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# taz.de -- Parlamentswahl in Frankreich: Macrons gescheiterte Querfront
> Einst wurde Macrons Bewegungs-Partei als Revolution gefeiert. Nun wird
> klar: Sie hat die demokratische Mitte nicht geeint, sondern
> auseinandergetrieben.
Bild: Wahlveranstaltung in der Pariser La Defense von Emmanuel Macron vor der e…
Im Jahr 2017 träumten wir in Warschau von einem Präsidentschaftskandidaten
wie Emmanuel Macron. In den USA war Donald Trump bereits an der Macht. In
Europa war der Brexit noch nicht ganz verdaut. In Polen testete die Partei
Recht und Gerechtigkeit von Jarosław Kaczyński, wie weit sie mit ihrer
harten Linie gehen konnte. An der Seine hingegen unterstützten die Wähler
nicht nur einen Befürworter der Europäischen Union und der liberalen
Demokratie, sondern auch die Idee, das Land auf eine neue Grundlage zu
stellen.
Die Idee Macrons war einfach: Die alten Parteien sind tot. Sie müssen auf
dem politischen Friedhof begraben werden. An ihrer Stelle sollte eine
starke zentristische Partei entstehen, um die Extremisten zu blockieren.
Der Plan hat funktioniert. In der Tat wurden die Sozialdemokraten und die
Mitte-rechts-Parteien zerschlagen. Enthusiasten, Aktivisten und ehemalige
Parteipolitiker drängten in Macrons neue Partei.
Bei den Parlamentswahlen gelang ihm ein beispielloser Sieg in der
[1][Geschichte der Fünften Französischen Republik]. Im Jahr 2022 trat er
erneut gegen Le Pen an. Die Wiederwahl gewann er, wenn auch schon mit einem
geringeren Vorsprung. Bei diesen Parlamentswahlen deutet alles darauf hin,
dass Macron völlig untergeht. Was hat sich geändert?
Seit 2002 fordern die Gegner der extremen Rechten in Frankreich die
Errichtung einer republikanischen Brandmauer. In jenem Jahr schaffte es
Jean-Marie Le Pen in die zweite Runde der Präsidentschaftswahlen, und
selbst seine linken Gegner stimmten für den Konservativen Jacques Chirac.
Diese Front bildete sich, weil die extreme Rechte unter Le Pen als
Bedrohung für die Republik gesehen wurde. Macron hat diese Art des Kampfes
um Stimmen übernommen. Bei der Europawahl war die Panikmache wieder stark
ausgeprägt, und auch bei der aktuellen Parlamentswahl zeigt sie sich. Das
Ergebnis? Le Pens Partei gewinnt an Boden. Sie hat in der ersten Runde der
Wahl 9,4 Millionen Stimmen erhalten.
Wenn es um Populismus geht, funktioniert es nicht, die Wähler zu beschämen
und ihnen Angst zu machen. Heute schämt sich in Frankreich niemand mehr,
unter seinem Namen zu sagen, dass er oder sie für die extreme Rechte
stimmt. Die Warnung vor dem Faschismus funktioniert nicht.
## Was funktioniert?
Welche Strategien funktionieren? Für den Durchschnittsbürger gibt es in
Frankreich wie in Deutschland und Polen keinen Mangel an Problemen. Der
radikale und schnelle Wandel der Welt, in der wir leben, die Veränderungen
auf dem Arbeitsmarkt, die Migration, die Klimakrise, die Inflation,
zahlreiche bewaffnete Konflikte … Der Schlüssel liegt darin, Themen so
anzugehen, dass Lösungen aufgezeigt werden und die Diskussion nicht in
Extreme und Radikalität abgleitet. Wir wissen, dass es für Demokraten nicht
ausreicht, ihren Gegner persönlich anzugreifen. Es ist notwendig, mit den
Wählern über das konstruktive Programm zu sprechen und im Dialog zu
bleiben.
Macron hat die Wahlen so schnell ausgerufen, dass nicht einmal Zeit war,
seine Vorschläge bekannt zu machen. [2][Macrons Scheitern] bedeutet auch,
dass die französische Hilfe für die Ukraine, die Ideen für den Aufbau einer
europäischen Verteidigung oder für die Eindämmung von Putin infrage
gestellt werden. Die ganze diplomatische Arbeit der letzten Jahre könnte in
den Papierkorb wandern.
So endet der Taschenmachiavellismus in einer Demokratie. Vernünftigen
Vorhersagen zufolge wird Frankreich in Schlägereien über die Auslegung der
Verfassung und in parlamentarischer Anarchie versinken. Der Macronismus von
2017 bis 2024 [3][endet mit dem Erstarken der extremen Parteien]. Das ist
eine wichtige Lektion.
6 Jul 2024
## LINKS
[1] /Frankreichs-politisches-System/!6017953
[2] /Macrons-Taktieren-vor-der-Stichwahl/!6018098
[3] /Vor-Stichwahl-in-Frankreich/!6021492
## AUTOREN
Jaroslaw Kuisz
Karolina Wigura
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