# taz.de -- Die Wahrheit: „Ich wünsche mir eine Wunschfee.“ | |
> Der neue britische Premierminister: die schönsten Anekdoten über den | |
> ebenso charismatischen wie sympathischen Knautschkopf Keir Starmer. | |
Am Donnerstag ging der 61-jährige Londoner Sir Keir Rodney Starmer aus den | |
britischen Parlamentswahlen als Sieger hervor und wurde daraufhin von King | |
Charles III. zum 80. Premierminister des Vereinigten Königreichs ernannt. | |
Dieses welthistorische Ereignis nimmt die Wahrheit zum Anlass, ausgewählte | |
Anekdoten aus dem an Aufregungen nicht armen Leben des blasswangigsten | |
Politikers Großbritanniens nachzuerzählen. | |
Keir Starmers Mutter Josephine Baker war eine glühende Spitzenklöpplerin | |
und steckte den kleinen Keir stets in ihrer Begeisterung dafür aufs | |
trefflichste an. Die gelernte Krankenschwester ist übrigens das dreizehnte | |
von zwölf Adoptivkindern der legendären Josephine Baker gewesen, die | |
wiederum mit bürgerlichem Namen Freda Josephine McDonald hieß. Keir Starmer | |
klöppelt in längeren Sitzungspausen noch heute. | |
*** | |
Wie Boris Johnson, David Cameron und Jack The Ripper war auch Keir Starmer | |
als Jurastudent Mitglied einer studentischen Tischgesellschaft. Doch anders | |
als der exklusive Oxforder „Bullingdon Club“ verfügte Starmers „League of | |
Disgruntled Puffins“ an der Universität von Leeds nicht über die nötigen | |
Finanzmittel, um standesgemäße Bankette abzuhalten, bei denen bekanntlich | |
das Blut jungfräulicher Dienstmägde aus silbernen Pokalen getrunken wird. | |
Deswegen behalf sich die League angeblich bisweilen mit wiederverwendbaren | |
Pappbechern – aber das darf nie an die Öffentlichkeit dringen. | |
*** | |
Sir Keir Rodney Starmer konnte Unrecht noch nie ausstehen. Deshalb tut er | |
selbst einer Fliege nichts zuleide. Nur einmal, als er gerade zum | |
Kronanwalt der Queen ernannt worden war und im Anschluss einem alten | |
Studienfreund im niederländischen Utrecht einen Besuch abstattete, beging | |
er ein Unrecht. Utrecht verfügt über viele Kanäle voll mit Wasser, und Sir | |
Keir Rodney Starmer schlug im hohen Bogen sein Wasser ab in eben einen | |
dieser hinein. Pfui! Wenigstens war es da schon dunkel. | |
*** | |
Zur Hochzeit schenkte ein entfernter Großonkel der Starmers den | |
Frischvermählten Keir und Victoria ein hübsches Schattenkabinett, das der | |
seinerzeitige Kolonialbeamte auf einem zwielichtigen Nachtmarkt in Hongkong | |
erstanden hatte. Das Lackmöbel aus chinesischer Winterpflaume bietet | |
Geheimfächer für jedes denkbare Staatsressort, allerdings auch solche für | |
Kleinkram und Krimskrams. Bei der Zusammenstellung seiner | |
Regierungsmannschaft öffnete Keir Starmer jüngst versehentlich ein falsches | |
Schubfach. Den Posten des Außenministers wird künftig deswegen ein | |
Ratzefummel, den des Innenministers ein Schnürsenkel und den des | |
Finanzministers nunmehr eine ausgebrannte Glühbirne bekleiden. | |
*** | |
Eines Tages lief Keir Starmer durch seinen Heimatbezirk Southwark in | |
London, als dem späteren Premierminister plötzlich ein Pointer entgegenkam. | |
Der Vorsteherhund setzte sich vor den zu später Stunde herumspazierenden | |
Nachwuchspolitiker und wuffte. „Du bist also eine Wunschfee? Und ich habe | |
drei Wünsche frei?“, fragte Starmer den muskulösen weißschwarzen Jagdhund. | |
Der Pointer bellte. „Dann wünsche ich mir als erstes, Premier zu werden.“ | |
Wieder bellte der Hund. „Und als zweites einen Zauberstab für alles.“ Der | |
