# taz.de -- Netzwerk Weltreporter wird 20: Fakten und Sichtweisen | |
> Das Journalist*innen-Netzwerk Weltreporter wird 20. Der Einsatz gegen | |
> Falschmeldungen wird immer wichtiger, aber auch der Perspektivwechsel. | |
Bild: Netzwerkmitglied Leonie March 2021 in Südafrika | |
In der deutschen Auslandsberichterstattung [1][verblasse die Welt, befand | |
die Otto-Brenner-Stiftung in einer Studie aus dem Jahr 2022.] Kritisiert | |
wurde, dass fehlende Finanzierung von Korrespondent*innen sowie | |
Probleme mit Desinformationen und Sicherheitsbedenken der | |
Journalist*innen vor Ort die Qualität der Auslandsberichte minderten. | |
Eben um diesen negativen Entwicklungen etwas entgegenzusetzen, habe sich | |
das Korrespondent*innen-Netzwerk Weltreporter.net vor zwanzig Jahren | |
gegründet, sagt Bettina Rühl, Journalistin und aktuell | |
Vorstandsvorsitzende. Rühl ist seit 2011 dabei und berichtet aus | |
afrikanischen Ländern. „Damals sollte eine Plattform geschaffen werden, die | |
Redaktionen erleichtert, uns zu finden und sie von unserer Qualität zu | |
überzeugen.“ | |
Heute, zwanzig Jahre später, sind die Weltreporter das größte Netzwerk für | |
deutschsprachige Korrespondent*innen. 45 Korrespondent*innen | |
berichten aus über 160 Ländern der Welt. Auch einige | |
taz-Korrespondent*innen gehören dazu. | |
Zum Jubiläum findet am Samstag in Berlin eine öffentliche Veranstaltung | |
statt, mit dem Fokus auf die Perspektiven in Zeiten von Falschmeldungen und | |
Verschwörungserzählungen. | |
Bettina Rühl sieht Falschinformationen als ein zentrales gesellschaftliches | |
Thema, mit dem sich auch Weltreporter verstärkt auseinandersetzen muss. | |
Erst kürzlich enthüllte etwa der Spiegel ein geheimes Strategiepapier: | |
[2][Russland hat eine neue Propagandakampagne aufgezogen, die vor allem | |
Angst schüren soll. Eines der Zielländer ist Deutschland]. Auch Wahlkampf | |
wird weltweit etwa mit gefälschten Videos gemacht. | |
„In unterschiedlichen Regionen der Welt sind Falschinformationen | |
unterschiedlich massiv, aber sie werden insgesamt immer ausgefeilter“, so | |
Rühl. In den letzten Jahren verschärfe sich das Problem durch den Einsatz | |
künstlicher Intelligenz. | |
Auch die für viele Menschen zum Standard gewordene Informationsbeschaffung | |
über Quellen im Internet lässt Journalist*innen ihre Rolle als | |
Gatekeeper der Nachrichten verlieren. Die Wahrheitsüberprüfung als Teil | |
ihrer Rolle falle dadurch auch Auslandskorrespondent*innen zunehmend | |
schwer. | |
## Menschen vor Ort | |
Deshalb sei es sehr wichtig, das Handwerkszeug der Korrespondent*innen | |
zu modernisieren. Journalist*innen müssten Tools sowie eine passende | |
Ausbildung bekommen, um bewusste oder unbewusste Falschinformationen zu | |
entlarven. Und gleichzeitig müssen die eigenen Recherchemöglichkeiten | |
gestärkt werden. In vielen Redaktionen sind Faktcheckings mittlerweile | |
Standard der journalistischen Arbeit. | |
Rühl betont außerdem, wie wichtig im Auslandsjournalismus die | |
Zusammenarbeit mit Menschen vor Ort ist. Aus ihrer Arbeit und ihrem Leben | |
in der kenianischen Hauptstadt Nairobi kennt sie etwa die Organisation | |
„Africa Check“, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, Nachrichten vom | |
afrikanischen Kontinent einem Faktencheck zu unterziehen. | |
Korrespondent*innen können dann auf der Website von [3][Africa Check] | |
sehen, ob die Nachricht schon einmal überprüft wurde oder ob man sie den | |
professionellen Faktencheckern vielleicht einmal vorlegen möchte. | |
Bei der Einschätzung, was Falschinformationen sind, dürfe man allerdings | |
eins nicht aus den Augen verlieren, so Rühl: „Die Perspektiven von Menschen | |
in anderen Weltregionen dringen zu Recht lauter durch, und die sind nicht | |
immer deckungsgleich mit unseren.“ | |
Man müsse sich also wirklich damit auseinandersetzen und dürfe sie nicht | |
direkt als falsch oder zu abenteuerlich abtun. Was es für diese Arbeit | |
brauche, damit die Auslandsberichterstattung in der deutschen | |
Medienlandschaft nicht verblasse, sei vor allem eine gute Finanzierung. | |
Noch ein Vorteil des Weltreporter-Netzwerks: Mit 50 Personen im Rücken | |
haben Gehaltsverhandlungen deutlich mehr Kraft, als wenn man alleine | |
kämpft. | |
11 Jul 2024 | |
## LINKS | |
[1] https://www.otto-brenner-stiftung.de/auslandsberichterstattung/ | |
[2] https://www.spiegel.de/politik/propaganda-so-manipulieren-russische-agenten… | |
[3] https://africacheck.org/ | |
## AUTOREN | |
Ann-Kathrin Leclere | |
## TAGS | |
Ausland | |
Netzwerk | |
Journalismus | |
Fact-Checking | |
Schwerpunkt Afghanistan | |
Schwerpunkt Pressefreiheit | |
Schwerpunkt Emmanuel Macron | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Afghanistan nach dem Abzug: Hölle auf Erden | |
Es gibt gute Gründe, Afghanistan zu helfen. Aber den Preis zahlen die | |
Frauen und Mädchen. Für sie gibt es unter den Taliban keine Freiheit. | |
Studie zu Auslandsjournalismus: Blinde Flecken | |
Eine aktuelle Studie zeigt, dass deutsche Zeitungen über viele Länder kaum | |
berichten. Der Autor des Papiers fordert öffentliche Förderung. | |
Waldbrände in Brasilien: Endlich Feuer unterm Arsch | |
Brasiliens Präsident Bolsonaro gerät mit seiner umstrittenen Umweltpolitik | |
immer mehr unter Druck. Sogar die Agrarlobby rückt von ihm ab. |