss, sollten die Kinder im [2][Ramadan] halt ein bisschen müde und | |
| quengelig sein, weil sie bis zum Fastenbrechen nach Sonnenuntergang wach | |
| geblieben sind. | |
| Und trotzdem bleibt ein schaler Beigeschmack. Ist noch mehr [3][Religion in | |
| Kitas] wirklich gut? Sollte man sie im Sinne einer offenen, pluralistischen | |
| Gesellschaft nicht eigentlich aus allen Bildungseinrichtungen zurückdrängen | |
| und die Trennung von Staat und Kirche endlich einmal vollziehen? | |
| Bei allem Respekt für gläubige Menschen und allem Verständnis dafür, dass | |
| sie ihren Glauben weitergeben möchten: Bitte machen Sie das gern zu Hause. | |
| Im Elternhaus, in den Gemeinden. Nicht in einer Bildungseinrichtung, die | |
| vom Staat finanziert wird. | |
| Die sollte Rücksicht nehmen auf religiöse Gefühle und Gepflogenheiten, aber | |
| weltanschaulich neutral bleiben. Und ja, das gilt erst recht für | |
| evangelische und katholische und sonstige Kitas. | |
| ## Wer soll entscheiden, welche Religion ok ist? | |
| Wer soll denn da sonst noch um die Ecke kommen? Die Zeugen Jehovas, weil es | |
| viel leichter ist, den Kindern Harry Potter und Geburtstagsfeiern zu | |
| verbieten, wenn alle das machen? Irgendwelche Freikirchen, die den Kindern | |
| verbieten, mit Dinosaurierfiguren zu spielen, weil das gegen die biblische | |
| Schöpfungslehre verstößt und ihnen erzählen, dass Schwule in die Hölle | |
| kommen? Wer soll denn entscheiden, welche und wie viel Religion gerade noch | |
| okay ist und welche nicht? Die zulassenden Jugendämter? | |
| Das Argument, „du musst dein Kind da ja nicht hinschicken“ ist an dieser | |
| Stelle schon deshalb schwierig, weil [4][die Auswahl an den meisten Orten | |
| ja nicht so groß ist]. Es gibt eben oft nur eine begrenzte Anzahl an Kitas, | |
| die in einer halbwegs sinnvollen, zeitlich machbaren Entfernung von Zuhause | |
| und Arbeitsplatz liegen und passende Betreuungszeiten anbieten. | |
| Was ist denn, wenn man am Ende nur noch die Wahl hat zwischen „Jesus liebt | |
| dich“ und Job aufgeben? Gilt das Recht auf einen Kita-Platz eigentlich auch | |
| dann als erfüllt, wenn damit eine unerwünschte religiöse Indoktrinierung | |
| verbunden ist? | |
| Staatliche Bildungseinrichtungen sollten religionsfrei sein – und Anhänger | |
| aller Religionen willkommen heißen. Weil auch das in einem demokratischen | |
| Staat nicht früh genug eingeübt werden kann: Mit Leuten klarzukommen, die | |
| ganz anders ticken als man selbst. | |
| 22 Jul 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| Nadine Conti | |
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