Vierbeiner bellte erneut. „Und als drittes wünsche ich mir eine Wunschfee, | |
die mir alle Wünsche erfüllt“, erklärte der ebenso sensible wie radikale | |
Starmer. Der Pointer aber legte den Kopf schief und strunkelte davon in die | |
Nacht. | |
*** | |
Um ein Zeichen gegen den Brexit zu setzen, versuchte sich Keir Starmer | |
einmal als Kanalschwimmer. Er trainierte wochenlang, rieb den Körper mit | |
Fett ein, setzte eine Chlorbrille auf und ging unterhalb der Klippen von | |
Dover ins Wasser des Ärmelkanals, den er mit dem Ziel Calais durchqueren | |
wollte. Die Sicht war schlecht an diesem Tag, das Wetter miserabel und so | |
kehrte er nach wenigen Schwimmzügen wieder um. | |
*** | |
Die Frau des Premiers trägt privat gern hässliche Turnschuhe. Die Affäre, | |
die ihr Mann daraufhin mit einer lokalen Schuhhändlerin begann, war nicht | |
frei von Kalkül und Gezerre. So durfte sie keinesfalls in Turnschuhen zur | |
Verabredung kommen, ihr Schemelfetisch machte ihm allerdings gar nichts | |
aus. | |
*** | |
Was kaum jemand weiß: Seit frühester Jugend ist Keir Starmer glühender | |
Anhänger des Eishockeyklubs „London Knights“. Er wollte sogar in ihn | |
eintreten, doch es stellte sich heraus, dass er eher Talent zum | |
Eiskunstlauf hat. Niemand springt den vierfachen Axel so anmutig wie er. | |
Beim dreifachen Lutz scheint er elfengleich zu schweben, sein unendlicher | |
Rittberger ist atemberaubend und die Eleganz seines achtfach gefriemelten | |
Toeloops würde den Zuschauern Tränen des Glücks in die Augen treiben. Doch | |
leider gibt es kein Publikum, denn immer, wenn jemand zuschaut, stürzt Keir | |
Starmer. Deshalb frönt er seinem Hobby nur für sich allein. Und das alles | |
pro bono. Das Eis – für ihn ist es Fluch und Segen zugleich. | |
*** | |
Victoria Alexander ist ein klangvoller Name. Als Keir Starmer, dessen Name | |
eher nach einer englischen Magenkrankheit oder einem Fußballsportler aus | |
der siebenten Liga klingt, sie kennenlernte, nämlich im Londoner Freibad | |
Tooting Bec Lido, wo er ihr eine Portion Pommes frites mit Essig ausgab, | |
wusste er gleich, dass er sie ehelichen würde. Doch erst als der spätere | |
Sir Keir seiner Verlobten versprach, seinen Ehering künftig stets in Essig | |
zu tauchen, bevor er ihn trägt, um damit immer vor fremden schönen Frauen | |
geschützt zu sein, da willigte die spätere Lady Victoria in die Vermählung | |
ein. Und deshalb umweht noch heute Keir Starmer ein mitunter strenger Hauch | |
von Essig. | |
*** | |
Einmal dachte Keir Starmer, ihn hätte ein Hirnschlag ereilt. Er saß im Zug | |
nach Cardiff, als die Namen der Bahnhöfe plötzlich keinen Sinn mehr | |
ergaben. Statt Whitecroft, Hampstead oder Drybook las er plötzlich Blödsinn | |
wie Llanfairpwllgwyngyll, Goperychwyrndrobwllllanty oder Siliogogogoch. | |
Starmer geriet in Panik, aber sein Sekretär konnte ihn schließlich | |
beruhigen: „Sir, wir reisen durch Wales!“ Da fiel dem baldigen | |
Premierminister ein großer Stein vom heftig schlagenden Herzen. | |
*** | |
Am liebsten trinkt der königstreue Keir Starmer am Ende eines langen | |
Arbeitstages einen Kir Royal. Dann hebt er das Cocktailglas mit dem immer | |
gleichen Trinkspruch: „Take a kir instead of beer, after four get one | |
more.“ Auf deutsch: „Ein Kir nach vier statt Bier für wir.“ | |
6 Jul 2024 | |
## AUTOREN | |
Christian Bartel | |
René Hamann | |
Michael Ringel | |
Corinna Stegemann | |
Arno Frank | |
Harriet Wolff | |
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