# taz.de -- Der erste queere Barbershop Berlins: Kur für Haare und Seele | |
> Die für Frauen nachteilige Preisdifferenzierung nach Geschlecht gibt's im | |
> La BarBer nicht. Auf einen Haarschnitt in Berlins erstem queeren | |
> Barbershop. | |
Bild: Vor der Pannierstraße 56 dreht eine Regenbogensäule ihre Pirouetten: da… | |
Berlin taz | In Neukölln drehen sich an allen Ecken die rot-weiß-blauen | |
Säulen vor Barbershops. Sie erinnern die Vorbeigehenden daran, dass es | |
keine Ausreden für nicht perfekt gestutzte Bärte gibt. Aber eine Säule | |
sticht heraus: Vor der Pannierstraße 56 dreht eine Regenbogensäule ihre | |
Pirouetten. | |
[1][La BarBer] ist der erste queere Barbershop Berlins. „Was soll denn | |
gemacht werden?“, fragt Dali freundlich. „Ach ja, und verrätst du mir deine | |
Pronomen?“ Der geschlechtersensible Umgang ist Teil des Kernkonzepts von La | |
BarBer. Der 42-jährige Dali – „wie der Künstler“ –, Pronom er/ihm, | |
schneidet, föhnt und formt Haare seit 26 Jahren. Er kommt aus einer | |
Friseurfamilie, erzählt er, sein Onkel sei Chef der Friseur-Innung Berlin | |
gewesen. „Die Friseur*innenbranche ist eigentlich sehr queer, aber das | |
ist leider selten Teil des Salonkonzepts“, sagt er. | |
Das ist hier anders. Und noch etwas sticht heraus: Die sonst übliche – und | |
für Frauen ziemlich nachteilige – Preisdifferenzierung nach Geschlecht gibt | |
es hier nicht. Bei La BarBer wird der Preis für einen Haarschnitt | |
ausschließlich nach benötigter Zeit berechnet. Kein „Gender Pricing“ also, | |
wie das Geschäftsgebaren von Anbieter*innen genannt wird, die gleiche | |
oder ähnliche Leistungen mit unterschiedlichen Preisen für Frauen und | |
Männer versehen. | |
Laut Antidiskriminierungsstelle des Bundes zahlen Frauen durchschnittlich | |
12,50 Euro mehr für ein Kurzhaarschnitt-Angebot. Eigentlich ist das ein | |
Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz – das wird in der | |
Friseurbranche jedoch weitestgehend ignoriert. | |
„Hier bezahlt jeder, was er bekommt“, erklärt Dali. Und wer will, bekommt | |
sogar mehr als einen Haarschnitt. La BarBer spricht explizit Menschen an, | |
die sich in der Phase der Geschlechtsangleichung befinden. | |
„Die Zeit der Transition ist vulnerabel. Cis-Menschen haben jahrelang Zeit, | |
ihren Style zu üben. Trans-Personen müssen das in kürzester Zeit lernen“, | |
weiß er. Transidente Menschen, die erstmals Bart oder lange Haare tragen, | |
werden hier beraten – ohne verwirrte Blicke. „Oft erzählen Kund*innen, | |
dass sie sich in vielen Läden unwohl fühlen. Bei uns muss sich niemand | |
rechtfertigen.“ | |
Shae O’Neill, Pronomen they/them, Inhaber*in von La BarBer, trägt einen | |
perfekt rasierten „Skin Fade“, also den typischen Barbershop-Schnitt mit | |
Übergang von längeren auf kurz geschorene Haare. Auch Menschen mit | |
Afro-Haar hätten oft Probleme, einen versierten Friseur zu finden, ergänzt | |
O’Neil. „Deshalb habe ich mich darauf spezialisiert.“ | |
Shae hat auch selbst schon frustrierende Erfahrungen mit Barbershops | |
gemacht, die nicht-männlich gelesene Personen oftmals einfach wegschickten. | |
Shae O’Neill ärgert das. „Beim Zahnarzt wird man ja auch nicht nach dem | |
Geschlecht gefragt.“ | |
Der Vergleich ist keineswegs an den Haaren herbeigezogen: Barbiere waren | |
früher auch chirurgisch tätig, zogen sogar Zähne. Daher, sagt Shae, kommen | |
übrigens auch die Farben der klassischen Barber-Säulen: Rot wie Blut, Weiß | |
wie Bandagen und Blau wie Venen. „Aber Zähne sind Zähne und Haare sind | |
Haare“, findet Shae. | |
10 Jul 2024 | |
## LINKS | |
[1] https://www.labarberberlin.de/ | |
## AUTOREN | |
Luisa Ederle | |
## TAGS | |
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