# taz.de -- Berliner Kinder- und Jugendhilfe: Der Kampf um die Hilfe | |
> Der Berliner Notdienst Kinderschutz ist überlastet und kann keine Kinder | |
> mehr aufnehmen. Die Last tragen die Jugendämter. | |
Bild: Breakdance gegen Sparzwänge | |
Berlin taz | Die rund 150 Menschen, die sich am Dienstagmorgen vor dem | |
Roten Rathaus in Berlin versammeln, sind sauer. Sie schreien: „Jugendhilfe | |
kollabiert, weil der Senat schlecht regiert.“ Denn die [1][Lage in der | |
Kinder- und Jugendhilfe verschärft] sich immer weiter. | |
Von den politisch Verantwortlichen werde das gekonnt ignoriert, so die | |
Demonstrierenden. wird. Wir erwarten, dass wir dialogisch an einer Lösung | |
gemeinsam arbeiten“, sagt etwa Verena Bieler von der aus | |
Vertreter:innen der Jugendhilfe bestehenden AG Weiße Fahnen. Bieler ist | |
zugleich Vorsitzende des Landesverbandes Berlin des Deutschen | |
Berufsverbandes für Soziale Arbeit. | |
Ihr Ärger richtet sich insbesondere gegen [2][Falko Liecke (CDU)], den | |
Staatssekretär für Jugend und Familie. Er und die Bildungsverwaltung hatten | |
im Juni einen Aufnahmestopp bei dem einzigen öffentlichen Träger für | |
Kinder- und Jugendschutz verhängt, dem [3][Berliner Notdienst Kinderschutz] | |
(BNK). | |
Der Schritt folgte freilich auf eine Überlastungsanzeige des BNK, der – wie | |
andere Hilfestrukturen auch – unter einer chronischen Überforderung der | |
Fachkräfte und des Auffangsystems leidet. „Seit Jahren weisen wir die | |
politisch Verantwortlichen darauf hin, dass die Kinder und Jugendhilfe | |
kaputtgespart wird“, sagt Verena Bieler. Und auch hier bleibe das | |
Wegschauen der Politik schlussendlich an den Kindern und Jugendlichen | |
hängen, die in der Folge mit unzumutbaren Zuständen zurechtkommen müssen. | |
## Nichts ändert sich | |
Auf den Schildern der Protestierenden sieht man aufgemalte Kinderfiguren | |
aus Pappe mit Aufschriften wie: „Miguel, 17 Jahre: Ich gehe lieber auf die | |
Straße als nach Hause“. Oder: „Paula, 4 Jahre: Wo soll ich schlafen?“ Es | |
sind die Einzelschicksale von Kindern und Jugendlichen, die einem | |
erschreckend nahe bringt, welche direkten Folgen das staatliche Versagen an | |
dieser Stelle hat. | |
Madeleine Griesbaum ist Sozialarbeiterin und arbeitet seit sieben Jahren im | |
Jugendamt. „Und seit sieben Jahren stehe ich hier und es hat sich nichts | |
geändert“, sagt sie. Langsam habe sie das Gefühl, dass die Jugendämter „… | |
staatliche Wächteramt gar nicht mehr so ausüben können, wie es das Gesetz | |
vorschreibt, und der Senat dabei zuschaut“. Schon zu lange gebe es diese | |
strukturellen Probleme. Noch länger würden lediglich die Symptome bekämpft, | |
ohne an den eigentlich wichtigen Punkten anzusetzen. | |
Klar ist: Das alles ist kein Problem, das sich kurzfristig beheben lässt. | |
Ursächlich für die heutige Ausnahmesituation ist die kontinuierliche | |
Unterfinanzierung. Auch das ist klar. Trotzdem sieht man am Ende der | |
Kundgebung vor dem Roten Rathaus noch mal ein Hoffnungsschimmer. Und der | |
besteht aus der Solidarität. Verena Bieler sagt: „Es tut so gut, dass wir | |
hier nicht allein stehen.“ | |
16 Jul 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Kinder--und-Jugendhilfe-in-Berlin/!5962411 | |
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[3] /Jahresbericht-des-Kindernotdienstes/!5162833 | |
## AUTOREN | |
Emma Doermann | |
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