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# taz.de -- Volt holt drei Sitze bei EU-Wahl: Großer Abend für kleine Partei
> Seit 2019 sitzt Volt im EU-Parlament. Jetzt verzeichnete die
> paneuropäische Partei dank junger Wähler:innen einen starken
> Stimmenzuwachs.
Bild: Lifestyle-Partei ohne Arschlöcher: Volt?
Berlin taz | Am Sonntagabend starrten rund 150 Menschen, die überwiegend
zwischen 25 und 40 Jahre alt waren, gebannt auf eine Leinwand in
Berlin-Wedding. Bei der Wahlparty der paneuropäischen Kleinpartei Volt
wurde bei der Verkündigung der ersten Prognosen gefeiert: Knapp drei
Prozent, das bedeutet drei Sitze im Parlament – zwei mehr als bei der
letzten Wahl.
Für viele der etablierten Parteien war die Europawahl eine Katastrophe. Die
Ampel-Parteien verzeichneten Verluste, auch die Linke verlor stark. Nicht
so Volt. Wie erklärt sich dieser Zuwachs?
Parteimitbegründer und Spitzenkandidat Damian Boeselager sagte der taz am
Rande der Wahlparty: „Ich hoffe, dass wir einfach damit überzeugen konnten,
eine positive Vision von Europa zu geben. Wenn man sich den Wahlkampf der
anderen Parteien anschaut, ist da viel 'bewahren, schützen, Frieden’, aber
ohne Europa wirklich weiterzudenken.“
Kritik an den anderen Parteien, Europa zu nationalstaatlich zu sehen,
äußerte auch der Co-Präsident des europäischen Vorstands von Volt, Mels
Klabbers. Er war extra aus den Niederlanden nach Berlin gereist, um bei der
Wahlparty dabei zu sein. Denn schon früh hatte sich abgezeichnet, dass Volt
Deutschland eine großen Zugewinn verzeichnen würde. „Die anderen Parteien
schauen auf die EU und denken: Was kann ich für mein Land herausholen?'’,
sagte er der taz. Eine Kritik, die auch in Richtung der Grünen abzielt.
Denn Volt war insbesondere in ehemals grünen und linken Hochburgen
erfolgreich. Zudem gewann sie viele Stimmen in Städten mit hohem
Studierendenanteil: In Freiburg, Jena und Münster erzielte Volt jeweils um
die sieben Prozent, in Darmstadt waren es knapp elf. Diese Orte haben
traditionell hohe Zustimmungswerte für Grüne und Linke.
## Hoher Anklang bei jungen Wähler:innen
Besonders gut abgeschnitten hat Volt bei jungen Wähler:innen zwischen
[1][16 und 24 Jahren] und somit auch bei vielen [2][Erstwähler:innen].
Mit neun Prozent der Stimmen ist sie gleichauf mit der SPD und somit
viertstärkste Kraft in dieser Altersgruppe. Klabbers vermutet, dass dies
auch mit dem großen Anteil an jungen Parteimitgliedern zusammenhänge.
Ein großer Teil der Kampagne der Partei fand in den sozialen Medien statt.
Aber auch den lila Wahlplakaten mit „Sei kein Arschloch“ und „Eis für Al…
konnte man in den letzten Wochen kaum entkommen. Dafür, dass Volt eine
Kleinstpartei ist, war die Partei sehr präsent und der Wahlkampf
dementsprechend teuer. Allein in diesem Jahr erhielt die Partei bisher über
400.000 Euro an Parteispenden, die höchste Einzelspende lag dabei bei
125.000 Euro. Auch im vergangen Jahr profitierte die Partei bereits von
großen Einzelspenden.
## Zwei neue Abgeordnete für Volt
Eine der neuen Abgeordneten ist [3][Nela Riehl]. Sie war am Wahlabend
sichtlich überwältigt von den Ergebnissen: „Die Freude ist so groß, dass
dieser Glaube an Europa bei den Leuten ankommt“, sagte sie, während ihr
immer wieder die Freudentränen kamen und sie von allen Seiten
beglückwünscht wurde.
Die hohen Ergebnisse der AfD seien ein „Wermutstropfen“ für sie und ihre
Kolleg:innen, motiviere aber auch für die Arbeit im Parlament. Ihr
Schwerpunkt sei die feministische Außenpolitik: „Mein Ziel ist es, in der
Außenpolitik für mehr Menschenrechte zu sorgen,“ erklärte die Hamburger
Lehrerin.
Für Kai Tegethoff, Listenplatz 3, wurde der Abend zu einer Zitterpartie.
Bei den Hochrechnungen gegen 20 Uhr lag Volt irgendwo zwischen 2,5 und 2,6
Prozent – der Unterschied zwischen zwei oder drei Sitzen im Parlament.
Guter Dinge war er trotzdem: „Wenn es nicht klappt, sind 2,5 Prozent immer
noch ein großartiges Ergebnis für Volt.“ Laut vorläufigen amtlichen
Ergebnis hat es für das dritte Mandat gereicht.
Aber auch Tegethoff ist nicht nur positiv gestimmt: „Wenn man sieht, dass
AfD und BSW die größten Gewinnerparteien sind, dann ist das wirklich
traurig.“
## Ziel: Ein europäischer Bundesstaat
Spitzenkandidat Damian Boeselager sitzt seit 2019 für Volt im
Europaparlament – bisher als einziger Abgeordneter der Partei. Zusammen mit
Andrea Venzon aus Italien und Colombe Cahen-Salvador aus Frankreich hat er
2017 die [4][Partei gegründet]. Volt tritt 15 europäischen Ländern mit dem
gleichen Programm an, darunter in Italien, den Niederlanden und
Griechenland. Sitze hat sie dieses Jahr jedoch nur in den Niederlanden und
Deutschland geholt.
Ihr Fokus ist die europäische Einigung, ihr Ziel ein europäischer
Bundesstaat mit einer gemeinsamen Außenpolitik und Armee. Zudem fordert
Volt die schnellere Bekämpfung des Klimawandels, will bis 2040 die
Wirtschaft der EU klimaneutral machen. Langfristiges Ziel ist es, eine
eigene Fraktion im Europaparlament zu gründen. Dafür benötigen sie [5][23
Abgeordnete aus sieben verschiedenen Ländern]. Bis es soweit ist,
verhandeln die neu gewählten Abgeordneten mit der Grünen und der liberalen
Fraktion im Europaparlament – und lassen anschließend ihre Parteimitglieder
entscheiden, welcher Fraktion sie sich anschließen sollen.
10 Jun 2024
## LINKS
[1] https://www.tagesschau.de/europawahl/analyse-wahlabend-100.html
[2] /Junge-Waehlerinnen-vor-der-EU-Wahl/!6011457
[3] /Volt-Spitzenkandidatin-Nela-Riehl/!6008558
[4] /Europaeische-Parteien/!5589453
[5] https://www.europarl.europa.eu/about-parliament/de/organisation-and-rules/o…
## AUTOREN
Alexandra Kehm
Emma Tries
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